•20• Emotionen

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"Vertraust du mir etwa so wenig, dass du Mogi zum nachspionieren schickst?", fragte Light sofort, als er mit dem Polizisten in der Zentrale ankam.
Er erwartete jetzt eine mehr oder weniger dumme Ausrede von L, doch dieser antwortete sehr direkt mit
"Ja."

Liebe veränderte die Menschen, so wurde auch der gefühlskalte und emotionslose Meisterdetektiv L zu einem fröhlichen, optimistischen Menschen. Dass er jetzt dieselbe Kälte zeigte wie bei ihrem ersten Aufeinandertreffen machte Light traurig.
Es schien, als würden sie sich wieder zurückentwickeln und vergessen, was sie schon alles überstanden haben.

Vorsichtig nahm Light Charles auf den Arm, auch er merkte, dass etwas nicht in Ordnung ist.
"Wo ist die Kalkleiste?", fragte L monoton, was Light erneut überraschte. Der Schwarzhaarige hatte den Shinigami nur einmal mit 'Kalkleiste' angesprochen, danach nur noch mit dem Namen.
"Wenn du Rem meinst", gluckste Ryuk. "Sie hat sich in Sand und Staub aufgelöst. Buff, tot."
Nun war er komplett schockiert.
"Rem ist tot?", hakte er nach, Ryuk nickte nur.
"Irgendso ein Kerl wollte Misa umbringen, da hat Rem den einfach abgemurkst."
L drehte sich auf deinem Stuhl um, er umklammerte seine Knie.
"Dabei wollte ich sie befragen. Aus dir kommen ja keine nutzbaren Informationen", murmelte er nachdenklich. Light stimmte ihm zu.

"Das ist schade", meinte er.
Innerlich begann er böse zu grinsen.
Nein, das ist überhaupt nicht schade. Die ganze Welt wird denken, dass Kira an diesem Mord verantwortlich ist, da keiner von der Existenz der Shinigamis wissen sollte. Und selbst L müsste sich daran erinnern, wie sehr Rem mich einmal gehasst hatte. Die nahestehendste Lösung wäre also, dass Rem versucht, mir die Tode in die Schuhe zu schieben. Wenn ich mich weiter unauffällig verhalte, wird selbst L auf diese Idee kommen und direkt in die Falle tappen. Wenn L mir also wieder vertraut, wird es nicht mehr lange dauern, bis ich für wahre Gerechtigkeit in der Welt sorgen kann, an meiner Seite der weltbeste Detektiv, und dann werde ich zum Gott der neuen Welt aufsteigen, ohne dass mich jemand daran hindert.

"Light, ich habe dich etwas gefragt", meinte L und riss ihn aus seinen Gedanken. Nur leider hatte er die Frage nicht verstanden.
"Tut mir leid, ich habe gerade nachgedacht wie Misa sich fühlen muss", erklärte er und lächelte traurig.
"Ich habe dich nur gefragt, ob Misa nicht vielleicht hierher kommen sollte", wiederholte L seine anders formulierte Frage.
"Das ist eine gute Idee."

Den ganzen Tag lang hatte Light sich Sorgen gemacht. Er hatte für L Erdbeertorte gebacken, diese nahm er ohne zu danken an. Der Ältere war den ganzen Tag nur auf die Arbeit, auf den Kira-Fall fixiert. Selbst am Abend, als Light mit Charles auf dem Bett saß und sie ein wenig gespielt haben, hatte L sie nicht eines Blickes gewürdigt.
Mit trauriger Stimmung hielt er den kleinen Jungen an der Hand, während dieser immer besser laufen konnte. Light führte ihn in einen kleinen, durch Wände nachträglich abgegrenzten Bereich, wo das kleine Kinderbett stand.

Charles wollte nicht mehr mit irgendwem das Zimmer teilen, aber in einem eigenen, großen Zimmer hatte er Angst gehabt. Deshalb hatten Light und L gemeinsam angefangen, einen abgetrennten Nebenraum zu schaffen. So hatte er ein eigenes, kleines Zimmer und teilte das eigentliche Zimmer noch immer mit seinen Eltern.
Müde vom ganzen Spielen kletterte Charles in sein Bett und sah seinen Vater ebenso traurig an.
"Hab ich was falsch gemacht?", fragte er in seiner kindlichen Stimme.
"Um Gottes Willen, nein!", entgegnete Light prompt und kniete sich vor dem Bett auf den Boden. "Du hast auf keinen Fall etwas falsch gemacht."
"Warum ist Papi dann so traurig?", hakte er nach und krabbelte zur Bettkante.

Light musste lächeln. Einmal hatte Charles auf L gereicht und 'Papi' gebrüllt, dann auf Light gezeigt und ihn 'Papa' genannt. Gegen diese Bezeichnungen konnten sie sich nicht wehren, sie haben es einfach akzeptiert.
"Ich werde einfach mal schauen, wie ich ihn aufmuntern kann", sagte er und strich ihm durch das Haar.
"Deine Schuld ist das aber nicht."
Charles legte sich hin und ließ sich zudecken.
"Gute Nacht", murmelte Light und gab ihm einen gute-Nacht-Kuss auf die Stirn, ehe er aus dem Zimmer verschwand.

"L, was ist los?", fragte Light mit gehörig Nachdruck.
L saß noch immer vor dem Bildschirm und arbeitete an einem Fall. "Es geht so nicht weiter. Ich denke, mittlerweile haben nicht nur ich und Charlie bemerkt, dass mit dir nicht alles in Ordnung ist, also rede."
Der Schwarzhaarige drehte sich um, sein emotionslose Gesichtsausdruck schwand wieder.
"Weißt du... Wenn du wirklich Kira sein solltest, und wir das herausbekommen... Dann bin ich am Boden zerstört", erklärte er leise, Tränen sammelten sich in seinen Augen.
"Du würdest diesmal wirklich verhaftet werden, wahrscheinlich sogar die Todesstrafe bekommen, und ich wäre alleinerziehender Vater, und-"

Light zog ihn in eine feste Umarmung, eine einzelne Träne rollte über seine Wange.
"Und du versuchst, Distanz aufzubauen, damit dir das weniger wehtun wird", stellte der Jüngere fest, als Antwort nickte L leicht.
"Bitte mache das nie wieder."
Nach einer Weile lösten sie sich voneinander.
"Wollen wir nicht schlafen gehen?", fragte Light und sah ihn liebevoll an. L nickte zustimmend.
Light legte sich bereits hin, verschränkte die Arme hinter dem Kopf, bis L sich zu ihm legte. Der Braunhaarige drehte sich auf die Seite. Erwartungsvoll sah der Ältere ihn an, doch er schüttelte nur den Kopf.
"Diesmal kein Sex, einfach nur kuscheln."

~•~

"Wie gesagt, ich werde hoffentlich nicht allzu lange brauchen", meinte L zum Abschied.
Heute würde L sich nach einem passenden Kindergarten für Charles erkundigen, seine Bildung sollte durch die Arbeit nicht zu kurz kommen. Light wusste, dass Charles dort als Wunderkind gelten muss, er war trotz seines Alters sehr weit vorraus. Sprechen konnte er wie ein Sechsjähriger, nur das Laufen klappte noch nicht so gut.

Kaum hatte L die Zentrale verlassen, schon griff Light unter die Matratze, holte das Death Note hervor und begann zu schreiben. Ein Name nach dem anderen fand in das Buch, ein Verbrecher nach dem anderen starb.
Es wirkte, als würde Light nur durch einen Tunnelblick sehen, und nicht bemerken, was um ihn herum geschah.
So merkte er auch nicht, dass L kurz zurückgekehrt war und ihn nur anstarrte.

Light konnte die Masse an Emotionen in seinen Gesicht nicht deuten. Wut, Trauer, Hass, verletzt. All das schien er zu fühlen.
Und das alles war der Fehler vom Kira und Light.

Nothing else matters | Death Note • Lawlight FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt