•16• Einweisung

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Zwei Tage sollten es eigentlich noch bis zum nächsten Amoklauf sein, doch nachdem L die Herausforderung öffentlich angenommen hatte, folgten die Amokläufe in Zwei-Tage-Takt. Zwei Amokläufe fanden ungehindert statt, beim ersten gab es acht Tote und sieben Verletzte mit acht schwarzen Fotos, beim zweiten sieben Tote und sechs Verletzte, sieben weiße Fotos.
Wie Light es erahnt hatte, fanden sie vor weiteren wichtigen Gebäuden statt.
Das einzige, was den Braunhaarigen noch beunruhigte, war die Tatsache, dass der Entführer seiner kleinen Schwester sich noch nicht gemeldet hat. Dabei wurden doch seine Bedingungen erfüllt.

Nervös lief Light das kleine Zimmer auf und ab, während L sich im Badezimmer fertig machte. Er suchte fieberhaft nach einer Lösung, doch irgendwie kam ihm nur eine einzige in den Sinn:
Die Identität des Entführers herausfinden.
Matt würde ihm sicher ahnungslos helfen, aber alle anderen würden ihm davon abraten.
Heimlich öffnete er das geheime Fach an seiner Uhr, ein kleiner, unbeschriebener Schnipsel war dort befestigt. Für diesen einen Täter reichte der Zettel, aber es stand immer noch nicht fest, wie viele an diesen Verbrechen überhaupt beteiligt waren.

Tief atmete er ein, dann ging er schnell zur Badezimmertür und schloss sie von außen ab. Nun hatte Light ein wenig mehr Zeit, nach dem Death Note zu suchen. Zuerst durchwühlte er sämtliche Fächer des großen Schreibtisches, danach lief er den Kleiderschrank ab.
Im Ärmel eines alten Wintermantels fand er schließlich das schwarze Notizbuch des Todes, es war nicht einmal besonders aufwendig versteckt gewesen.
"Light? Hast du die Tür abgeschlossen?", rief L ihm zu und klopfte an der verschlossenen Tür.
Flink hob er die Matratze an und legte das Notizbuch darunter, erst als die Beweise seiner Suche verschwunden waren, öffnete er die Tür.

"Wieso hast du mich eingeschlossen?", fragte L verwirrt und versenkte seine Hände in den Hosentaschen. Light hatte schon die perfekte Ausrede parat, schließlich feierten sie in wenigen Tagen ihren dritten Hochzeitstag.
Geheimniskrämerisch grinste Light, so sollte L das auch erahnen können.
Irgendwie hatte er aber schon wieder dieses schlechte Gewissen, schließlich log er ihn schon wieder an.

"Sayu ist wieder zurück!"
Lights Vater kam die Treppe hinaufgestürmt und riss die Tür auf. Er lächelte erleichtert. "Ich habe gerade einen Videoanruf bekommen, Sayu wurde von den Entführern nach Hause gebracht."
"Wie geht es ihr?", fragte Light, er war ebenso erleichtert.
Sofort schwand das Lächeln. "Sie kann nicht mehr selbstständig laufen, sie wird gerade in eine psychiatrische Klinik eingewiesen."
Lights erleichterter Gesichtsausdruck schwand, zu sehen war nichts als Besorgnis. "Können wir sie wenigstens besuchen?", fragte er.
"Nur eine Person am Tag", bekam er als Antwort, was Light wieder ein wenig glücklicher stimmte.
"Können wir jetzt sofort los?"

Fragend sah er zuerst zu L, der ihm aufmunternd zunickte, dann zu seinem Vater, der sich bereits auf den Weg nach unten machte.

Der Sicherheitscheck an der Rezeption der Klinik war noch extremer als der vor der Zentrale, aber Light hatte sich da durchgekämpft.
Nach einer weiteren geschlagenen Stunde Warterei durfte er dann seine kleine Schwester sehen.
In einem Rollstuhl wurde sie von einer älteren Frau geschoben, sie sah noch immer ziemlich verstört aus.
Light schossen die Tränen in die Augen, als er sie so sah.
Er kniete sich vor ihr hin und schloss sie in seine Arme. Sayu erwiderte die Umarmung nur ganz schwach, als würde er einen leblosen Wischlappen umarmen.
"Es tut mir so leid", flüsterte er niedergeschlagen.
"Ich verspreche dir, ich werde diese Entführer finden, und dann werden sie ihre gerechte Strafe bekommen."

Der Außenbereich dieser Klinik war wunderschön, so empfand es zumindest Light. Überall ragten mächtige Bäume in die Höhe, Blumen wuchsen überall.
Sayu müsste das gefallen.
Ruhig schob er seine Schwester vor sich her, genossen die Natur hier. Auch wenn Sayu weder antwortete, noch selbstständig irgendetwas erzählte, Light wusste, dass sie ihm zuhörte.
"Du weißt doch bestimmt, dass in zwei Tagen meiner und L's Hochzeitstag ist... Ich habe da nur ein schlichtes aber romantisches Picknick geplant, denkst du das ist eine gute Idee?"
Er sah ihren Daumen ein wenig zucken, es schien eine Bestätigung zu sein.
"Near fand diese Idee auch nicht schlecht", meinte er, obwohl er den Weißhaarigen nicht einmal gefragt hatte.
"Apropos Near, er wird dich ab morgen immer besuchen kommen."
Am Ende des Weges machte er kehrt und spazierte mit Sayu in die andere Richtung.
"Ich habe es jetzt wirklich akzeptiert, dass ihr zusammen seid", fügte er leise hinzu.

Bevor sie losgefahren waren, hatte er den sonst so ruhigen Near in ziemlicher Aufruhr gesehen. Auch er hatte sich enorme Sorgen gemacht, Light hatte dadurch bemerkt, dass sie einfach zusammen gehören.
"Ich werde dich natürlich auch weiterhin besuchen kommen, versprochen."
"Herr Yagami-Lawliet? Unsere Patientin sollte nicht zu lange an der frischen Luft sein!", rief die ältere Frau von vorhin ihm zu.
"Ich komme schon!", rief Light zurück und legte einen Zahn zu.

"Gleich findet eine Therapiestunde statt, in der wir versuchen, Patienten wie sie zum Reden zu bringen", erklärte eine jüngere Frau. Sie stellte einen Stuhlkreis auf.
"Wenn Sie wollen, können Sie dieser Stunde beiwohnen."
Der Raum füllte sich langsam mit Patienten, die meisten saßen ebenfalls im Rollstuhl. Einige Begleitpersonen waren ebenso dabei.
Die erste Frage war eine ganz normale Frage: "Wer ist dein größter Held?"

Viele schwiegen, einige brachen in Tränen aus.
Die müssten wohl ihren größten Helden verloren haben...
Schließlich kam Sayu dran. Anfangs sah es so aus, als wenn sie Schweigen würde, doch dann fing sie ganz leise an zu sprechen.
"Mein Bruder", antwortete sie leise, ihre Stimme zitterte sehr.
Lights Augen wurden groß, mit dieser Aussage hätte er wohl eher weniger gerechnet.
"Er hilft mir immer, und ist für mich da", flüsterte sie, dennoch saß sie kerzengerade da, bewegte sich kein Stück.

Light legte seinen Arm auf ihre Schulter, ein breites Lächeln zog sich über sein ganzes Gesicht.
Seine kleine Schwester bewunderte ihn, und vorher hatte er es nie wirklich bemerkt.
Sie müsste umso mehr enttäuscht sein, wenn rauskäme, dass ihr großer Bruder der skrupellose Serienmörder Kira ist.
Er musste es so gut unter Verschluss halten, er durfte nicht auffliegen.

Nothing else matters | Death Note • Lawlight FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt