•25• Vermissen

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Langsam spazierte Light durch die Tür. Der Boden war überall aus dunklem Laminat, die Wände hatten überall andere Farben.
Im Eingangsbereich waren große Garderobenständer, unten ein kleines, aber hoch gebautes Schuhregal.
Vom Eingangsbereich aus gab es einen breiten Weg nach links, der in die Küche führte, der Weg nach rechts führte wohl zu einzelnen Zimmern. Geradeaus hingegen befand sich ein großes Badezimmer, dessen Wände aus dunklen Schieferplatten bestand.

Light lief in die Küche. In der Mitte stand ein großer, hölzerner Esstisch, vier passende Stühle waren mehr oder weniger ordentlich herangeschoben. Um den Esstisch herum befanden sich die üblichen Möbel: Ein großer, moderner Kühlschrank, mehrere helle Regale für Geschirr, eine Spülmaschine und ein Waschbecken, dazu eine große, dunkle Kochfläche.
Bevor sich Light setzte, entdeckte er einige kindliche Zeichnungen an der Wand gegenüber.
Charles schien sich in den letzten Jahren sehr viele Gedanken zu machen, wie das Leben wohl wäre, wenn sein Vater nicht ins Gefängnis gegangen wäre.
Sämtliche Zeichnungen zeigen ein glückliches Familiendasein, ab und zu konnte er sogar Near oder Mello erkennen.
"Setz dich doch", forderte L ihn auf, er hatte währenddessen bereits Kuchenstücke verteilt.

"Matsuda, kommen Sie doch auch herein!", forderte nun Light und winkte den Polizisten zu sich.
"Ach Light, können wir uns nicht weiterhin duzen, auch wenn du nun mein Chef bist?", fragte Matsuda in seiner typisch verpeilten Art.
"Meinetwegen", antwortete Light freundlich und ließ sich neben L nieder.
"Erzähl Mal, wie bist du eigentlich Oberinspektor geworden?", fragte der Schwarzhaarige neugierig.
Light war ein wenig abgelenkt von der Tatsache, dass L nicht mehr auf den Stühlen hockte. Erst nachdem die Frage wiederholt wurde, antwortete Light auch.
"Das habe ich nur dank Vater und dem Staatsanwalt Mikami geschafft. Nach zwei Jahren Einzelhaft haben beide mir einen Deal angeboten, für eine gewisse Geldsumme und eine Gegenleistung darf ich aus dem Gefängnis und meine Polizeilaufbahn starten. Davon durfte ich dir aber nicht erzählen", erklärte er.

Charles sah ihn verdutzt an.
"Du warst im Gefängnis?", hakte er nach. "Da kommen doch nur die bösen Menschen hin!"
Light lächelte ihm liebevoll zu. "Und genau deswegen darfst du niemals etwas Böses machen, damit du da nicht hin musst."
"Light, um was für eine Gegenleistung handelt es sich?"
Der Braunhaarige seufzte leise.
"Kira ist nicht länger Staatsfeind, er ist Japans Geheimwaffe", sprach er ein wenig niedergeschlagen. Aber nur durch diese Sache war er nun wieder hier.
"Ich bin dafür zuständig, dass die Bedrohungen ausgelöscht werden."
L sah ihn tröstend an. Diese eine Sache lag ihm wirklich schwer im Magen, auch nach den vier Jahren, die er gebraucht hatte, um Oberinspektor zu werden. "Keine Sorge, ich werde schon mit den Schuldgefühlen und Albträumen klarkommen, schließlich habe ich ja wieder meine Familie bei mir."

"Komm Papa, ich zeig dir mein Zimmer!", jubelte Charles. Er hatte sich Lights Hand gegriffen und zog ihn nun an der Haustür vorbei, den rechten Weg entlang. Vor den beiden Zimmertüren ließ Charles ihn stehen.
"Rate, welches mein Zimmer ist."
Spontan griff Light die Türklinke der linken Tür, doch seine Hand wurde panisch weggedrückt.
"Das ist Papis Zimmer. Ich darf da nicht rein, weil ich bald Geburtstag habe", meinte der kleine Junge selbstsicher.
Auch wenn er hochintelligent war, benahm er sich oft noch, als wäre er jünger.
Light öffnete die andere Tür, und er musste schmunzeln. Vor ihm baute sich ein chaotisch-unordentliches Zimmer auf, welches nur einem Kind gehören konnte. Überall lagen Spielzeuge herum, das ursprüngliche Bücherregal war vollgestopft mit allem möglichen Kram, selbst das Kinderbett war ziemlich unordentlich.

"Papa, lass uns spielen!", rief Charles, er war extrem aufgedreht, aber vorallem eines: überglücklich.
"Das ist ein Hotelzimmer, ich bin der Gast und du die Putzfrau!"
Er will mich dazu bringen, sein Zimmer aufzuräumen. Intelligent der kleine, dabei habe ich ihm nie diesen Trick verraten.
Ausnahmsweise tat er, was sein Sohn von ihm verlangte. Zur Gewohnheit sollte das aber nicht werden.
Charles lag ganz gemütlich auf seinem frisch gemachten Bett, während er Light genau beobachtete, wie er jedem einzelnen Spielzeug auf dem Boden einen ordentlichen Platz gab.

"Bist du wirklich auf den Trick reingefallen?", fragte L, der an der Tür das Geschehen ebenfalls beobachtet hatte.
Light wirbelte herum, aber nicht etwa weil es ihm peinlich war, erwischt worden zu sein.
"Ich hab's freiwillig gemacht", meinte der Braunhaarige. Schnell setzte er sein Aufräumen fort.
"Schließlich habe ich den Trick selber einmal angewendet."
Oder eher einen Monat lang angewendet. Bis ich aufgeflogen bin und Sayus Zimmer für einen Monat aufräumen musste...

L führte Light in ihr gemeinsames Zimmer. Es war ähnlich aufgebaut wie in der Zentrale: Das große Ehebett stand in der Mitte des Raumes, ein weißer Teppich bedeckte den Boden. Gegenüber vom Bett stand ein großer, hölzerner Schreibtisch und daneben gab es eine Tür, die in einen Garten führte.
Light sah zu L und umarmte ihn. Es fühlte sich alles noch zu irreal an, als wäre es nur ein schöner Traum und er würde noch immer in dieser engen Wohnung wohnen.
"Morgen werden wir wieder zur Zentrale fahren", meinte der Schwarzhaarige leise.
"Die anderen werden sehr überrascht sein, außer die Sonderkommission natürlich."
"L, wieso hast du dir eigentlich so viele deiner Angewohnheiten abgewöhnt?", fragte Light neugierig. Ihn hatte es sehr irritiert, dass der Ältere nicht mehr hockte, viel weniger Süßigkeiten aß und einen vielseitigeren Kleiderschrank besaß. L jedoch zuckte nur mit den Schultern.
"Vielleicht lag es an dir. Ich gehe auch nicht mehr vollständig meiner Tätigkeit als Detektiv nach", murmelte er und vergrub seinen Kopf in der Schulter des Jüngeren. Light drückte ihn enger an sich.
In dieser Zeit hat sich sehr viel verändert...

Drei Uhr morgens, Light schlug die Augen auf. Gerade eben hatte er noch von Sendous Worten geträumt. Der Schwerverbrecher meinte einst, je länger man im Gefängnis sitzt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Ehepartner scheiden lässt.
Light brauchte einen Moment um zu realisieren, wo er war.
Vorsichtig drehte er sich auf die Seite und beobachtete L. Um diese Uhrzeit müsste er gerade eben erst eingeschlafen sein, aber er sah so aus, als würde er schon seit Stunden schlafen.
Light rückte näher an ihn heran und schmiegte sich an ihn, legte seinen Kopf auf die Brust des Schwarzhaarigen und lauschte entspannt seinem ruhigen Herzschlag.

Er hatte das so sehr vermisst.

Nothing else matters | Death Note • Lawlight FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt