Abwaschbare Farbe

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Ich strich mir mit den Händen über das Gesicht, und blickte zwischen meinen Fingern kurz hindurch. Meine Angst war mir immer noch bis in den Knochen stecken geblieben. Doch was ich jetzt sah, ließ die Angst verschwinden, denn sie verwandelte sich in pure Wut.

Meine Augen betrachteten einen fröhlichen Geldscheine zählenden Alec.

Ja, er hatte das Rennen gewonnen, da er es geschafft hatte, Teddy in der Kurve zu überholen.

Er lief auf mich zu und hielt mir ein Teil des Geldes entgegen. ,,Was soll ich damit?"

,,Das ist dein Anteil". In mir brodelte die Wut noch mehr auf. Er möchte mich dafür bezahlen, dass ich mir beinah vor Sorge in die Hose gepinkelt habe? Der kann sich auf etwas gefasst machen. Ich hätte jetzt wenigstens ein ,,Es tut mir leid, ich wollte dich nicht verängstigen" oder ein einfaches ,,Sorry" hätte es auch getan.

,,Anteil? Anteil?! Meinst du den Anteil an meiner in mir zerfressenden Angst die in mir geherrscht hat, als du diese verdammte Kurve so genommen hast, wie du es NICHT solltest? Meinst du diesen Anteil?!".

Alec sah mich nur genervt an und erwiderte nichts. Das war typisch.

,,Alec, ich hatte wirklich Angst um dich. Und anscheinend merkst du es nicht, oder stellst dich auf Blöd oder was weiß ich .. aber.. ich versuche mir wirklich Mühe zu geben dir gegenüber. Ich versuche wirklich mich dir anzunähern und das einzige was du tun kannst, ist es ... mich erstmal normal zu behandeln, dann wieder wie den letzten Dreck, und dann willst du mich ausbezahlen wie einen Fremden?! Ich ... Ach vergiss'es".

Ich ließ die Worte einfach aus mir heraus sprudeln und ließ Alec, immer noch mir das Geld entgegenhaltend, stehen.


3 Jahre zuvor


,,Alec, was soll das?!".

,,Was soll was?"

,,Ich habe dir klipp und klar gesagt, dass du dich mit den Jensen's nicht anlegen sollst. Lass uns lieber hoffen, das du keine Anzeige bekommst wegen Sachbeschädigung oder so".

Klar, war es lustig, den Leuten hier in der Gegend einen Streich zu spielen, vor allem wenn diese einmal fies oder gemein ihm oder mir gegenüber waren. Aber, wir sind keine 10 mehr! Alec ist bereits 17 und somit auch strafbar. Ich verstehe einfach nicht, wieso dieser Junge so dickköpfig war und nie auf mich hören wollte.

Er hatte es geschafft -fragt mich nicht wie- in den Wassertank der Jensen's blaue Farbe gemischt. Somit sahen die Kinder von Mister Jensen wie die Schlümpfe aus, und die Auffahrt, die Fassade des Hauses und der Rasen waren überall mit blauen tupfern versehen, da gesprengt werden musste zu dieser warmen Jahreszeit.

,,Komm schon Meg, das war doch ziemlich witzig. Außerdem ist die Farbe abwaschbar", er lief an mir vorbei und sagte noch im gehen zu sich selbst:,, Oder hatte ich doch die Permanentfarbe geholt? Ist ja auch egal".

Ich konnte über dieses Verhalten nur meinen Kopf schütteln. Wurde er irgendwann auch mal erwachsen? Jedoch musste ich mir auch zugestehen, dass ich diesen Teil auch an ihn liebte. In Alec lebte, und das wird wahrscheinlich auch immer so sein, sein inneres Kind. Dennoch war ich sauer auf ihn und das ließ ich ihn auch spüren.

,,Mach doch was du willst. Dieses mal helfe ich dir nicht aus der Scheiße! Selbst Schuld wenn du nicht auf mich hörst ...". Er drehte sich zu mir um und seuftze laut. ,,Meggilein, es war doch nur ein Spaß. Bitte sei nicht sauer. Ich musste schon letzte Woche den Hut tragen".

Dabei musste ich schmunzeln. Ja, Alec und ich hatten ein Ritual. Wenn einer von uns beiden sauer war auf den jeweils anderen, und dieser sich für sein Verhalten entschuldigen wollte, musste er dabei einen besonderen Hut tragen.

Alec hatte ihm damals als zu Weihnachten von seiner Tante bekommen, doch anstatt einem ,,Fröhliche Weihnachten" stand ,,I'm Sorry" drauf.

Hoch leben die Druckfehler!

Und somit war unser Entschuldigungshut geboren. Denn, wenn man diesen auf hatte, konnte man ihn hin und her bewegen lassen während er ein Weihnachtslied spielte. Und bei diesem Anblick, konnte man nicht mehr sauer sein.

Ich sah Alec nur verärgert an und ließ es jedoch dabei sein. Vielleicht sollte ich anstatt ihn den Hut tragen zu lassen, mir jedes mal 1 Dollar geben wenn er mich wütend machte.

Dann wäre ich jetzt reich.

Wir machten uns auf dem Weg nach Hause, da wir uns bis eben in der Stadt aufgehalten hatten. Alec sollte irgendwelche Medikamente für seine Mutter besorgen, da ihr in letzter Zeit wohl sehr oft übel war. Es war sehr praktisch, dass Alec bereits einen Führerschein besaß. Die Fahrt über hörten wir Musik und sprachen kein Wort miteinander. Aber es war keinen Falls unangenehm. Bei ihm fühlte ich mich einfach wohl. Man sagt ja, dass dein Zuhause da ist, wo man sich am wohlsten fühlt. Und ich glaube, dass Alec mein Zuhause war. Ich kenne ihn bereits mein ganzes Leben lang, und verbringe die meiste Zeit die mir zu Verfügung steht mit ihm. Ob das später wohl auch so sein wird?

Wahrscheinlich nicht. Wir werden bestimmt getrennte Wege gehen, ich weiß es einfach. Sei es, ob wir auf verschiedene Colleges gehen werden, oder ob Alec eines Tages ein Mädchen an seiner Seite haben wird, dass seiner Meinung nach die richtige für ihn ist.

Ihr fragt euch, was mit mir ist?

Nun ja, wie das Herz es so will, ist für mein 14 Jähriges Ich momentan Alec der Richtige. Und meine Meinung wird darin unterstützt, dass es schon ein paar mal zu einem Kuss zwischen uns gekommen ist.

Die Übungsküsse als wir kleine Kinder waren zähle ich natürlich nicht mit.

,,Worüber denkst du nach?", wurde ich in meinem Gedankengang unterbrochen. Ich sah aus dem Fenster und winkte nur ab. ,,Nichts besonderes".

Wir waren bereits angekommen und sahen unsere Väter draußen in meinem Garten eine Partie Karten spielen. Alec und ich konnten uns ja wohl kaum so gut verstehen, wenn unsere beiden Eltern es natürlich nicht auch tun würden. Unsere Väter lernten sich mehr oder weniger damals bei der Arbeit kennen und seitdem sind auch die beiden sehr gute Freunde.

Ich wollte gerade aussteigen, als er mich zurück hielt an meiner Hand. ,,Alec, was-", er gab meiner Hand einen leichten Kuss und strich mit dem Daumen einmal rüber. Die Schmetterlinge in meinem Bauch waren bereits bis nach oben in meinem Kopf geflogen. Er vernebelte mir meinen Verstand. ,,Es tut mir leid. Sei mir bitte nicht böse". Oh gott, wie sollte ich ihm den noch böse sein können? Ich lächelte ihn warm an, als Zeichen das alles in Ordnung war.

Ich stieg aus und eine warme Wand heißer Luft erdrückte mich. ,,Mi hijo, Meg. Kommt doch bitte rüber, und hilft meinem Kumpel hier endlich mal eine Runde gegen mich zu gewinnen", ärgerte Alberto meinen Dad. Ich musste lachen und gab beiden zur Begrüßung einen Kuss. ,,Hmm .. kennst du dieses Sprichwort -Der Klügere gibt nach-?", Alec's Dad verstand gleich woraufhin ich hinaus wollte, doch anstatt sauer zu werden, lachte auch er und sagte:,,Gut gekontert, Meg".

Isabella und Mom kamen gerade aus Alec's Haustür hinaus. Isabella hatte noch ihre dicken Handschuhe an, wahrscheinlich hatte sie gerade etwas aus dem Ofen geholt. Sie rief:,,Essen ist fertig" und sobald die alten Männer diese drei Worten hörte, ließen sie ihre Karten stehen und machten sich auf dem Weg zu ihren Frauen. ,,Na komm Meghan, worauf wartest du. Lass uns reinhauen", hörte ich Alec'S Dad noch im vorbeigehen sagen. Ich lachte nur auf und rief noch zu, dass ich ja schon kommen würde.

Ich stoppte im gehen, denn Alec stand immer noch wie angewurzelt neben seiner Autotür. Ich lief zu ihm und fragte, was denn los sein. Er stieß sich vom Auto ab, suchte die Gegend einmal ab und beugte sich dann zu mir runter, um mich zu küssen. Total überrumpelt, reagierte ich erst einmal nicht, dennoch ließ ich mir so eine Gelegenheit nicht entgehen, und wiederholte langsam Alec's Bewegungen, bis er von mir Abließ. In der Öffentlichkeit, oder besser gesagt hier im Garten hatten wir uns noch nie geküsst. Es wäre zu gefährlich, dass jemand uns sehen könnte.

,,Wofür war das denn?", fragte ich leise.

Er strich mir sanft eine Strähne hinter's Ohr und zuckte mit den Schultern. ,,Mir war einfach danach".

Verstehe einer diese Jungs.

Second Chance -pausiert-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt