,,Got me losin' all my cool"

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Berlin, Ende Oktober 2020

Felix tippte sich durch Instagram Stories, als eine Nachricht oben auf dem Bildschirm erschien. <Felix, diesen Freitag wird es nichts mit unserem Filmabend. Samstag Vormittag ist Treffen im Hotel in Riesa und ich will schon am Abend vorher anreisen. Sorry, dass ich erst jetzt Bescheid gebe.> Er legte sein Telefon härter als unbedingt notwendig auf dem Tisch ab. Er hatte sich den Abend extra freigehalten, damit er Elli vor der Tour noch einmal sehen konnte. Und jetzt kam ihnen ihr Bedürfnis nach Pünktlichkeit und Vorbereitung in die Quere. Sie konnten sich auch die restliche Woche nicht sehen, weil jeder Tag komplett verplant war. Felix musste zu Terminen für den Film, seine Firma und zu kleinen Drehs mit verschiedenen Kanälen, während Elli jeden Tag von einem Kurs zum anderen fuhr.

<Wie kommst du nach Riesa?> Beim Gedanken ans durch Berlin fahren war ihm wieder eingefallen, dass Elli keinen Führerschein hatte. <Nachmittags mit dem Zug. Wie soll ich denn sonst ohne Führerschein dahin?> Indem er sie fuhr. Dann konnten sie den Filmabend im Hotel durchziehen und er würde einfach früh genug verschwinden, damit ihn niemand bemerkte. Das war die Lösung für sein Problem. Er konnte nochmal einen Abend mit seiner besten Freundin verbringen, bevor sie für vier Wochen auf Achse war und Elli wurde der Stress des Zugfahrens erspart.

Elli hatte seinem Vorschlag zugestimmt und so stand er Freitag, 18.00 Uhr in ihrer Wohnung und beobachtete sie dabei, wie sie die letzten Sachen zusammen suchte. Für vier Wochen war ihr Koffer erstaunlich klein. Andere nahmen darin Sachen für eine einzige Woche mit. ,,Ich hab' für die Ruhetage drei Outfits eingepackt und sonst nur Sport- oder Freizeitkleidung. Wir sitzen die meiste Zeit in Bussen, da muss ich nicht gut gestylt sein", war die entschiedene Antwort, als Felix sie darauf ansprach. Nachvollziehbar, er würde sich auch nicht stundenlang in Jeans in einen Bus setzen.

Als Elli endlich alles beisammen hatte, nahm Felix ihren Koffer und trug ihn zum Auto. Sie würden noch schnell bei Kathrin vorbei fahren, damit Elli den Schlüssel ihrer Wohnung in den Briefkasten werfen konnte. Klingeln war nicht drin, weil niemand außer ihnen von der Aktion erfahren sollte. Weder ihre Eltern noch Geschwister waren eingeweiht und das sollte auch besser so bleiben. Sonst würden sie sich vor Kommentaren zu ihrer Freundschaft nicht retten können.

Elli schlüpfte wieder in Felix' Auto. ,,Jetzt können wir. Dein Auto, also bist du der Herr über die Musik." Er drückte ihr sein Handy in die Hand. ,,Such' in Spotify die 'Coolman Zuhause lassen' Playlist raus. Die müsste für die ganze Fahrt reichen." Wenige Sekunden später tönte All That She Wants aus den Lautsprechern. ,,Hab' auf Shuffle gedrückt." Felix nickte und steuerte sein Auto aus der Parklücke. Sie brauchten einige Zeit, bis sie aus Berlin raus waren, aber ab dann ging es flüssig vorwärts. Felix gab auf der Autobahn ordentlich Gas, so sehr, dass Elli sich manchmal an der Tür festhielt. ,,So schlecht fahre ich nicht!" ,,Schlecht nicht, aber schnell. In den Staaten sind höchstens 120 km/h erlaubt und in New York und L.A. erlebt man die nicht." ,,Wenn dir schlecht wird, sagst du Bescheid. Dann fahr' ich rechts ran." ,,Hast du Angst, dass ich dein Auto vollkotze?" ,,So wie du dich festhälst, ja." ,,Wird nicht passieren. Ich übergebe mich nur selten."

In Riesa angekommen nahm Felix den Koffer und seinen Rucksack aus dem Kofferraum. Gemeinsam liefen sie zur Rezeption. ,,Guten Abend, für mich wurde reserviert." ,,Name?" ,,Elisabeth Woodwin. Ich bin wegen der Let's Dance Tour hier." ,,Ah, hier habe ich Sie. Das sind die Schlüsselkarten und der Zugang zum W-Lan. Wenn ihr Freund auch in das Zimmer möchte, müssten sie extra zahlen. Der Veranstalter hat nur die Kosten für eine Person übernommen." ,,Er ist nicht..." ,,Das ist kein Problem." Die Frau hinter dem Tresen nickte und ließ Felix die Formulare ausfüllen. Nachdem er damit fertig war, gingen sie Richtung Fahrstuhl. ,,Warum hast du sie glauben lassen, dass wir ein Paar sind?" ,,Damit sie sich nicht für ihren Fehler entschuldigen muss. Es kann uns egal sein, was eine Rezeptionistin in Riesa über unsere Freundschaft denkt."

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