Ein Wort meiner Brüder und ein wenig Drama. Muss ja auch mal sein.
Berlin, August 2020
<Hi Felix, hast du Zeit für einen kurzen Spaziergang. Ich bin am Kotti und muss noch was nachholen.>
<Wohin laufen wir?>
<Bis zu meiner Wohnung sind es 20 Minuten.>Felix schnappte sich seine Schlüssel und machte sich auf den Weg zum Kottbusser Tor. Sie hatten einige Tage nichts voneinander gehört, weil Elli unterwegs und er ins Schreiben vertieft war. Ihr Kleid leuchtete ihm praktisch entgegen, obwohl sie im Schatten stand. Das helle Orange stach auch einfach aus dem üblichen Kotti-Klientel heraus.
Sasa umarmte Felix, als er bei ihr ankam. Sie suchte nach einem geeigneten Gesprächseinstieg, sprach dann aber das erste aus, was ihr bei seinem Anblick in den Kopf geschossen war: ,,Ich hab' mir Kenn ick angeschaut und musste teilweise echt heftig lachen. Kathrin meinte aber, dass du bei dem letzten Programm noch mehr du auf der Bühne warst." ,,Wann hast du es dir angeschaut?" ,,Letzte Woche. Ich hab' dich damals nach den ersten paar Nachrichten stumm geschalten und mir verboten, irgendwas von dir anzusehen. Kathrin hat immer mal versucht, mir was zu erzählen, aber ich hab' sie jedes Mal abgewürgt. Wenn du nichts über mich erfahren solltest, dann ich auch nicht über dich. Jedenfalls dachte ich die letzten Jahre so." ,,Hast du dir nie den Podcast angehört? Vielleicht auch nur um zu wissen, ob ich über dich spreche?" Sasa schüttelte mit dem Kopf. ,,Nichts erfahren, hieß auch nichts erfahren. Ich hätte mich schon bei unserem ersten Treffen entschuldigen müssen, auch wenn du mir die Aktion wahrscheinlich nie verzeihen wirst." Jedenfalls würde sie jemanden nie wieder vertrauen, wenn er zweimal den Kontakt abbrach und ihr keine gute Begründung dafür gab.
,,Elli, würde ich hier mit dir stehen, wenn ich dir nicht schon längst verziehen hätte? Komm mal her." Sie blieben stehen und Felix zog Elli in seine Arme. Er hatte die Tränen in ihren Augen gesehen und musste dem Impuls folgen. ,,Es war nicht so schlimm wie mit 16, als ich noch hundert andere Probleme und ein schlechtes Verhältnis zu Fränkie hatte. Ich hatte mit der Uni noch genug zu tun, schrieb ständig Texte und trug sie vor. Klar hast du mir gefehlt, aber ich hatte genug Dinge und Personen, die mich ablenkten." Die ersten Wochen hatte es Felix fast zerrissen, aber die Tour flickte ihn wieder zusammen. Der Applaus brachte die Gedanken an Elli zum Schweigen oder übertönte diese zumindest.
Felix saß vor der Fortsetzung für Sonne und Beton und kam nicht weiter. Er kramte seit Wochen in den Erinnerungen an seine Chaotenzeit und hatte damit etwas zu kämpfen. Es war krass, wie sehr man sich für sein jüngeres Ich schämen konnte. Dabei schweiften Felix' Gedanken immer wieder zu seinem Vater. Drei pubertäre Kinder und zwei von ihnen verhaltensauffällig. Bis heute verstand Felix nicht, wie Fränkie das durchgehalten hatte, ohne komplett durchzudrehen und regelmäßig physisch zu werden. Er musste mit ihm reden, wenn das Buch und die Szenen mit Lukas' Vater authentisch werden sollten. Felix wollte besser verstehen, wie sein Vater sich gefühlt hatte, wie er seine Söhne weiterhin lieben konnte und ob es etwas gab, wodurch Fränkie jegliche Hoffnung in seinen Ältesten verloren hätte.
Nachdem er auf seinem Balkon eine geraucht hatte, ging Felix wieder rein und rief seinen Vater an. Er wollte das heute klären, um dann befreiter weiter schreiben zu können. ,,Hallo Papa, kann ich nachher vorbeikommen? Ich muss mit dir reden." ,,Ist was passiert oder kann es bis morgen warten? Ich bin mit Agathe zum Essen verabredet." Felix hatte gedacht, dass ihn nach Ellis Offenbarungen nichts mehr schocken konnte, aber dieser Satz ließ ihn einfrieren. Sein Vater traf sich zum Essen mit Ellis Mutter? ,,Felix, bist du noch dran?" ,,Ja, ähm, das kann bis morgen warten."
Felix konnte es nicht fassen. Sein Vater zog Agathe ihm vor. Natürlich konnte er nicht erwarten, dass Fränkie immer Zeit für seine Sorgen hatte. Nur war diese Entschuldigung die nächste, seine Welt zerrüttende Botschaft der letzten Wochen. Und während Ellis Rückkehr absolut positiv war, war diese Information einfach nur merkwürdig.
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Schritt für Schritt
RomantizmElisabeth "Elli" Schneider war sie für ihn. Sasa Woodwin ist sie für den Rest der Welt. Seit fünf Jahren stellt Felix sich die gleichen Fragen: Warum meldet Elli sich nicht mehr? Warum findet er nichts mehr über sie im Internet? War sie trotz der j...