,,You don't have to worry, you reach for my hand"

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Wir gehen zurück an den Anfang. Kein Wort meiner Brüder.

Berlin, 1993

Elli hörte ein Rufen, bevor ein Junge ihr die Tür öffnete. ,,Hallo, ich bin Elli. Ich wohne da", sie zeigte auf die Wohnung gegenüber, ,,Mama hat gesagt, ich soll Hallo sagen. Möchtest du Kekse?" Sie hob die Dose an. Der Junge nickte nur und nahm sich einen Keks, als ein Mann zur Tür kam. ,,Was sagt man, Felix?" Aus seinem vollen Mund kam ein ,,Danke". Der Mann hockte sich hin: ,,Ich bin Frank Lobrecht. Und du bist?" ,,Elisabeth. Wir wohnen da." Ihre Mama wollte, dass sie zu Erwachsenen ihren vollen Namen sagte. ,,Wen meinst du mit wir?",,Mama, meine Schwester und ich." Herr Lobrecht nickte. ,,Ich muss weiter die Wohnung einräumen, aber du und Felix dürfen bald mal spielen, ja?" Elli nickte energisch, während Felix weiter Kekse aß. ,,Du darfst die Kekse behalten. Mama hat gesagt, ich soll sie schenken." ,,Danke." Die Tür schloss sich hinter Felix und seinem Vater und Elli ging wieder in ihre Wohnung. Hoffentlich erlaubte ihre Mama das Spielen. Es wäre so toll, einen Freund direkt nebenan zu haben!

Felix und Elli hatten noch nicht miteinander spielen können, als sein Vater ihn das erste Mal zu seinem neuen Kindergarten brachte. Er war aufgeregt und hatte ein bisschen Angst, dass die Kinder ihn nicht mögen würden. Vor dem Raum der Enten-Gruppe wartete schon eine Erzieherin auf sie, die sich Felix als Tante Viola vorstellte. Sein Vater umarmte ihn nochmal und wünschte ihm viel Spaß, bevor Felix mit Viola den Raum betrat. Die anderen Kinder frühstückten gerade. ,,So Felix, schau mal, neben den Mädchen mit dem gelben Oberteil ist noch Platz. Setz' dich doch neben sie."

Das Mädchen trank gerade aus ihrem Becher und zappelte mit den Beinen. Ihr Teller war schon leer. Bestimmt durften sie erst aufstehen, wenn alle fertig gegessen hatten. Sie sah auf, als er den Stuhl zurückzog und lächelte sofort: ,,Hallo Felix!" ,,Hallo Elli, bist du auch in der Entengruppe?" ,,Ja, davor war ich Marienkäfer. Wollen wir spielen, wenn du fertig gegessen hast?" Felix nickte und aß sein Wurstbrot.

Bis Felix abgeholt wurde, hatten sie mit den Bausteinen gespielt, gemalt und dann draußen im Sand gebuddelt. Beim Mittagessen saßen sie wieder nebeneinander und Elli erzählte so viel über den Kindergarten, dass sie fast das Essen vergaß. Wenn der Kindergarten nicht Mädchen und Jungs beim Mittagsschlaf trennen würde, hätten sie wahrscheinlich auch nebeneinander geschlafen.

Eine halbe Stunde nach dem Ende des Mittagsschlafs wurde Felix abgeholt. ,,Guck mal Papa, Elli ist auch bei den Enten." ,,Hallo, Herr Lobrecht!" ,,Hallo Elisabeth, wirst du auch gleich abgeholt?" ,,Nein, Mama kommt erst nach Vesper." Frank nickte und sah dann dabei zu, wie die beiden Kinder sich voneinander verabschiedeten. Er war extrem froh über diesen Zufall. Felix hatte sich in Münster nie schwer getan, Freunde zu finden, aber Berlin war eine völlig neue Umgebung und da war es pures Glück, dass er jetzt schon Elli hatte.

Einige Wochen später holte Frank beide Kinder ab. Er hatte mit Agathe ausgemacht, dass Elisabeth heute bei ihnen schlafen durfte. Schließlich war Freitag und die beiden bettelten seit Wochen darum, auch nach dem Kindergarten miteinander spielen zu dürfen. Vier Kinder wären eine Herausforderung, aber Felix und Elli konnten sich gut miteinander beschäftigen. Laut den Erzieherinnen im Kindergarten spielten sie zwar auch mit anderen Kindern, aber den Großteil der Zeit hingen Felix und Elisabeth aufeinander.

Agathe hatte am Morgen schon die Schlafsachen und das Lieblingsplüschtier ihrer Tochter rüber gebracht und ihm gesagt, dass sie bei einer Geschichte schnell einschlief. Auch aß Elisabeth wohl alles und machte beim Essen keine Probleme. Das klang bisher wie ein Traum, aber er würde ja später sehen, ob es auch der Wahrheit entsprach.

Tatsächlich brauchte es am Abend keine Geschichte, weil Felix und Elisabeth vor dem Fernseher einschliefen. Er hatte ihnen einen Film angemacht, damit er Julian und Nele in aller Ruhe ins Bett bringen konnte. Als er wieder ins Wohnzimmer kam, lagen die beiden auf der Couch und schlummerten tief und fest. Zum Glück trugen sie schon ihre Schlafanzüge und er musste sie nur noch in Felix' Bett tragen.

Schritt für SchrittWo Geschichten leben. Entdecke jetzt