Kapitel 18

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Das Haus kommt mir vor wie eine Festung. Erwartungsvoll gehe ich zur Haustür. Hinter der Tür wartet er. Zu aufgeregt, um noch eine Minute still zu stehen. Ich greife nach dem Türgriff, aber er bewegt sich keinen Zentimeter. Fester und fester rüttle ich daran, doch es tut sich weiterhin nichts. Verzweiflung bahnt sich an. Mit all der Kraft in mir versuche ich den Türknauf zu bewegen. Die Tür hebt sich aus den Angeln. Kanrzen. Das Haus stürzt in sich zusammen. Erschrocken trete ich zurück. Plötzlich ein leichter Windhauch und das Haus stürzt in meine Richtung. Alles kracht auch mich, ich bleibe stock steif stehen und warte, bis es auf mich fällt.

Schweißgebadet wache ich auf. Prüfen taste ich mich ab, ob auch alles noch dran und heil ist. Danach stehe ich wackelig auf dem Boden. Alles ist fest. Es dauert einen Moment, bis mir klar wird, wo ich bin und dass hier nichts zu Bruch geht.

Nach einer heißen Dusche und einem Kaffee geht es mir schon deutlich besser. Was ist das für ein Traum gewesen? Das Haus. Es war sein Haus, welches auf mich fiel. Meine Augen geschlossen, versuche ich die Bilder in den Hintergrund zu drängen. Es war nur ein Traum.

Den restlichen Vormittag bleibe ich angespannt, doch zum Mittag hin, vergesse ich langsam den Horrortraum von letzter Nacht. Die Bedeutung des Traums bleibt mir unklar, wenn Träume überhaupt etwas bedeuten. Wahrscheinlich eher nicht. An so etwas zu glauben ist doch kindlich und naiv, oder?

Die Lösung hat mein Professor, welcher laut spricht und die Studenten begeistert, auch nicht, aber dafür ein unfangreiches Spektrum an Fakten über die seltsamsten Mutationen verschiedener Lebewesen durch Fremdeinwirkung. Gespannt konzentriere ich mich wieder auf ihn.

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Die Arbeit wird heute besonders stressig, aber dafür gibt es mir Sicherheit mehr Trinkgeld. Eine Familie feiert in unserem Restaurant Hochzeitsfeier. Gabi freut sich riesig. Sie liebt Hochzeiten über alles und möchte irgendwann auch eine ausrichten. Ich zietiere: Mir dem Mann meiner Träume.

Hochzeiten kommen mir fragwürdig vor, denn weiß man schon in diesem einen Moment, ob man wirklich bis in alles Ewigkeit mit demjenigen zusammen sein will? Und ist man sich sicher, dass dein Gegenüber das gleiche fühlt? Was ist wenn dann doch nicht? Wie tief ist das Loch, in das man fällt, wenn der eine die Scheidung will? Alles viel zu risikohoch.

Schnell wie der Wind laufen alle Kreuz und quer. Leger schöne weiße Tücher auf die Tische, drapieren Blumen darauf, füllen silberne und weiße Luftballons mit Valium und lassen sie bis zur Decke schweben. Mark, ein weiterer Kollege, installiert Beleuchtung. Ich rödle mal hier, mal da herum. Innerhalb einer Stunde verwandelt dich das Restaurant in einen edlen Hochzeitssaal. Perfekt.

Doch das richtige Spektakel geht erst los, als die Gäste eintrudeln. Zuerst kommt das Brautpaar an, dann die Schwiegereltern. Nach und nach kommen die restlichen Gäste. Es ist eine recht kleine Hochzeitsgesellschaft, doch sie füllt den Raum gut aus.

Kinder rennen umher, Großeltern plaudern angenehm, die restlichen Gäste, das Brautpaar eingeschlossen, tanzen auf der provisorischen Tanzfläche. Es gibt immer etwas zu tun. Meine Kollegen und ich stoltieren umher mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht und fragen jeden, ob er denn noch etwas trinken wolle, oder was man ihm sonst bringen könnte.

In der zweiten Stunde hält der Bräutigam eine wunderschöne Rede für seine Braut, die auch mich sehr bewegt. Danach beginnt erneut das ausgelassene Treiben. Ein Blick zu Gabi und es ist klar, wie sehr sie das hier genießt. Es freut mich, dass sie in so etwas richtig aufgeht.

Die Musik sucht der Vater des Bräutigam aus, was der Grund ist, weswegen größtenteils nur Songs aus den achtziegern spielen, aber den Gästen scheint es zu gefallen. Ich schließe die Augen für einen kurzen Moment und höre dem Spektakel einfach nur zu. Wie fröhlich jeder einzelne ist. Ein stummes Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht.

Die Zeir vergeht schneller, wie sonst. Es kommt mir vor wie gerademal zwei Stunden, dabei haben wir schon ein Uhr Nachts, als wir die gröbsten Dinge schon einmal aufräumen. Der Chef entlässt uns großzügigerweise. Den Rest übernimmt eine Reinigubgsfirma Morgen früh. Schnell Schürze abgelegt, Jacke an und weg.

Gabi überredet mich mit auf ihr Taxi zu warten. Da ich noch nicht müde bin, komme ich dieser Bitte gerne nach. "Ich liebe Hochzeiten!", betont sie noch einmal. "Alle sind da immer so fröhlich. Sie tanzen, albern herum, machen komische Witze. Es ist wie eine verzauberte Welt für eine Nacht. Findest du nicht auch?" Ich stimme ihr zu. In gewisser Weise hat sie recht. Für einen Tag ist alles Perfekt, aber der nächste Sonnenaufgang kommt schnell.

Wir verabschieden uns innig, dann fährt sie im Taxi davon. Gerade will ich nach Hause gehen, da fällt mir auf, dass meine Schlüssel nicht bei mir sind. Gezwungenermaßen gehe ich ins Restaurant zurück. Dort treffe ich natürlich sofort auf ihn. Thomas stellt einen Stuhl nach dem anderen hoch, damit es die Reinigubgsfirma morgen leichter hat. Als er mich sieht, lächelt er schüchtern. "Hier." Er wirft mir einen Schlüsselbund entgegen.

"Wie fandest Du die Feier?", fragt er bevor ich aus der Tür bin. Keine Antwort. "Kindisch Lion, einfach gemein." Dieser eine Kommentar bringt mich zur Weißglut.

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