Kapitel 28

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Musik schüttet nachweislich Endorphine aus. Es macht glücklich stimmungsvolle Musik zu hören. Wenn der Bass laut schlägt und Mut machende Verse gesungen werde, kann man nicht anders, als zu lachen, tanzen, lächeln, einfach glücklich zu sein.

Lisa ist der lebende Beweis dafür. Lachend bewegt sie sich zu Tils Playlist. Gleichzeitig schwingt sie den Kochlöffel gefährlich in ihrer Hand hin und her. Die halbe Küche ist bereits voller Teig. Es erschien als eine gute Idee Muffins zu backen, aber es gibt einen Haken. Die beste in der Küche von uns ist Lisa, welche den Teig statt zu rühren auf der Arbeitsfläche verteilt.

Amüsiert beobachte ich das Musik untermalte Spektakel auf einem sicheren Platz am Tisch. Neben mir Piere und Melina, die sich liebkosend in den Armen liegen. Gegenüber Til, der angespannt auf sein Handy starrt. Ich frage mich, wer ihn in letzter Zeit so anspannt, frage ihn aber nicht. "Das werden die besten Muffins aller Zeiten", verkündet Lisa lautstark. Ihre fröhliche Stimmung ist ansteckend.

"Das wollen wir auch hoffen", entgegnet Piere, bevor er sich wieder seiner Freundin widmet. Nach einer halben Stunde landen überraschenderweise wirklich ein Blech Muffins im Ofen. Während die Muffins im Ofen sind, beginnen wir schon einmal die Küche aufzuräumen. Das heißt, Lisa und ich räumen auf.

Piere und Melina hängen wie zusammengeklebt aneinander und Til wird von seinem Handy voll und ganz in Anspruch genommen. "Was ist eigentlich los mit ihm? In letzter Zeit ist er so anders." Ich kann Lisas Frage nicht beantworten, da ich ebenfalls unwissend bin.

Nachdem das extravagante Kinofutter fertig, und die Küche wieder sauber ist, leisten wir uns alle eine halbstündige Debatte welcher Film zuerst geschaut werden soll. Irgendwann gebe ich auf, sowie Melina. Aber Piere und Lisa geben sich nicht geschlagen. Dickköpfe. Til verließ den Saal. Er kommt wieder, wie er meint, wenn ein Film ausgesucht worden ist.

Schließlich kommt zwischen den beiden eine Einigung zustande. Der Filmabend kann beginnen! Aber Til bleibt fort, auch nachdem wir ihn gerufen haben. Jeder von uns macht sich Sorgen, traut sich aber nicht etwas zu sagen oder zu tun. Er braucht einfach Zeit für sich. Die Muffins landen erschreckend schnell in unseren Mägen.

Die Zeit rennt. Ich genieße jede einzelne Sekunde. Lisa kuschelt sich schwesterlich an mich. Die beiden Turteltauben schlafen mittlerweile aneinander gekuschelt. Die Uhr schlägt zwei Uhr morgens. Zufrieden sehe ich den letzten Film zu Ende, dann schalte ich die Blechkiste aus. Anstatt auf der Couch zu schlafen, gehe ich in mein Bett. Heute war ein guter Tag.

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Wer hasst es nicht? Das Gefühl, wenn man etwas schreckliches unvermeidlich machen muss. Man weiß, es wir ein Gewitter geben und muss genau darauf zu steuern. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, als die Klingel ertönt. Er wird mich mit einem Lächeln begrüßen, unwissend, was passieren wird. Wird er wütend sein? Oder traurig? Vielleicht beides. Oder nichts davon.

Es ist absurd, aber in diesem Moment wünsche ich mir, er hätte mich ebenfalls die ganze Zeit betrogen und einen anderen geliebt. So wären wir immerhin quitt. Und ich wäre ihm egal. Die Tür öffnet sich. Sebastian winkt mich lächelnd herein. Er ist in bester Laune. Ein ziehen in meiner Brust.

"Du hast dir ein wenig Zeit gelassen. Was willst du trinken?" Im Kopf gehe ich noch einmal durch, was ich mir vorgenommen habe zu sagen. Doch aus meinem Mund kommt kein Wort. Schnell, wie bei einem Pflaster, denke ich. Sebastian reicht mit ein Wasserglas. Erst jetzt fällt mir auf, ihm nicht geantwortet zu haben. "Alles okay?", fragt er sogleich.

Seufzend stelle ich das Glas Wasser auf dem Tisch ab. "Wir müssen reden." Schon am Klang meiner Stimme ist ein Problem herauszuhören. "Okay. Über was?" Er spricht leise, schon fast vorsichtig. Für ihn ist die Welt in diesem Moment noch heil. "Über uns." Seine Schultern sacken ins sich zusammen. Er weiß, worauf ich hinaus will.

"Was stimmt nicht?" Etwas hektisches flackert in seinen Augen auf. Angst. In dem Moment wird mir klar, wie egoistisch es war mit ihm zusammen gekommen zu sein. Überhaupt mit ihm auszugehen war falsch. Man kann einen Menschen nicht gegen einen anderen ersetzen. Das war mir klar, aber dennoch habe ich es versucht. Mein schlechtes Gewissen übermannt mich. Hastig wische ich die Tränen aus dem Gesicht. "Du bist nicht er", hauche ich.

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