Kapitel 32

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Den Vormittag verbringe ich mit Malte und Jana, hauptsächlich frühstückend. Es herrscht zwischen uns stets gute Stimmung. Schon lange habe ich nicht mehr so viel gelacht.

Den Nachmittag und Abend lang muss ich arbeiten, somit unternehmen die beiden etwas mit Til. Die Zeit vergeht wie im Flug. Selbst ein zu tiefst unfreundliche Gast kann meine Laune nicht verderben.

Glücklich schaue ich ab und zu zur Küchentür und weiß, er steht dahinter. Nach meiner Schicht nimmt mich Gabi mit. Sie hat sich endlich ein Auto gekauft. Oder besser gesagt, hat sie das alte ihrer Mutter übernehmen dürfen.

Die gesamte Fahrt lang erzählt sie mir von ihnen und wie gut sie sich jetzt endlich verstehen. Es freut mich, wie glücklich sie ist.

Zu Hause treffe ich wieder auf meine Freunde, als wäre ich nie weg gewesen. Sie sitzen auf der Couch im Wohnzimmer, sehen Filme und albern herum. Nur einer fehlt mal wieder. "Wo ist Til?", frage ich sogleich.

Malte sieht auf. Lässig zuckt er mit den Schultern. "Keine Ahnung. Er hat sich vor Stunden abgeseilt. Meinte, er müsse dringend wohin." Sorge steigt augenblicklich in mir auf. Was ist nur los mit ihm? Doch Jana lässt nicht zu, dass ich, wie schon so oft, in meinen sorgenvollen Gedanken versinke.

Sie werden ein tiefes schwarzes Loch hinterlassen, wenn sie wieder fahren. Deshalb versuche ich so viel Zeit, wie möglich herauszuschlagen. Die Filmenacht schenkt uns einen Haufen von Möglichkeiten einen Lachanfall zu bekommen. Zufrieden schlafe ich in der Mitte meiner besten Freunde ein.

Doch nichts währt ewig. Keine Filmenacht, kein lustiger Moment, keine Sekunde lang kann man die Zeit anhalten. Alles vergeht, für manche zu schnell, für andere zu langsam. Am nächsten Morgen müssen Malte und Jana uns schon wieder verlassen. Ihr Leben in Berlin wartet.

Ich erdrücke Malte beinahe mit meiner innigen Umarmung. Auch Jana nehme ich herzlich in den Arm, bevor sie in ihr kleines Auto steigen und davon fahren. Bis sie um die Ecke biegen, bleibe ich stehen und sehe wie sie davon fahren.

Die Tatsache, dass sie wieder kommen werden, nimmt ein wenig den Abschiedsschmerz. Die Wohnung ist leise. So, wie vorher. Die beiden waren wie ein Wirbelwind, der kurz alles aufgewühlt und dann liegen gelassen hat. Kurz, aber turbulent.

Dieses Gefühl begleitet mich auch die nächsten Tage. Ich gehe meinen gewohnten Gang, mit der Erinnerung an diese paar Tage. Til verschwindet oft, kommt erst spät nach Hause und isst wenig. Jedes Mal, wenn ich nachfrage, antwortet er nicht darauf. Mit der Zeit habe ich es aufgegeben.

Meine Zeit widme ich größtenteils Thomas und der Uni. Er kocht für mich, hilft mir beim Lernen und ist einfach für mich da. Mein Magen zieht sich zusammen, bei dem Gedanken, das alles schon vor vier Jahren gehabt haben zu können. Aber es sollte damals wohl nicht sein. Vielleicht ist es ja auch besser so. Er war wohl nicht bereit, und wer weiß, ob ich wirklich bereit war.

Thomas' Atem hängt wohlig in meinem Nacken, während ich mir den Lernstoff für meinen nächsten Kurs einpräge. Er hält mich liebevoll in Arm, im Hintergrund das Gerede von Fernsehmoderatoren.

"Lion?" Ich lese den letzten Satz zu Ende. "Hm?" Er streicht über meinen Unterarm. "Sophie kommt mich nächste Woche besuchen. Vielleicht willst du auch kommen?" Seine Stimme zittert ein wenig. Lächelnd schmiege ich mich an ihn. "Gerne."

Thomas küsst mich behutsam auf die Wange, doch das reicht mir nicht. Ich flacke die Unterlagen auf den Couchtisch und setze mich ritlings auf seinen Schoß. Seine Augen verfolgen jede Bewegung. Hastig treffen meine Lippen auf seine. Mit den Händen umfasste ich sein Gesicht, um ihn näher zu mir zu ziehen. Ich will seine Nähe. Ich brauche seine Nähe.

Er erwidert mein Handeln mit der gleichen Menge an Gier. Zwischen uns baut sich eine enorme Hitze auf. "Thomas, ich will dich", hauche ich an seinen Lippen.

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