2. Kapitel

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Den Sonntag verbrachten wir in der Stadt. Abends fuhr Grace mich dann wieder zurück zur Icestorm High. Dort wartete Nelly schon auf mich. Sie saß an ihrem Schreibtisch, ausnahmsweise mal in Menschengestalt, und las ein Buch.

„Hey!“, rief sie, als ich die Tür öffnete und sprang auf. „Na, wie war dein Wochenende?“, fragte ich sie dann und meine Bengaltigerfreundin fing an zu erzählen wie ein Wasserfall. „Erst waren wir Skifahren, das ist furchtbar lustig, musst du auch mal probieren...“, plapperte sie. Ich hörte aufmerksam zu und packte nebenbei meine frischgewaschenen Klamotten wieder in meinen Schrank.

„Und was hast du gemacht?“, fragte Nelly dann. „Oh, ich war bei Grace“, fing nun ich an zu erzählen.

Als ich dann alles erzählt hatte, ließ Nelly ihr Tiersprachenbuch über den Boden in meine Richtung schlittern. „Fragst du mich bitte schnell einmal ab?“, fragte sie und ich nickte.

Kurz darauf waren wir damit beschäftigt Mäuselaute von uns zu geben und gegenseitig in der Aussprache zu korrigieren.

„Du bist voll gut in Tiersprachen! Dass will ich auch so können!“, meinte Nelly irgendwann und sah mich neidisch an. Ich lachte nur auf: „Dafür möchte ich aber so gut Verwandlungen können wie du“, sagte ich.

Dann mussten wir lachen und übten anschließend noch Teilverwandlungen, die wir zur Zeit in Verwandlung durchnahmen. Mittlerweile wurde der Schwindel weniger und es war schon einige Zeit her, dass ich die Verwandlung deshalb abbrechen musste. Darüber war ich sehr froh.

Später gingen wir schlafen und ich freute mich schon ein bisschen auf die Zwischenprüfung. Danach durften wir Lernexpeditionen mitmachen. Ich war sehr aufgeregt, wie das wohl sein würde.

Am nächsten Morgen in der Cafeteria trafen Nelly und ich ein anscheinend neu angekommenes Mädchen. Sie war klein und dünn. Ihre blonden Haare hatte sie offen gelassen. Sie sah sich schüchtern um. Irgendwie tat sie mir leid. Schnell murmelte ich Nelly zu: „Geh schon mal vor, ich komm dann nach.“ Sie nickte nur kurz und machte sich dann auf den Weg.

Dann machte ich mich auf den Weg zu dem blondhaarigen Mädchen, sie hatte mich anscheinend auch bemerkt und sah mich an. „Hey, bist du neu hier?“, fragte ich sie und bekam ein fast unmerkliches Nicken als Antwort. „Ich bin Ayla. Wie heißt du?“, fragte ich interessiert und musterte sie schnell. Sie trug eine lange Hose und einen türkisen Hoodie, obwohl es mittlerweile nicht mehr so kalt war. „Annabelle“, meinte sie leise. „Schneehase“, beeilte sie sich noch, ohne weiteren Kontext, hinzuzufügen. „Löwe, komm, wir holen uns was zu essen", meinte ich zu ihr.

Ich lief vor in Richtung Essensausgabe und Annabelle blieb dicht hinter mir. Schnell hatten wir uns von Robert Jacobsen, dem neuen Koch der Schule, jeweils ein Brötchen geholt.

Danach gingen wir zu Lea, Nelly und Liam, die bereits an einem Tisch saßen und ihr Frühstück aßen. Sie sahen mich fragend und neugierig an, als ich mich mit Annabelle zu ihnen gesellte. „Hey“, sagte Lea nett und wollte natürlich auch gleich wissen, wie Annabelle hieß und welche Zweitgestalt sie hatte.

Annabelle warf mir immer wieder flüchtige, fast hilflose Blicke zu. „Ach, das sind meine Freunde, Lea, Nelly und Liam. Lea ist ein Schneeleopard, Nelly ein Bengaltiger und Liam ein Polarwolf“, stellte ich kurz meine Freunde vor und deutete auf sie. Annabelle lächelte leicht und fing an, ihr Brötchen zu essen. Ich tat es ihr nach und kurz darauf machten wir uns auch schon wieder auf den Weg zum Verwandlungsraum.

„Hast du jemanden, mit dem du dein Zimmer teilst?“, fragte ich Annabelle auf dem Weg und sie schüttelte nur rasch den Kopf. Sie war sehr zurückhaltend und vorsichtig, was ich aber auch verstand, wenn ich daran dachte, dass sie ein Schneehase inmitten von Raubtieren war.

»𝔽·𝕣·𝕠·𝕤·𝕥•𝕎·𝕒·𝕝·𝕜·𝕖·𝕣·𝕤•𝟚«Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt