27. Kapitel

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Bis es ganz dunkel war, blieb ich wach. Als auch das letzte Licht im Haus aus war, stand ich langsam auf und humpelte im Käfig herum. Ich sah recht wenig, aber ich sah gerade noch genug, um nach möglichen Schwachstellen zu suchen. Ich ging bis zu dem vorderen Gitter und stubste mit der Vorderpfote dagegen. Fest, keine Bewegung, nicht mal im geringsten. Ich ging weiter am Gitter entlang, meinen schmerzenden Fuß so gut es ging ignorierend.

An der Ecke der Käfigs angekommen wiederholte ich meinen Pfote-gegen-Gitter-stubsen-Vorgang kam aber zum selben Ergebnis. Ich ging weiter. Die hintere Seite wackelte minimal, aber auch nur ganz wenig, also nicht genug, um als Hilfe durch zu gehen. Die letzte Seite wackelte so wenig wie die erste und so machte ich mich weiter auf die Suche nach anderen Möglichkeiten, zu fliehen. Das Drehding, mit dem ich mein Essen bekam war auch fest und auch die Tür, durch die ich hier hereingelangt war, war fest. Bis zur Decke kam ich nicht, also ließ ich sie weg, sie sah sowieso nicht gerade lockerer aus, als die Seiten. Auch am Boden fand ich nichts und so legte ich mich bald wieder auf dem Boden. Nein, auch hier war alles sicher. Alles war fest. Ich hatte keine Chance. Traurig schloss ich die Augen. Nie würde ich fliehen können, es gab einfach keine Chance. Keine Chance auf Hilfe, keine Chance mich selbst zu retten, keine Chance auf irgendeine Besserung. Alles würde so bleiben, wie es war. Ich wurde hier sitzen und warten. Carter und Avery würden über mich lachen und Spaß haben und ich wurde nicht wissen, wie es meinen Freunden ging. Ich wurde nicht wissen, wie es meiner Familie ging. Obwohl ich sowieso nie erfahren werde, wie es meiner echten Familie ging. Ich würde es nie erfahren, ich würde nie irgendetwas über sie erfahren. Ich würde nie erfahren, ob sie überhaupt noch in Südamerika waren, oder schon ganz wo anders. Irgendwie interressierte mich das mehr, als es eigentlich sollte. Mich sollte meine leibliche Familie eigentlich nicht interressieren, oder wenigstens so wenig, wie ich sie interressierte, obwohl beides aufs gleiche herauslief. Ich interressierte sie nicht und sie interressierten mich nicht. Wann wurde das meinem Kopf endlich klar? Wann wurde mir das endlich klar? Ich seufzte. Diese Fragen wurde ich mir wahrscheinlich noch mein ganzes Leben stellen.

Langsam wurde ich müde und schlief ein. Am nächsten Morgen lag alles verlassen da und die Sonne war auch noch nicht zu sehen. Ich schloss die Augen wieder und schlief auch sofort wieder ein. Geweckt wurde ich von ein paar Sonnenstrahlen, die mich blendeten und irgendwie fühlte ich mich, als hatte ich dieses Gefühl schon oft gehabt. Konnte mich aber nicht erinnern wann. Ich schlief doch immer mit zugezogenen Gardinen, in meinem Bett! Ich endschied, dass mir das nur so vorkam, obwohl mir irgendetwas sagte, dass das gar nicht stimmte. Ich kannte das. Irgendwann kam ich drauf und wünschte mir, mir wäre das nicht eingefallen. Es konnte sein, dass ich das von der Zeit kannte, in der ich in Südafrika gelebt hatte. Es war sogar sehr wahrscheinlich. Mein Herz krampfte sich zusammen bei dem Gedanken. Als Mensch wären mir jetzt die Augen feucht geworden. Wie immer, wenn ich mich an meine echte Familie erinnerte. Schnell schob ich den Gedanken beiseite. Nicht daran denken, ich dachte in letzter Zeit sowieso schon zu viel darüber nach.

»𝔽·𝕣·𝕠·𝕤·𝕥•𝕎·𝕒·𝕝·𝕜·𝕖·𝕣·𝕤•𝟚«Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt