20. Kapitel

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Lange musste ich so da gelegen haben. Denn ich merkte, dass es langsam immer dunkler wurde und ich immer weniger sah. Irgendwann schloss ich dann die Augen und glitt in einen unruhigen, traumlosen Schlaf.

Als ich die Augen aufschlug, war es bereits hell draußen und auch Momo und Bella waren bereits wach. Irgendwie hätte ich in diesem Moment gerne gewusst, wie spät es schon war. Leider gab es aber keine Möglichkeit, das herauszufinden und auch keine, jemanden zu fragen. Widerwillig stand ich auf, lief zu dem Eimer und trank ein bisschen. Ich musste meine Kräfte sparen.

Ich legte mich wieder hin und driftete in dunkle Gedanken ab. Später bekam ich etwas zu essen und das war auch schon alles, was an dem Tag passierte. Ich hatte den ganzen Tag über nichts gesagt. Nicht ein Wort. Nicht einmal gefaucht hatte ich, als Andy mir das Fleisch gegeben hatte. Momo und Bella hatten auch nichts gesagt, oder nicht, dass ich es gehört hätte. Zwei weitere Tage verliefen ähnlich. Aufstehen, nachdenken, fressen, nachdenken, schlafen. Ich wusste schon gar nicht mehr, wie lange ich schon hier war. Gefühlt waren es schon Monate, es konnte aber auch genau so gut nur eine Woche gewesen sein. Ich hatte überhaupt keinen Plan, wie lange ich das noch aushielt, aber das war sowieso gar nicht überlegenswert, da ich wusste, dass ich mich nicht alleine befreien konnte und alles sowieso darauf hinaus lief, dass wir auf Hilfe warten mussten. Eigentlich das, was wir schon die ganze Zeit machten. Warten. Warten, dass uns jemand zur Hilfe kam. Warten, dass wir die Idee bekamen, die uns befreite. Warten, dass etwas passierte.

Es war nun schon der vierte Tag angebrochen, am dem ich noch nicht geredet hatte. Aber war das überhaupt wichtig? Ob ich redete oder nicht? Ich brauchte auf jeden Fall eine Beschäftigung und diese war nun einmal jetzt, die Tage zu zählen, an denen ich nichts sagte.

Gerade saß ich, so wie in den letzten Tagen immer, in der Mitte meines Käfigs und starrte nachdenklich nach draußen. Dunkle Gedanken kreisten in meinem Kopf. Als plötzlich jemand in meinem Kopf sagte: Ayla. Das geht so nicht weiter. Jetzt hörte ich, dass Bella das gesagt hatte, nahm meinen Kopf etwas hoch und sah ihr in die Augen. Schon drei Tage lang machst du das, jetzt fang nicht noch den vierten an, meinte sie besorgt. Ich sagte nichts. Ich war nicht in der Stimmung, obwohl ich bezweifelte, dass ich jemals wieder so richtig in der Stimmung zu reden sein würde.

Komm, denk mal positiv. Bestimmt kommt bald jemand, der uns hier herausholt. Bestimmt bekommen wir bald Hilfe, sagte sie wieder und langsam nervte sie mich. Wieder begann sie, zu versuchen, mich mit ihrem alles-wird-gut-Gerede aufzumuntern. Müsste sie nicht eigentlich schon verstanden haben, dass das nicht funktionierte? Ayla, jetzt sag doch was. Du redest schon seit Tagen nicht, meinte Bella wieder. Jetzt reichte es mir. Lass mich in Ruhe, fauchte ich sie gedanklich an. Und bemerkte erst, als ich das gesagt hatte, dass ich jetzt von vorne anfangen müsste, mit meiner ich-habe-so-und-so-viele-Tage-nichts-gesagt-Liste. Das ärgerte mich jetzt so, dass ich Bella ganz vergaß. Was war ein Schneehase schon gegen die Tage, die man am Stück nichts gesagt hatte?

Och Ayla. Du musst positiv sein!, sagte Bella und ich erschrak augenblicklich. Dann fasste ich mich wieder und meinte nur: Ich werde gottverdammt nochmal verkauft! Da kann man nicht positiv denken! Das geht einfach nicht! Verstehst du? Zum Ende hin schrie ich fast und Bella sah mich ängstlich an.

Wovor hatte sie denn Angst? Hatte ich das etwa so laut gesagt? Ich konnte sie von hier doch schlecht zerfetzen, wobei ich das sowieso nicht einmal gemacht hätte, würde sie neben mir sitzen. Egal, ich fokussierte mich wieder auf mich selbst und drehte mich weg. Nichts wird gut werden, Bella, nichts. Nicht für mich, sagte ich noch, während ich mich umdrehte.

»𝔽·𝕣·𝕠·𝕤·𝕥•𝕎·𝕒·𝕝·𝕜·𝕖·𝕣·𝕤•𝟚«Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt