23. Kapitel

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Als ich zögerlich die Augen wieder aufschlug, sah ich nichts. Alles war wie vorher, unter mir hörte ich einen Motor arbeiten und der Geruch von Diesel war auch noch da. Ich lag eingequetscht an der hinteren Wand der Kiste. Langsam versuchte ich mich zu strecken, kam aber schnell zu dem Ergebnis, dass ich das lieber lassen sollte. Aufmerksam lauschte ich, vielleicht bemerkte ich irgendwas, was mir helfen könnte. Leider blieb es bei Dunkelheit, Dieselgeruch und dem leisen Geräusch des Motors.

Lange fuhren wir so, bis wir plötzlich auf einer Schotterstraße waren. Ich wurde hoch- und heruntergerüttelt, bis mir schlecht war. Irgendwann blieb das Auto dann stehen und ich hörte eine Autotür zuknallen, nachdem der Motor verstummt war. Dann hörte ich, wie jemand jemanden begrüßte: „Avery! Dein Geschenk ist da!“, erkannte ich die Stimme des Blondhaarigen. Dann meldete sich aber eine mir bisher unbekannte Stimme: „Carter! Bitte, fahr nie wieder so lange ohne mich weg, ja?“ Diese Stimme war zart, mit einem besorgten, aber bestimmten Unterton. Anscheinend hieß der Blonde Carter. Aber wem gehörte die zweite Stimme? Der Frau von Carter? Seiner Freundin vielleicht? Er hatte etwas von einem Geschenk gesagt. Was meinte er damit? Hatte er noch etwas mitgenommen, außer mich? Erst jetzt dämmerte es mir. Er meinte mich. Ich war das Geschenk. Irgendwie hoffte ich, dass ich ihr so gar nicht gefiel.

Kurz darauf hörte ich wieder die unbekannte Stimme, die Avery gehören müsste: „Jetzt komm, zeig es mir endlich!“ - „Alles gut, beruhige dich doch einfach. Es ist nur etwas groß und schwer, aber ich glaube es gefällt dir“, sagte jetzt Carter. Kurz darauf, hörte ich ein ohrenbetäubendes Kreischen. Was? Hä, warum schrie jemand? „Oh, was ist da drin?! Was ist da drin?“, rief Avery. Wahrscheinlich war sie es gewesen, die geschrien hatte. Vor Freude. Es hatte sich eigentlich eher danach angehört, als hätte jemand ihr gesagt, er wolle höchstpersönlich ihren Kopf abreißen. Aber daran würde ich wahrscheinlich gewöhnen, wenn ich wirklich ihr Geschenk war.

Ich merkte, wie jemand die Kiste anhob, keine Ahnung wie, und vom Auto trug. Irgendwann wurde die Kiste auch wieder abgestellt und dann wurde die Klappe geöffnet. Tageslicht strömte in die dunkle Kiste und blendete mich. „Jetzt komm raus, du...“, rief Carter verärgert. Ich war ja auch neugierig, was dort auf mich wartete, aber trotzdem fand ich es hier drin irgendwie sicherer.

Bald aber überwand ich mich und trat heraus. Ich stand wieder in einem Käfig, der etwas größer war als der bei den Wilderern. Aber auch nur ein kleines bisschen. Wieder ertönte ein lauter Schrei. „Du hast es wirklich getan! Du hast es getan!“, rief Avery. Ich drehte den Kopf in ihre Richtung und sah ihr in die Augen. Langsam humpelte ich in ihre Richtung, immer noch in ihre Augen schauend. Sie verstummte und betrachtete mich noch einmal. Als ich an den Stäben angekommen war, blieb ich stehen und sah sie weiter an. Ihre blonden Haare hingen einfach herunter und ihr Gesicht war nicht gerade das schönste. Auf ihren Lippen lag ein Lächeln, verdammt ich gefiel ihr! Neben ihr stand Carter, ebenfalls mit einem Lächeln im Gesicht. Aber nicht ein glückliches Lächeln, nein es war bösartig. Fast schon schadenfroh.  Wie die Jungs an meiner alten Highschool, wenn jemand hingefallen war und sich dabei wehtat. Sofort wurde ich traurig. Mir wäre sogar meine alte Highschool lieber, als das hier. Mir wäre alles lieber als das hier.

Noch immer sah ich Avery in die Augen, aber jetzt drehte ich mich weg. Ich brauchte etwas ruhe, etwas Zeit für mich.

»𝔽·𝕣·𝕠·𝕤·𝕥•𝕎·𝕒·𝕝·𝕜·𝕖·𝕣·𝕤•𝟚«Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt