5. Kapitel

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Am nächsten Morgen in der Cafeteria kam Annabelle wieder zu uns und ihr Gesicht zierte ein breites Lächeln. „Annabelle, dürfen wir dich eigentlich auch Bella nennen? Weil Annabelle so lang ist“, fragte ich sie. Sie hielt kurz inne, meinte dann aber „Ja klar“ - „Also, Bella, verstehst du dich noch mit Violett?“, fragte Lea, anscheinend nur, um ein Gespräch in Gang zu bringen. Bella nickte. „Klar, warum sollten wir denn nicht mehr?“, fragte sie etwas verunsichert. „Nur so“, meinte Lea und schaute ihr Spiegelei an.

Es folgte eine kurze Stille, die aber von Liam unterbrochen wurde: „Habt ihr eigentlich auch schon gehört, dass Wilderer in der Gegend sein sollen?“ - „Nein! Wirklich?“, fragte ich überrascht. Denn wenn es wirklich wahr war, dann musste ich ein bisschen auf der Hut sein. Ein weißer Löwe wäre bestimmt ein besonderes Schmuckstück.

„Das ist ja schrecklich!“, rief Nelly plötzlich und ich zuckte kurz zusammen. „Wenn jemand von uns dann mal in zweiter Gestalt unterwegs ist, ist derjenige ja immer in Gefahr, besonders...“, dann stoppte Nelly. Ihr Blick war auf mich gefallen. Sie hatte recht. Ich war besonders in Gefahr.

Wieder schwiegen wir. Alle dachten an das selbe, aber niemand traute sich, es auszusprechen. Alle sahen mich nachdenklich an und irgendwie fühlte ich mich unwohl.

„Wir müssen doch sowieso alle aufpassen. Wenn die Wilderer jetzt unbedingt einen Schneeleoparden wollen, würden sie auch einfach mich nehmen“, meinte Lea noch und versuchte damit die Situation zu retten, hatte aber keinen Erfolg. Bald darauf standen wir auf und gingen stumm zum Klassenzimmer.

Der Unterricht verlief ganz normal und so waren wir auch schnell durch. Den Nachmittag verbrachte ich auf meinem Bett und lernte. Irgendwie passte nichts mehr in meinen Kopf. Dort stand nur das Wort: Wilderer.

Ich konnte an nichts anderes denken. Verkrampft versuchte ich den Lernstoff in meinen Kopf zu bekommen, scheiterte dabei aber voll und ganz.

„Ayla?“, hörte ich eine leise, verunsicherte Stimme. Ich drehte mich um und sah, dass Bella den Kopf in unser Zimmer steckte. „Ja?“, fragte ich und bemühte mich um ein Lächeln. „Kannst du mir in Tiersprachen die Aussprache einmal zeigen?“, fragte sie. Langsam nickte ich. „Komm doch rein“, meinte jetzt Nelly, die bisher nur zugehört hatte. Bella folgte der Anweisung.

Sie trat ein und schloss vorsichtig die Tür hinter sich. Ich machte eine winkende Bewegung mit der Hand, mit der ich Bella zu mir holte. Sie steuerte auf mich zu und blieb ein paar Meter vor mir stehen. „Wo bist du denn?“, fragte ich und sie schlug die Seite mit den Mäusen auf.

„Oh, da sind wir auch gerade“, meinte ich. Ich deutete zu dem Tisch, der in unserem Zimmer einladend herumstand und so setzten wir uns zusammen auf eine der Bänke und ich fing an, Mäuselaute von mir zu geben. Bella sah mich konzentriert an.

„Verstanden?“, fragte ich sie, als ich fertig war. Sie nickte langsam. „Magst du auch mal?“, hakte ich nach und schob das Buch mehr in ihre Richtung. „Sag mir mal, ähm, dass ich noch einen schönen Tag haben soll“, sagte ich dann. Sie sah mich schüchtern an und fing dann an, piepsige Töne von sich zu geben. Als sie fertig war, lächelte ich sie an. „Fast, aber wirklich gut“, lobte ich sie und machte dann noch einmal die richtige Aussprache vor. Bella wiederholte sie und ich nickte anerkennend. „Super!“, rief ich. Dann gesellte sich noch Nelly zu uns und so gaben wir abwechselnd Piepstöne von uns. Es war sehr lustig und ich hatte richtig Spaß.

»𝔽·𝕣·𝕠·𝕤·𝕥•𝕎·𝕒·𝕝·𝕜·𝕖·𝕣·𝕤•𝟚«Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt