35. Kapitel

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Langsam ließ der Regen nach und ich rappelte mich wieder auf. Noch im leichten Nieselregen lief ich zielstrebig los. Ich fror mit dem durchnässten Fell und mein Hinterbein hörte nicht auf weh zu tun aber ich zwang mich weiter zu gehen. Ich durfte jetzt nicht schwach sein und aufgeben. Ich musste Essen suchen und herausfinden, wo ich war. Da konnte ich es mir nicht leisten stundenlang herumzuliegen. Ich humpelte weiter und erblickte einen Hasen, der sich seinen Weg durch den Wald suchte. Einen Moment dachte ich darüber nach, ihn zu fangen, aber ich brachte es nicht übers Herz ihn zu töten, weil ich an Bella denken musste. Er hatte mich auch schnell bemerkt und hoppelte weg.

Weiter suchte ich den Wald ab, dachte nach, ob ich im Kreis lief und machte mir Sorgen. Um mich. Ob ich es schaffen würde. Ob ich verhungern würde. Ob ich glücklich werden würde.

Es wurde immer dunkler und ich immer müder. Schließlich legte ich mich auf den, noch vom Regen feuchten, Waldboden. Um mich herum rauschten die Blätter und in weiter Ferne hörte ich einen Wolf heulen. Einen Moment dachte ich an Liam, dann aber fiel mir ein, wie unwahrscheinlich das war, dass das Liam war. Also schloss ich meine Augen und schlief ein.

Jemand rüttelte an mir. Ich drehte mich weg. Konnte man den nicht einmal in Ruhe schlafen? Wieder rüttelte jemand an mir. Ich grummelte leise, schlug aber verschlafen die Augen auf. Kaum hatte ich das getan, sah ich in die Augen eines Bären. Er hatte braunes Fell. Ich sprang auf. Hallo?, fragte ich vorsichtig. So weit mich meine Gefühle nicht täuschten, war dieser Bär ein Woodwalker. Was, du dumme Löwin?! Du bist doch die, die die Hiltons mit verjagt hat, nicht?, meinte er wütend. War das ein ehemaliger Anhänger von Jo und seiner Familie? Ja, hab ich. Warum fragst du?, gab ich schnippisch zurück. Immerhin hatten wir die Hiltons zu Recht verjagt. Großer Fehler! Dann wird das dein Ende sein. Du wirst so alles verlieren, wie ich alles verloren habe. Du wirst büßen müssen!, rief er und stellte sich auf die Hinterbeine. Erschrocken wich ich ein Stück zurück. Er wird mich angreifen und ich werde mich nicht einmal richtig wehren können!

Er fiel wieder auf alle vier Pfoten und kam immer näher. Ich wich immer mehr zurück. Auf einmal holte er mit der großen Pranke aus und bevor ich überhaupt verstand, was hier passierte, zog er mir schon seine Krallen über die Flanke. Sie fing an zu brennen. Ich raffte mich auf und holte ebenfalls aus, obwohl ich wusste, dass ich nicht die geringste Chance gegen ihn hatte. Zum einen war ich verletzt und zum anderen war er locker zwei oder fast drei mal so groß wie ich.

Ich verfehlte ihn. Wieder kam er näher und wieder traf er mich. Jetzt humpelte ich schnell ein paar Schritte nach vorne und zog ihm meine Krallen über sein Gesicht. Aber ich kam nicht durch sein Fell durch. Es war so fest und verfilzt, dass ich nicht einmal die Chance hatte, ihn in irgendeiner Weise zu verwunden. Schadenfroh sah er mich an und attackierte mich wieder.

Ich drehte mich blitzschnell um und rannte. Mein Bein interessierte mich nicht. Ich musste weg. Ich würde sterben. Hastig blickte ich mich um. Er kam immer näher. Mein Hinterbein beschwerte sich. Allmählich ging mir die Luft aus. Aber ich rannte. Ich rannte um mein Leben. Aber er verfolgte mich weiter und auf seinem Gesicht erschien ein schadenfrohes Grinsen. Er wurde seine Rache bekommen, denn ich wurde immer langsamer und quälte mich immer mehr. Ich war verloren.

»𝔽·𝕣·𝕠·𝕤·𝕥•𝕎·𝕒·𝕝·𝕜·𝕖·𝕣·𝕤•𝟚«Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt