--- Follower, oder auch Kapitel XXX

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Mittwoch, 14.07: Karla

Nachdem sich die beiden Krankenwagen mit Ivy und Sophie langsam entfernt hatten, kam Luke aus dem Gebäude gestürmt und sah gerade dabei zu, wie sein Vater und Enzo abgeführt wurden. "Wer hat die Polizei gerufen?", schrie er mit hochrotem Kopf. Es war das erste Mal, dass ich ihn weinen sah. 

Als er uns erblickte kam er schnaubend auf uns zu gestürmt. "Es musste sein.", erklärte Silas vorsichtig, doch Luke hörte ihm nicht zu. Er holte aus und schlug Silas mit der Faust ins Gesicht. Diesem war deutlich anzumerken, welche Schmerzen er hatte, doch er gab keinen Laut von sich. 

Wieder holte Luke aus, aber Silas war schneller und verpasste ihm einen kräftigen Tritt ins Schienbein. Luke jaulte auf und humpelte ein Stück zurück. Direkt in die Arme eines Polizisten: "Du bist Luke Kaminski?" "Ja", stöhnte er. "Du kommst jetzt erstmal mit in den Wagen. Wir haben auf der Wache eine sehr nette Psychologin. Sie wird dir erklären, wie es weiter geht." 

"Aber ich will das nicht", brüllte Luke und befreite sich aus dem Griff des Polizisten, "ich will zu meinem Vater! Lasst mich zu meinem Vater!" "Das geht leider nicht", erwiderte der Mann vorsichtig und griff wieder nach Lukes Arm, "ich verstehe, dass das alles nicht leicht ist für dich. Wir finden auf der Wache gemeinsam eine Lösung. Es ist besser, du steigst freiwillig ein. Sonst muss ich dir Handschellen anlegen." 

Luke gab nach und ließ sich niedergeschlagen zum Wagen bringen. Jetzt tat er mir endgültig leid. Er wirkte so hilflos und verloren. Als die er die Autotür geschlossen hatte, kam der Polizist noch einmal zu uns zurück. "Wer von euch beiden hat denn die Polizei verständigt?", fragte er und wischte sich den Schweiß von der Stirn. "Ich, Silas", gab mein Freund zurück.

"Okay, Silas. Das hast du sehr gut gemacht. Traut ihr euch zu, schon morgen zu einer Befragung ins Präsidium zu kommen?" "Ich würde jetzt ehrlich gesagt gerne nach Hause.", erwiderte ich. Ich hatte alles, was in den letzten Stunden passiert war noch längst nicht verarbeitet. "Klar, wir bringen euch jetzt alle erstmal nach Hause.", versicherte der Polizist uns.

"Luke und ich wohnen aber in Mühlenbach", erklärte ich auf dem Weg zum Auto. "Luke wird die Nacht erstmal auf der Polizeiwache verbringen, bis wir geklärt haben, wer hier wie in den Fall verstrickt ist. Das Ganze ist für ihn erstmal schwer zu verarbeiten. Es ist nicht leicht, wenn die eigenen Eltern verhaftet werden." "Klar, das verstehe ich.", fügte ich eilig hinzu. 

"Eure Adressen könnt ihr mir auf der Fahrt geben." Silas und ich kletterten auf die Rücksitze und der Polizist setzte sich ans Steuer. Bevor er losfuhr, ließ er die anderen Polizeiwagen geduldig vorbei. Es waren insgesamt drei Stück. Ich fragte mich gerade, wie es wohl für Luke weiter gehen würde, da bemerkte ich, dass Silas auch nicht gerade glücklich aussah. "Was ist los?", fragte ich und betrachtete besorgt die Falten auf seiner Stirn. Die Falten, die er immer hatte, wenn es ihm gerade schlecht ging.

"Ach, alles okay. Hab nur keinen Bock auf Zuhause.", erwiderte er knapp. "Oh", ich zog mitleidig einen Mundwinkel hoch, "das kann ich verstehen. Willst du die Nacht lieber bei uns verbringen? Dass du alles noch verarbeiten kannst?" "Ne, ne. Ist schon gut. Ich kenne das ja.", er schenkte mir ein schwaches Lächeln. "Aber sag bitte ehrlich, ja? Das ist kein Problem.", meinte ich. "Danke, ich komm wirklich klar."

"So, die Dame, der Herr. Jetzt könnt ihr mir bitte eure Adressen durchgeben." 

Wir fuhren eine Weile, dann hatten wir die Hochhaussiedlung erreicht, in der Silas wohnte. Am Tor zum Spielplatz hingen ein paar Männer, die vor lauter Bier schon gefährlich schwankten. "Dann auf Wiedersehen.", sagte Silas und öffnete die Autotür. "Ich begleite dich", schlug der Polizist vor, "dann kann ich deinen Eltern auch gleich ein paar Dinge erklären." 

100.000 LikesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt