--- Follower, oder auch Kapitel XXV

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Mittwoch, 14.07: Karla

Als wir das Café Paris betraten fühlte ich mich, als wäre ich soeben in eine andere Welt eingetaucht. Aus den Lautsprechern drang leise Jazzmusik und die an der Decke angebrachten Ventilatoren verteilten eine angenehm kühle Luft in dem kleinen Bistro. 

Es war das absolute Gegenteil von der lauten und wuseligen Fußgängerzone, durch die wir uns gerade eben noch gekämpft hatten. Nachdem ich erstmal fasziniert das große Gemälde an der gegenüberliegenden Wand betrachtet hatte, begann ich, nach Jo Ausschau zu halten, was bei den vielen engen und verwinkelten Gängen gar nicht so leicht war. Auch Silas sah inmitten des recht gut besuchten Cafés ziemlich verloren aus. 

Ich fragte mich, wie Jo wohl in Wirklichkeit aussah. Auf den zwei Videos, die wir uns gestern gezwungenermaßen noch angeschaut hatten, nachdem uns seine Managerin vorgeschlagen hatte, dass wir uns schon heute um elf Uhr mit ihm im Café Paris treffen konnten, hatte er ziemlich austauschbar ausgesehen. So wie etwa jeder zweite Junge auf meiner Schule. Knalliges T- Shirt, Brustbeutel und raspelkurze, braune Haare. Hoffentlich würden wir ihn überhaupt wieder erkennen. 

Als wir eine Weile ziemlich planlos durch das Café geirrt waren, tippte mich Silas plötzlich an und deutete auf einen Tisch, der am anderen Ende des Raumes stand. Dort saß ein in eine rote Sweatjacke gekleideter Junge und starrte auf sein Smartphone. 

"Das ist er, oder?", zischte Silas. "Ich denke, ja.", erwiderte ich. Nervös zupfte ich die blütenweiße Bluse zurecht, die mir Silas aus dem Kleiderschrank seiner Mutter heraus gesucht hatte und in der ich mich alles andere als wohl fühlte. Immerhin hatte ich mich nicht eins von den vielen künstlichen Leopardenfell- Kleidern zwängen müssen. 

Silas selbst trug einen dunklen Blazer. Das einzige wirklich schicke Teil, das wir in dem ganzen Chaos, das in den Schränken herrschte, gefunden hatten. Irgendwie passte schick auch gar nicht so gut zu ihm. Doch mit dem Notizblock und dem daran gesteckten Kugelschreiber sah er wirklich aus, wie ein professioneller Journalist und nicht wie irgend ein Junge von der Schülerzeitung.

Erst jetzt merkte ich, wie nervös ich war. Zwar hatten wir uns gut vorbereitet und uns unzählige Fragen überlegt, die wir Jo stellen konnten, bevor wir wirklich zur Sache kommen würden, aber jetzt, wo der Moment da war, schlotterten mir die Knie. 

Es war unsere letzte Chance! Gleich würde sich entscheiden, ob meine Theorie wirklich stimmte und damit vielleicht sogar, was mit Ivy passiert war. An Silas schien all das abzuprallen. Er wartete geduldig, bis auch ich mich in Bewegung setzte und griff unauffällig nach meiner Hand. Dann blinzelte er mir aufmunternd zu. Diesmal musste es einfach klappen! 

Jo blickte erst auf, als wir nur noch wenige Meter vor ihm standen. Eilig steckte er sein Smartphone in die weite Tasche seiner Jacke und setzte ein strahlendes Milchbubi- Lächeln auf. Ich schluckte. Jetzt gab es definitiv kein Zurück mehr. 

"Äh", ich räusperte mich, "bist du Jo?" "Yeah, das bin ich. Die (Jo)hannisbeere!", lachte der Blogger. "Ja, ähm... Wir sind Sebastian und Karo.", erklärte ich. Nur um das klar zu stellen: das mit den Decknamen war Silas Idee gewesen, von der ich eigentlich immer noch nicht ganz überzeugt war, da das, meiner Meinung nach, nur unnötig Verwirrung stiftete. 

Hoffentlich würde ich mich nicht im Laufe des Interviews verplappern. "Setzt euch doch!", großzügig deutete Jo auf die beiden Stühle vor uns und wir nahmen Platz. Silas bestellte uns zwei Tassen Kakao bei einer vorbeieilenden Kellnerin.

Erst einmal wusste keiner von uns beiden so recht, was er sagen sollte. Umso verwirrter war ich, als ich bemerkte, dass Jo mir währenddessen fast ununterbrochen in die Augen blickte. "Also, erstmal danke, dass wir uns überhaupt so kurzfristig mit dir treffen konnten", rettete mich Silas, "du musst wissen, Karl...äh Karo und ich sind etwas aufgeregt, dich jetzt endlich in echt zu sehen." 

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