9010 Follower, oder auch Kapitel XI

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Dienstag, 06.07: Karla

"Das war der Hammer, Marta!", rief Alessia und legte den Arm um die Meerjungfrau, die nur schüchtern lächelte, an ihrer Strähne herumspielte, und noch blasser wurde. 

"Ehrlich!", bestätigte ich den Fuchs und strahlte Marta aufmunternd an. Ohne ihre Hilfe hätten wir es niemals geschafft, die Fotorallye in nur zwei Stunden und dreiunddreißig Minuten abzuschließen und dabei vermutlich noch gestochen scharfe Fotos gemacht zu haben. 

Jeder von uns hatte gestaunt, was für eine ruhige Hand sie hatte, und wie aufmerksam sie war, wo sie doch sonst so schüchtern und unscheinbar wirte. Nachdem wir den Parkplatz erreicht hatten, stellten wir stolz fest, dass sich außer uns noch keine Gruppe hier eingetroffen hatte. Auch die Betreuer staunten nicht schlecht. 

"Seid Ihr schon fertig?", fragte Jannik. Irgendwie klang er überrascht, aber auch enttäuscht. "Ja", erwiderte Alessia und schob Marta nach vorne, die dabei aussah, wie ein schreckhaftes Kaninchen, "und das haben wir hauptsächlich Mee...äh Marta zu verdanken!" 

"Das kann doch gar nicht sein", meldete sich jetzt eine andere Betreuerin leicht patzig zu Wort, "seid Ihr sicher, dass ihr keinen Punkt übersprungen habt?" "Ganz sicher.", flüsterte Marta kaum hörbar. 

"Verflucht, wir haben die Rallye doch extra so geplant, dass niemand rechtzeitig damit fertig wird.", fluchte Jannik. "Da habt ihr wohl nicht mit uns gerechnet.", grinste Alessia. "Na schön. Dann gebt uns mal die Kamera!", forderte Ben uns auf und Gerrit überreichte ihm stolz unsere Kamera. 

"Wir hätten nicht damit gerechnet, dass Ihr so schnell fertig seid, Waschbären. Also wenn Ihr Lust habt, könnt Ihr jetzt noch machen was Ihr wollt. Aber nicht das Gelände verlassen. Das kostet Hauspunkte.", Ben zwinkerte Harry Potter zu. 

Ohne Abzuwarten zog mich Alessia vom Parkplatz hinunter und wir joggten langsam den See entlang zu unseren Zelten. "Was hast Du vor?", keuchte ich. "Das wirst Du gleich sehen.", der Fuchs lächelte geheimnisvoll. 

Kurz bevor wir das Zelt erreicht hatten, fiel mir eine Bewegung in dem kleinen Waldstück, direkt neben der Hütte auf. Im Vorbeilaufen versuchte ich zu erkennen, was da war. Tatsächlich! Mitten auf dem pieksigen Waldboden saß jemand. Ein Junge. Genauer genommen der Junge, der gestern beim Abendessen so alleine am Tisch gesessen hatte. Wo war denn der Rest seiner Gruppe? 

Ich überlegte kurz, ob ich ihn einfach sitzen lassen sollte, schließlich war es ja nicht mein Problem, aber ich beschloss, dass er irgendwie in Schwierigkeiten steckte und ich ihm helfen musste, auch wenn es sonst nicht meine Art war, einfach so auf Fremde zu zugehen. 

Kurz entschlossen löste ich meine Hand aus den Klauen des Fuchses und schlich mich mit einem knappen "Ich muss kurz was erledigen" davon. Möglichst leise versuchte ich, den kleinen Hügel hinaufzukraxeln, auf dem die Waldfläche begann. 

Als ich näher kam sah ich, dass neben dem Jungen noch eine schwarz- weiße Katze lag. Je dichter ich an die beiden heran kam, desto lauter konnte ich ihr Schnurren hören. Was sollte ich jetzt machen? 

Sollte ich einfach sagen: "Hey, ich bin Karla, hast du ein Problem?" Nein! So jemandem würde ich mich niemals anvertrauen.  Doch der Ast, auf den ich gerade unfreiwillig getreten war, und der dabei ein lautes Knacksen verursacht hatte, nahm mir die Entscheidung ab. 

Mit einem Ruck drehte sich der Junge um und starrte mich an. "Ich äh...", ich begann zu schwitzen, "ist das deine Katze?" Noch immer starrte er mich an. Seine grünen Augen funkelten genauso sehr, wie beim Abendessen. Warum achtete ich überhaupt auf seine Augen? Wie dumm von mir. 

Er schüttelte, kaum sichtbar, den Kopf. "Wem gehört sie denn dann?", wollte ich wissen. Eigentlich kannte ich die Antwort ja schon. "Keine Ahnung, ist ein Streuner.", kam zurück. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, mich hier hinauf zu schleichen. 

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