Kapitel 26

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Tag 19

Es war Freitag und der Unterricht zog sich unglaublich in die Länge. In der fünften Stunde konnte ich das Wochenende schon gar nicht mehr erwarten und zum Glück fiel die sechste Stunde aus, somit hatten wir danach aus.

„Hast du heute noch etwas vor?", fragte eine Stimme hinter mir, sehr nahe an meinem Ohr.

Ich zuckte zusammen und ließ mein Essen beinahe fallen.

Verärgert drehte ich mich um und wollte demjenigen schon irgendwelche Wörter an den Kopf werfen, doch Connors intensiver Blick ließ mich verstummen. Er sah mich an, als könnte er direkt in mein Herz und meine Seele blicken und sein Grinsen verriet mir, dass er ziemlich genau wusste, was er in mir auslöste.

Ich redete mir ein, meine Gefühle hätten nur mit unserer langen Freundschaft zu tun.

Als ich meine Stimme wieder gefasst hatte, krächzte ich: „Wofür?"

„Um die Kirche zu besichtigen."

Natürlich. Wir mussten ja noch zwei Sehenswürdigkeiten ansehen.

Ich wollte schon ganz locker nicken, dann fiel mir jedoch etwas ein: „Müssen wir den ganzen Berg hinauf wandern?!"

Er lachte. Das Lachen war tief und es gefiel mir sehr. Zu sehr.

Ich spürte wie ich rot wurde.

„Nein, wir fahren mit dem Bus hinauf.", sagte Connor immer noch lachend.

„Achso also, wenn das so ist... ich habe heute nichts mehr vor, also hätte ich logischerweise Zeit. Also ich meine natürlich habe ich Zeit, wenn ich nichts vorhab-" Ich redete so viel Blödsinn vor mir her, da ich aus irgendeinem Grund nervös geworden war, doch zum Glück unterbrach Connor mich.

„Das heißt, wir können gleich nach dem Mittagessen gehen." Damit ging er zum Tisch und ließ mich sprachlos mitten im Speisesaal stehen.

Nach dem Essen ließ Connor mir tatsächlich keine Zeit auch nur kurz in mein Zimmer zu gehen. Er meinte wir sollten gleich losfahren, da der Bus nicht besonders oft kommt und wir ihn sonst verpassen würden.

Die Fahrt zur Kirche dauerte nur eine dreiviertel Stunde.

Ich kannte das Gebäude schon, da wir mal einen Ausflug zu ihm gemacht hatten, doch ich hatte es nicht so eindrucksvoll in Erinnerung.

Als wir beim Eingang der Kirche waren, schickte ich Connor vor, da ich noch die Aussicht genießen wollte.

Ich fühlte mich so frei, wenn ich oben auf einem Berg stand und der Wind meine offenen Haare durch die Gegend wehte.

Nach einem Moment ging ich hinein um Connor zu suchen. Die Kirche war nicht besonders klein. Eigentlich war sie ziemlich groß, noch dazu, im Vergleich zu der Kirche, die es in meinem Dorf gab.

Ich fand Connor relativ schnell, doch er war auf der anderen Seite des Raumes. Mit schnellen Schritten ging ich zu ihm und als ich gerade stehenbleiben wollte und Connor sich umdrehte, musste ich ausgerechnet gegen ihn stolpern.

Zum Glück reagierte er schnell und fing mich in seine Arme auf. Zwischen uns beide hätte kein Blatt Papier mehr gepasst.

Einen Moment fühlte es sich an, als würde es keiner von uns beiden wagen sich zu bewegen in der Angst den Moment zu zerstören, doch dann drückte Connor mich hoch und trat einen Schritt zurück.

Er räusperte sich, zeigte auf den Altar, erzählte mir die Geschichte über ihn, die er irgendwo gelesen hatte und tat so als wäre nichts gewesen, doch ich vergaß den Moment nicht. Ich dachte den restlichen Tag darüber nach.

Tag (20-)21

Das gesamte Wochenende verhielt Connor sich besonders komisch. Er schien nie wirklich anwesend zu sein, wenn er überhaupt zu unserem treffen erschien. Als wir uns am Sonntagabend noch einmal verabredetet hatten, stand Connor mitten in einem Gespräch einfach auf und ging weg. Ich hatte kein gutes Gefühl dabei, da es schon ziemlich spät war, und er aus seinem eigenen Zimmer zu flüchten schien.

Nach einem kurzen Moment entschuldigte ich mich bei den anderen, stand auf und ging ebenfalls aus dem Zimmer. Ich sah gerade noch, wie Connor um die Ecke bog und ging ihm mit schnellen Schritten nach, doch er schien losgelaufen zu sein, weshalb ich ihn fast aus den Augen verlor, obwohl ich so schnell lief, wie ich konnte. Als ich in der Mitte des Hofes stand und Connor nicht mehr sehen konnte, blieb ich stehen, stützte meine Hände auf meinen Knien ab und verschnaufte kurz.

Ich mochte Sport noch nie.

Ich ging in die Richtung des Ausganges in der Hoffnung Connor wieder zu sehen.

Tatsächlich sah ich ihn, wenn man geradeaus sah einige hundert Meter entfernt auf einer Brücke stehen.

Mir war kurz absolut nicht klar, was er vorhatte, doch dann dämmerte es mir.

Das Adrenalin schoss blitzschnell in meinen Körper und ich rannte so schnell, wie ich noch nie gelaufen war.

See you later, deathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt