Kapitel 13

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Faith war zwar nett zu mir, doch ich kannte sie erst zwei Tage und da konnte ich sie nicht einfach mit meinen Problemen belasten.

Meine negativen, schuldbewussten und verzweifelten Gedanken überschlugen sich und irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und stand etwas zu schwungvoll auf. Der Sessel fiel mit einem lauten Knall um und für eine Sekunde schien es totenstill zu sein im Speisesaal. Sogar Jessy hatte von ihrem Buch aufgesehen und sah mich jetzt verwirrt an. Unzählige Augenpaare lagen auf mir und sahen mich komisch an. Nur Nate und Jessy sahen mich fragend an.

Ich wollte mich bewegen und weglaufen, doch meine Beine waren wie festgefroren. Ganz leicht schüttelte ich meinen Kopf um zu testen, ob ich noch Kontrolle über meinen Körper hatte, dann hob ich blitzschnell meinen Sessel wieder aufnahm meine Sachen und verließ in Eilschritt den Raum.

Als ich am Gang war und etwas langsamer wurde hörte ich laufende Schritte hinter mir. Faith war mir gefolgt.

Erstaunt blieb ich stehen und sah sie fragend an. Faith lief zu mir und blieb dann keuchend stehen.

„Was ist denn los?", fragte sie mich stockend.

Erstaunt sah ich sie an. Hätte ich so etwas wie jetzt früher getan, hätten mich alle nur komisch angesehen und mich anschließend einfach ignoriert. Niemals wäre mir damals einer meiner sogenannten „Freunde" hinterhergelaufen nur um zu sehen, ob alles gut war.

Ein großer Kloß hatte sich in meinem Hals gebildet und ich brauchte einen Moment, bis ich ihr antworten konnte.

„Ich...", fing ich an und räusperte mich. „Mir geht's gut danke. Du solltest wieder hinein gehen, ich wollte euch nicht das Abendessen verderben.

In ihrem Blick änderte sich etwas. „Hör auf dich dafür zu entschuldigen, es kann jedem einmal schlecht gehen.", sagte sie streng.

Verlegen sah ich auf meine Schuhspitzen.

„Ich weiß, wir kennen uns erst seit zwei Tagen, aber willst du mir erzählen was los ist?", fragte sie nach einer Weile sanft.

Wäre es etwas Normales gewesen, hätte ich es ihr vielleicht sogar erzählt. Doch ich konnte schlecht sagen: Ich bin so traurig, weil ich eigentlich tot bin und mein damaliger bester Freund und meine Schwester nicht wissen wer ich bin.

Kommt sehr glaubwürdig rüber.

Ich wunderte mich zum wiederholten Mal, warum sie so nett war zu mir. Selbst wenn Brooke wirklich existieren würde, wäre eine richtige Freundschaft mit irgendjemanden hier auf lange Sicht nicht möglich. Ich oder sie ist nur für zwei Monate da. Nur eine Austauschschülerin.

Zwischen mir und Faith blieb es eine Weile still, dann traute ich mich endlich aufzusehen und blickte direkt in ihre Augen.

Ganz leicht schüttelte ich den Kopf und flüsterte: „Du musst wirklich nicht so tun als ob du mich mögen würdest, nur, weil du Mitleid hast. Spar dir das für jemanden anderen auf."

Das war nicht das, was ich sagen wollte. Ich wollte ihr Angebot entschuldigend ablehnen, doch aus meinem Mund kam etwas ganz anderes.

Die Worte kamen aus meinem verbitterten Selbst. Ein Teil von mir war jedem Gegenüber misstrauisch. Ein Teil von mir wollte wirklich glauben, dass ich niemandem vertrauen kann und jeder nur was mit mir zu tun haben will, weil er entweder mit mir Mitleid hat, oder an meinem Geld interessiert ist.

Egal wie oft ich mir selber sagte, dass ich kein Geld mehr besaß, ich konnte nicht aufhören so zu denken. Niemand konnte dieses Vertrauen in mir wiederaufbauen, was ich verloren hatte. Ich war nur mehr ein Haufen Scherben, den man zwar versuche konnte zusammenzukleben, doch ich würde niemals jemandem neues richtig vertrauen können.

Die einzigen Menschen denen ich je vertraut hatte waren Bridget und Connor. Nicht mal meinen Eltern. Sie waren fast nie zuhause. Wenn sie allerdings einmal zuhause waren, betrank sich mein Vater mit seinen Freunden und meine Mutter hatte sich immer nur über irgendetwas aufgeregt. Über meine unverschämte Kleidung, mein unverschämtes Verhalten oder zur Abwechslung bei unseren Angestellten über einen Staubfussel. Im Grunde hatte ich Bridget alleine mit unseren Angestellten erzogen.

Überrascht sah mich Faith an. Dann wich ihrem Blick etwas anderes. Ich konnte nicht genau sagen was es war, doch es sah aus wie eine Mischung aus Mitleid und Enttäuschung.

Das ließ Wut und Frustration in mir aufsteigen. Überfordert von meinen Gefühlen drehte ich mich um und wollte in mein Zimmer laufen. Doch am Weg dorthin wurde mir klar, dass ich absolut keine Lust auf Gesellschaft hatte. Nicht jetzt und auch nicht in einer Stunde.

See you later, deathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt