Offene Worte

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Meine Hand brannte fürchterlich...Ich wusste sofort, dass etwas nicht stimmte. Irgendwie musste ich empfindlich auf den Speichel des Tieres reagieren.
Wir flogen bis zum Sonnenaufgang. An einer hohen Klippe landeten wir schliesslich.  Ich zitterte vor Schmerzen. Zwar war die Wunde an meiner Hand oberflächlich zu geschorft, doch schien sie darunter alles andere als verheilt zu sein. Sie schwoll leicht an und schmerzte noch stärker bei leichtem Druck.
Als ich schliesslich von meinem Fluggefährt absteigen konnte, waren meine Glieder steif und der Druck in meiner Hand machte mich Wahnsinnig.
Ich fiel mehr zu Boden, als dass ich absteigen konnte. Langsam versuchte ich ein paar Schritte zu gehen, doch versagten mir meine Beine den Dienst.
Jemand stützte mich. "Stimmt etwas nicht? Serena! Was machst du da! Hör auf!"
Ich hatte ein kleines Arbeitsmesser hervorgeholt und versuchte meine rechte Hand aufzuschneiden. Vor Schmerz aufstöhnend lockerte ich den Griff und Kili riss mir das Messer aus der Hand.
Meine Stimme klang schmerzverzehrt.
"Eine schnellere Heilung ist nicht immer ein Vorteil Kili. Ich habe mir vorhin die Hand verletzt. ich fürchte ich reagiere recht empfindlicher auf  Wargspeichel. Du musst mir helfen sie nochmal aufzuschneiden. Es wird sonst weiter eitern. "
Flehend sah ich ihn an. "Bitte.."
"Ich..Ich  kann das nicht Serena.." Er legte mir seine Hand auf meine Wange und blickte mich mitfühlend an.
Fili sah mich prüfend an. "Ich machs. Wenn du willst" schnell nickte ich ein paarmal.
"Es ist nur oberflächlich verheilt.. Du musst die Haut neu öffnen, damit das Wundwasser ablaufen kann." Fili griff nach dem Messer und hielt meine Hand fest am Handgelenk.
Ich vergrub mein Gesicht in Kilis Brust, sodass ich nicht hinsehen musste. Kili selbst, hielt mich im Arm um dafür zu sorgen, dass ich mich nicht zu sehr bewegte.
Der Schmerz war fast unerträglich. Reflexartig versuchte ich meine Hand wegzuziehen, was nicht funktionierte. Gleichzeitig entglitt mir ein Schmerzensschrei gefolgt von einem schweren Keuchen.
Obwohl meine Hand die ganze Zeit geschmerzt  hatte, war das Gewebe jetzt empfindlicher. Das Adrenalin im Blut, was den ersten Schmerz im Kampf hat schwächer erscheinen lassen, war nun fort.
Ich versuchte mich so gut es ging zusammen zu nehmen. Diese Situation würde nicht nur mir schwer genug fallen.
"Ich glaub ich bin fertig." Fili klang zweifelnd. Trotz einer vergleichsweise kleinen Wunde fühlte sich die Zeit, die er brauchte um die Wunde neu zu öffnen wie eine Ewigkeit an.
"In meiner Tasche.. da ist ein kleines Täschchen mit einem weissen Kreuz.." Fili fand es mit wenigen Handgriffen.
Er öffnete sie für mich und stellte sie mir hin. Ich suchte das nötigste raus. Alkohol für die Wunde, Verbandsmaterial und Vorsichtshalber eine Spritze.
All das hatte ich noch aus meiner Zeit vor den Reisen und bisher noch nie gebraucht.
Ohne auf ihre Blicke zu achten, setzte ich mir die Spritze selbst und räumte sie weg. Dann griff ich nach dem Alkohol. Meine Bewegung blieb abrupt stehen.
"Stimmt etwas nicht? Was ist das?"  Kili sah die kleine Flasche in meiner Hand an.
"Ich bin nicht gerade erpicht auf das, was jetzt folgt.."  Ich atmete tief durch.
"Es kommt auf die offene Wunde. Es.. Es hilft bei der Heilung, damit es sich nicht Entzündet. Oder in meinem Fall jetzt.. um die Entzündung einzuschränken"
"Wo ist dann das Problem?"
Ich sah ihn an. In meinen Augen spiegelte sich leicht die Angst vor dem Schmerz der jetzt noch folgen mochte.
"Es brennt  wie offenes Feuer.."
"Je stärker die Wunde... verseucht.. ist, desto mehr wird es brennen.. "
 Ich drückte Fili die Flasche in die Hand. "Aber es muss sein! Verteil es grosszügig und tränke den Verband damit."  Meine Stimme zitterte leicht.
Ich griff mit der Linken nach Kilis Hand und vergrub nochmals mein Gesicht in seiner Brust.
Fili schien zu zögern. Noch furchtbarer als der Schmerz, schienen die Sekunden um auf ihn zu warten.
Doch dann traf er mich wie befürchtet. Nein noch schlimmer als ich es befürchtet hatte.  Meine Hand fühlte sich taub an und doch spürte ich den Schmerz bis in jede Fingerspitze und den Arm heraufwandern.
Ich krampfte alle Muskeln zusammen und hielt die Luft an nur um anschliessend fast hyperventilierend zu atmen und wieder die Luft an zuhalten.
Kili versuchte mich mit aller Kraft festzuhalten, was ihm auch gelang. Er versuchte mich zu beruhigen und abzulenken. Der Schmerz dröhnte in meinem Kopf liess mich fast taub werden.
 Schliesslich liess der Schmerz nach und ich entspannte mich langsam in seinem Armen.
Sein Griff wurde lockerer und ich spürte wie eine Last von ihm abfiel, denn auch er atmete tief ein und aus.
Ich wusste nicht, was um mich herum passierte. Mein Kopf zwar schwerfällig im Denken und Bewegungen führte ich nur im Gedanken aus. Die Kraft meine Glieder tatsächlich zu bewegen, war mir abhanden gekommen. Doch es störte mich nicht.
Für den Moment sass ich einfach da. Mit geschlossenen Augen an seiner Brust lehnend. Dankend für den schmerzlosen Augenblick.
Ich spürte wie etwas sanft mein Haar berührte.
"Serena..."  flüsterte mir etwas zu. "Du musst etwas essen." Langsam öffnete ich die Augen. Es dämmerte bereits. Verwundert blickte ich mich um. Für mich waren vielleicht ein paar Minuten vergangen.  Aber jetzt sah ich, dass wir nicht mehr dort waren, wo wir gelandet waren.
"Du warst so erschöpft, du warst den ganzen Tag bewusstlos" Irritiert versuchte ich auszumachen wo wir waren. Dann hob ich meine rechte Hand um sie mir anzusehen.
Jemand hatte sie verbunden. Tatsächlich war ich einen halben Tag weggetreten gewesen.
Das Lager stand bereits. Es war schlichter, da wir vieles eingebüsst hatten doch hatte sich jemand die Mühe gemacht etwas zu jagen und es auf einen kleinen Spiess über einen Feuer zu braten.
Thorin sah wieder Gesund aus. Jedenfalls so Gesund um mich wieder mit seinen Blicken zu verfolgen.
Doch dieses Mal ging er ums Feuer herum auf mich zu.
"Wie geht es dir" Er klang nicht verändert. Seine Autorität und ein kleines bisschen Hass waren unverkennbar. "Besser." antwortete ich nur.
"Dann sag mir Serena, wieso du der Meinung bist, dein Leben unter dem meinem zu stellen." verdattert sah ich ihn an. War er wütend, das ich versuchte sein Leben zu retten?
Kili stand auf, doch bevor er etwas sagen konnte hob Thorin die Hand um ihn zum Schweigen zu bringen.
Nein er war nicht wütend, weil er noch lebte. Er war irritiert wieso ich ihm trotz seiner "Freundlichkeit" mir gegenüber nicht dem Tode überlassen konnte.
"Soll ich ehrlich sein Thorin?" sitzend blickte ich zu ihm auf. Er stand vor mir und nickte lediglich kurz.
"Ist es nicht offensichtlich? Euer Verlust würde diese Reise zum sofortigen scheitern verurteilen..."
Fragend sah er mich an.
"Diese Zwerge sind zu euch gekommen.. um euch überallhin zu folgen.. Selbst in die Flammen eines Drachen den nicht mal ein ganzes Heer der Zwerge gewachsen war...
Sie folgen euch, weil sie zu euch aufblicken, weil sie wissen, dass ihr alles für sie tun würdet...
Ich sehe es in ihren Blicken. In ihrem Grenzenlosen Respekt und in ihrem Mut, wenn sie euch auf eine Reise folgen die nicht aussichtsloser scheinen könnte... und sie haben Recht...
Denn auch ich sehe es in euren Augen, wenn ihr es nicht ertragen könnt, dass einer Person eures Volkes etwas geschehen könnte um eures Wohles willen... "

Sein Blick änderte sich während ich sprach. Er wurde freundlicher.. Fast lächelte er. Ein Anblick den ich zuvor noch nie bei ihm gesehen hatte, da er um den Wert und der Gefahr dieser Reise wusste.
"Wenn ich mit meinem Leben eures retten könnte, so würde ich nicht zögern Thorin.
Euer Volk braucht einen Thorin Eichenschild. Würden sie ihn verlieren... so würden sie den restlichen Funken an Hoffnung verlieren... und das könnte ich nicht zulassen....
Zu viele Völker habe ich in Flammen untergehen sehen. Doch eures soll nicht dazu gehören!"

Ich war aufgestanden und blickte durch die Reihen. Balin lächelte und nickte mir bedeutend zu und Gandalf musterte mich äusserst aufmerksam. Es war das erste Mal, dass er mich sprechen hörte.
Zuletzt blickte ich Kili an. Mir war klar das ihm ein Teil der Worte gar nicht gefallen hatten.
"Du schätzt dich geringer als du bist! Serena... Ich weiss von deiner Vergangenheit... und ich weiss von deinen Opfern...du hast ein grosses Herz  auch wenn es gebrochen sein mag.. und dennoch oder gerade dadurch hast du das Verlangen andere vor Schaden zu bewahren. Ihr Leid zu mindern indem du es übernimmst. Bofurs Bein hast du trotz eigener Verletzung heilen wollen.. Es hätte dir um ein Haar nicht nur das Bewusstsein genommen nicht wahr? ... und auch wenn ich dir dankbar bin, aber der Einsatz deines Lebens.. zum Schutz für meines, hätte dich ebenfalls  fast getötet.
Nicht nur während des Kampfes.. Sondern auch wegen deiner Verletzung an der Hand.
Auch du warst einst für ein Volk verantwortlich und trägst den Wunsch den jeder gute Anführer in seinem Herzen tragen sollte mit dir: Andere vor Schaden zu bewahren.."
Er kam auf mich zu und legte mir eine Hand auf die Schulter.
"Alle anwesenden hier sehen dich mit dem gleichen Respekt an den sie mir entgegen bringen würden Serena.. Wir sind uns sehr ähnlich... sollte mir etwas geschehen, so würden sie auch dir bis zum Erebor folgen und vielleicht auch weiter."   bei seinen letzten Worten blickte er durch die Runde und nahm mich anschliessend in dem Arm. Ein Zeichen, das ich für ihn nun endlich dazu gehörte.  Zumindest offiziell.
Es war das erste Mal das ich ihn richtig lächeln sah. Die Stimmung stieg auf einen Schlag an.
Manche sangen, manche gröhlten einfach nur.
Erleichtert setzt ich mich wieder an meinem Platz und prüfte meine Wunde an der Hand.
Bofur übernahm die Nachtwache und so legte ich mich nahe ans Feuer.
Kili lag neben mir. Er hielt einen kleinen Abstand zu mir wie es auch bei den anderen Nachtlagern üblich war, doch bei uns kam es mir irgendwie merkwürdig vor.
Ich war mir nicht sicher wie ich mit dieser Situation umgehen sollte. Es war offensichtlich, dass wir das gleiche fühlten, doch trauten wir uns kaum einfach so näher zu kommen.
Obgleich ich den Tag verschlafen hatte, war ich so müde, das ich fast augenblicklich einschlief.
Kurz vor Morgengrauen wurde ich wach. Meine ersten Gedanken schweiften um den weichen Untergrund auf dem ich gelegen hatte. Verdutzt rieb ich mir die Augen und stellte fest, dass ich im Schlaf gewandert war. Ohne es zu merken, hatte ich mich im Schlaf umgedreht und die Nacht in Kilis Armen verbracht.
Als ich mich rührte wurde auch er wach. Er sah sich flüchtig um und musste ebenso feststellen, dass wir aus 2 Lagern eines gemacht hatten. Auf sein verschmitztes Lächeln konnte ich ein grinsen nicht vermeiden.
Ich begann damit das Lager aufzuräumen. Das war meine Art mich für den vergangenen Tag zu bedanken.
Unsere letzten Schüsseln nahm ich mit zu dem nahen Fluss und wusch sie aus.
Anschliessend lockerte ich den Verband um meine Hand. Sie sah viel besser aus. Äusserlich fast komplett verheilt. Lediglich beim belasten fing sie noch leicht an zu schmerzen.
Bald würde jedoch auch dies vorbei sein.
Wo ich schon hier war, wusch ich auch schnell den Verband aus und bereitete ihn für eine neue Benutzung vor.
Ich hörte wie das Lager langsam erwachte und ging mit dem gespülten Geschirr zurück.
"Sie sieht  verheilt aus." Fili blickte auf meine Hand, während ich das Geschirr verräumte.
"Nicht mehr lange und ich werde sie wieder ohne Einschränkungen nutzen können. Danke."
Wir lächelten uns kurz an. Er schien seine Einstellung ebenfalls geändert zu haben. Sein Finster Blick war verschwunden. Nicht nur am Morgen, sondern über den ganzen Tag hinaus.
Generell hatte sich die komplette Stimmung der Gruppe verändert.
Nach dem letzten Tag hatten wir es eilig etwas Zeit gut zu machen.
Wir wussten die Orks würden uns weiter verfolgen und die neuesten Erkenntnisse über einen riesigen Bären in der Umgebung halfen nicht dabei uns besser zu fühlen.

Der Zwerg der mein Herz berührte/ HobbitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt