Es dauerte nicht lange, da hatte uns der ganz gewöhnliche Schulalltag wieder. Alles war wie immer, nur mit zwei Ausnahmen: Zum einen war da Kaspar, der immer wieder über die Errungenschaften der modernen Zaubererwelt staunte und uns alle Löcher in den Bauch fragte, zum anderen war da Harry Potter, der Junge, der lebte. Wann immer wir den dunklen, verwuschelten Haarschopf in der Menge ausmachen konnten, folgten wir dem Helden der Zaubererwelt mit den Augen. Ich hatte gehört, dass er, genau wie ich, bevor er nach Hogwarts kam, keine Ahnung davon hatte, dass es Zauberei wirklich gab. Auch im Gemeinschaftsraum liessen wir Harry Potter kaum aus den Augen. Irgendetwas an dem Jungen irritierte und faszinierte mich gleichermassen. Wenn jemand uns auf unser Starren ansprach – zum Beispiel Eliza Tylor, die aufdringliche Vertrauensschülerin, die mich an meinem ersten Tag in den Gemeinschaftsraum begleitet hatte und jetzt in der siebten Klasse war und sich furchtbar darüber aufregte, dass sie nicht zur Schulsprecherin gewählt wurde – redeten wir uns damit heraus, dass wir ein Auge auf Fred und Georges kleinen Bruder hatten, wie das verantwortungsvolle grosse Brüder und deren verantwortungsvolle Freunde eben taten.
An einem verregneten Montagmorgen gelang es Jessie allerdings, uns – oder zumindest Kaspar und mich – von Hogwarts neuster Berühmtheit abzulenken.
«Da seid ihr ja endlich!», rief Jessie uns zu, als wir an diesem Morgen noch im Halbschlaf die grosse Halle betraten. Ich musste ein paar Mal blinzeln, bevor ich kapierte, dass das kein Traum war und Jessie und Cedric es sich tatsächlich zwischen den roten Krawatten und Abzeichen der Gryffindors an unserem Tisch gemütlich gemacht hatten. Ich konnte mich nicht erinnern, je Angehörige eines anderen Hauses so selbstverständlich an einem fremden Haustisch sitzen gesehen zu haben. Doch, hatte ich, allerdings war das geschlagene eintausend Jahre her, beziehungsweise vier Monate, als ich ein halbes Jahr in der Gründungszeit von Hogwarts verbracht hatte.
Jessie winkte uns ungeduldig zu, uns endlich zu ihnen zu setzten, während Cedric unsicher eine Schüssel Müsli mit Milch übergoss.
Kaspar und ich setzten uns zu den beiden und auch die Zwillinge setzten sich neugierig dazu und mit ihnen – wie konnte es anders sein – Lee Jordan. Alicia und Angelina folgten ebenfalls.
Jessies Augen funkelten; sie war so aufgeregt, dass sie ihren Toast bisher nicht angerührt hatte. Jetzt beugte sie sich vor und begann so leise zu erzählen, dass wir uns alle zu ihr lehnen mussten, um sie zu verstehen.
«Also, ihr erinnert euch doch noch daran, dass wir in Londinium beschlossen herauszufinden, wer Adriennes richtige Eltern sind», begann Jessie und wurde gleich darauf von Lee, Angelina und Alicia unterbrochen, die noch nicht auf dem neusten Stand der Dinge waren. Die nächsten Minuten des Frühstücks verstrichen damit, dass meine Freunde und ich den dreien meine verzwickte Familiengeschichte – oder eben Nicht-Familiengeschichte – darlegten und wir ihnen erklärten, was es mit Londinium auf sich hatten. Die Augen der drei funkelten begeistert, während ich nervös auf der Bank hin und her rutschte. Was hatte Jessie herausgefunden, dass sie es für wichtig erachtet hatte, sich an den Gryffindortisch zu setzen, wo gerade sie als Slytherin alles andere als willkommen war?
Dann endlich konnte Jessie weitererzählen: «Ich habe in den letzten Tagen in der Bibliothek Bücher gewälzt und nach einer Möglichkeit gesucht, mit der man herausfinden kann, wer mit wem verwandt ist.»
«So was wie die Vaterschaftstests in der Muggelwelt?», fragte Angelina neugierig. Sie war muggelstämmig und kannte sich wie ich besser mit der Muggelwelt aus als mit der Zaubererwelt.
Jessies Erzählung wurde ein weiteres Mal unterbrochen, während Angelina den anderen erklärte, was Vaterschaftstests waren. Ich wurde immer hibbeliger, während ich ungeduldig wartete.
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Undeutbare Zeichen - Adrienne Seanorth 3
FanfictionEine Harry Potter Fanfiction Ein weiteres aufregendes Schuljahr beginnt für Adrienne: Sie ist fest entschlossen, das Geheimnis um ihre Herkunft endlich zu lösen. Doch dieses Vorhaben wird erst einmal von der Ankunft des berühmten Harry Potters in Ho...