Aviana hatte mich in ein hübsches, blaues Kleid mit Spitze am Ausschnitt und Perlen überall gesteckt. Zudem hatte sie meine Haare in eine kunstvolle Flechtfrisur gezaubert und mir mein Lieblingsdiadem aufgesetzt.
Wäre der Anlass nicht so scheußlich, hätte ich mich etwas mehr über mein Aussehen gefreut.„Kommt, Eure Hoheit! Ihr seid die Letzte. Der Kaiser wartet nicht gerne."
Aviana scheute mich die riesige Steintreppe hinauf in den breiten Gang, der zum Podium des Kaisers und seiner Familie führte.
Es war so komisch, wenn meine Freundin mich mit meinem Titel ansprach. Aber wir waren in der Öffentlichkeit, da musste das so sein.„Schon gut, ich beeile mich.", entgegnete ich und marschierte etwas schneller den Gang entlang, dicht gefolgt von Aviana.
Sie hatte recht, ich hatte wirklich keine Lust darauf, der Auslöser von Vaters schlechter Laune zu sein.Die Wachen, die alle paar Meter bereit standen nickten mir ernst durch das Guckloch ihrer Helme zu. Ich beachtete sie nicht weiter, denn ich hatte nicht die Zeit dazu, jeden einzelnen von ihnen freundlich zu grüßen.
Schließlich bog ich nach rechts ab und ging durch einen kleinen Torbogen, der von einigen Soldaten bewacht wurde, hindurch.Ich stand nun mitten auf dem großen Podium, das etwas aus den normalen Zuschauertribünen herausragte. Meine Eltern und mein Bruder saßen auf ihren Thronen, die nicht weniger kunstvoll und edel als diejenigen im Palast waren. Nur noch meiner war frei.
Rasch lief ich zu ihnen und setzte mich zur linken Seite meiner Mutter. Aviana war mir stumm gefolgt und stand nun schweigend neben mir. Falls ich etwas vom kleinen Buffet haben wollte, würde sie es mir sofort bringen.
„Olympias, wo warst du denn nur so lange? Du hast alles aufgehalten!", fuhr mein Vater mich grummelnd an und ich verdrehte die Augen.
„Tut mir leid, aber ich wollte eben mein schönstes Kleid für diesen besonderen Tag anziehen. Du würdest doch auch nicht wollen, dass ich hier nicht angemessen gekleidet aufkreuze, oder?"
Dazu sagte mein Vater nichts. Er wandte sich von mir ab, erhob sich von seinem Thron und lief langsam nach vorne. Auch ich konzentrierte mich nun auf das, warum wir alle hier waren.
Das Kolosseum war riesig. Das einzige, was noch riesiger war, war die Menschenmasse, die sich auf den Zuschauerplätzen um den staubigen Platz in der Mitte niedergelassen hatten. Sie alles schauten gebannt hinauf zu uns und brachen in tosenden Applaus und Jubel aus, als sie meinen Vater erblickten.
Als er seine rechte Faust gen Himmel streckte, erhoben sie sich alle und jubelten noch lauter als eben schon.
Mein Vater zog sich wieder zurück und nahm Platz auf seinem Thron.
Der so beliebte Gladiatorenkampf würde nun beginnen.Der Lärm der Zuschauer jagte mir eine Gänsehaut über den ganzen Körper. Ich konnte es einfach nicht verstehen, wie man solch eine überzeugte Begeisterung an etwas so Schrecklichem wie dem Leid anderer Menschen haben konnte. Es kam zwar nicht allzu häufig vor, dass ein Gladiator starb, jedoch wurde eine zahlreiche Menge von ihnen verletzt. Zudem taten sie das nicht einmal freiwillig. Sie waren einfach nur arme Sklaven, die von ihren Herren dazu gezwungen wurden, zur Unterhaltung anderer gegen genauso arme Sklaven zu kämpfen.
Das Blasen eines Hornes riss mich aus meinen Gedanken. Es war das Signal, dass nun die Gladiatoren die Arena betraten. Ich richtete meinen Blick auf den Platz in der Mitte, doch der helle Sand und Staub reflektierte das Sonnenlicht, sodass ich geblendet wurde und fast nichts erkennen konnte. Immerhin hatten wir eine weiße Markise als Schutz vor der starken Sonne. Allerdings fragte ich mich, wie es die normalen Bürger in dieser Hitze so lange unter freiem Himmel aushalten konnten.
„Es geht los!", rief Titus erfreut und blickte gebannt auf die fünf Kämpfer.
Er schien sich heute besonders auf das Spektakel zu freuen. Seinen Sitzplatz hatte er extra nah an das Geländer des Podiums beordert, damit er die bestmögliche Sicht hatte.
Ich verdrehte seufzend meine Augen.
Männer und ihre schrägen Vorlieben.
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The Slave's Darling
Historical Fiction106 n.Chr. Flavia Olympias ist die Tochter des Kaisers vom Römischen Reich. Eigentlich führt sie ein relativ angenehmes und luxuriöses Leben, das sie größtenteils auf dem Landhaus der Familie verbringt. Doch ihr Vater hat schon wieder einen Mann au...