Anmerkung:
Die Charaktere sind alle ausnahmslos fiktiv. Es existiert also nicht wirklich eine geschichtliche Richtigkeit.
—Ich schwamm ein paar Bahnen durch das Wasserbecken, das sich inmitten des Innenhofes unseres Landhauses befand.
Mit meinem letzten Schwimmzug zog ich mich an den Beckenrand, drehte mich um und stützte meine Unterarme auf den weißen Marmor Fliesen ab. Ich schloss meine Augen, streckte mein Gesicht der Sonne entgegen und genoss die Wärme.
Ich war zwar begeistert von der Therme unseres Palastes in Rom, doch nichts war besser als eine Erfrischung im kühlen Wasser an einem heißen Tag. Es war zwar erst Ende Frühling, doch heute war es so warm wie im Hochsommer.Die Ruhe, die unser Landhaus umgab, hatte etwas meditatives an sich. Sie war entspannend, ganz anders als der Lärm und das rege Treiben der unzähligen Menschen in Rom.
Ich verbrachte so viel Zeit wie ich konnte hier draußen in den Bergen. Zum einen, weil ich hier meine Ruhe hatte, zum anderen weil ich somit meine Hochzeit an irgendeinen angesehenen Politiker, erfolgreichen Legionär oder sonst einen ach-so-tollen Mann hinauszögern konnte.
Mein Vater - der Kaiser des römischen Reiches - konnte natürlich nicht ständig mit uns aufs Landhaus.
Er musste in Rom bleiben und Dinge erledigen, von denen ich keine Ahnung hatte. Wie zum Beispiel Gebietserweiterungen. Aber ab und zu lud er auch mal Männer ein, die ich kennenlernen und bestmöglich heiraten sollte. Jedoch hatte ich es bis jetzt immer geschafft, mich vor einer Hochzeit zu drücken. Die Männer waren alle schrecklich machtbesessen gewesen und taten nichts anderes als von ihren Erfolgen und ihrem Geld zu prahlen. Mit so jemandem würde ich nicht mein ganzes Leben verbringen wollen.
Doch ich war die Schwester des zukünftigen Kaisers und konnte es mir somit nicht leisten, einen normalen Bürger zum Mann zu nehmen und seinen Namen zu tragen.Ich wusste, dass bald der Tag kommen würde an dem ich mich meinem Schicksal geschlagen geben musste. Deswegen versuchte ich keinen Tag hier zu verschwenden, denn jeder könnte mein letzter in der Freiheit, die ich jetzt hatte, sein.
Ich hörte Schritte auf dem Steinfußboden, bevor Avianas Stimme erklang.
Ihr eigentlicher Name war Lucia Aviana, doch genau wie ich wollte sie nicht durch ihren ersten Namen, den Familiennamen, an ihren Vater erinnert werden. Deswegen nannten wir uns nach unserem zweiten Namen, wenn wir unter uns waren. Denn dieser war nur speziell für uns ausgesucht worden, und war nicht einfach in unserer Familie weitergegeben worden.„Olympias! Es ist ein Brief für dich eingetroffen!"
Ich drehte mich zu ihr um, während sie am Rande des Wasserbeckens stehen bleib und auf den Umschlag in ihrer Hand aufmerksam machte. Aviana wirkte gehetzt, ihre Haare saßen nicht ganz so perfekt wie immer und auch ihr Atem ging etwas schneller.
Ich warf ihr einen verwunderten Blick zu. Der Brief konnte eigentlich fast nur von meinem Vater sein, wenn ich ihn schnellstmöglich erhalten sollte. Jedoch hoffte ich, dass dies nicht der Fall war.Ich schwamm zur Treppe, stieg sie hinauf und schnappte ein Leinentuch, das ich um mich schlang.
Neugierig nahm ich den Umschlag entgegen und warf einen Blick auf das Siegel - es war das des Kaisers.
Ein Brief von meinem Vater höchst persönlich also, mir war direkt klar worum es ging.„Danke, Aviana. Mein Vater hat wohl wieder einen tollen Kerl an Land gezogen.", seufzte ich woraufhin Avianas besorgter Blick auf mir lag.
Sie wusste genau, wie gerne ich auf diese Treffen mit potenziellen Ehemännern verzichten würde.
Denn sie war nicht nur meine oberste Dienerin, sondern auch meine engste - und wohl einzig wahre - Freundin.Wissend, was mich in dem Brief erwarten würde, setzte ich mich auf eine kunstvoll verzierte Bank aus Stein. Ich durchbrach das rote Siegel, öffnete den Umschlag und zog einen Brief heraus.
Aviana blieb mit etwas Abstand vor mir stehen. Genug Privatsphäre während ich den Brief las, doch sie würde sofort da sein um mich zu unterstützen, falls ich mich über die Worte meines Vaters aufregen sollte.Liebste Flavia Olympias,
Du bist inzwischen schon ganze 18 Jahre alt, was dich nun seit sechs Jahren heiratsfähig macht.
Ich finde, es ist langsam an der Zeit, dass du mit einem Mann an deiner Seite durch das Leben gehst.
Natürlich nicht irgendein Mann, sondern der beste, den das Römische Reich zu bieten hat. Du bist schließlich meine einzige Tochter und da möchte ich nichts Geringeres als das Beste für dich.
Wenn ich mich recht entsinne, liegt dein letztes Treffen mit einem Mann schon vier Monate zurück, weswegen ich es für dringend hielt ein neues Treffen zu arrangieren.
Und zwar mit niemand geringerem als Titus Caecilius Flaccus, dem Sohn unseres besten Feldherren, der uns bei der Gebietserweiterung in Nordafrika um einiges voran gebracht hat. Sein Sohn wird ihm sicherlich in die Fußstapfen treten, weswegen ich ihn als Ehemann für dich angemessen finde. Er ist 25 Jahre alt und damit reif genug, die Tochter des Kaisers zu heiraten und die damit verbundenen Pflichten zu erfüllen.
Reise sofort mit allen anderen ab, denn ich bin mir sicher es wird bald eine Hochzeit in unserer Familie geben.
Ich erwarte dich,
Dein Vater und Kaiser Divus Flavius VictoriusIch stieß ein verächtliches Lachen aus, zerknüllte den Brief und schleuderte ihn auf den Boden.
Aviana hob ihn und den Umschlag auf, um diesen Abfall in der Feuerstelle zu entsorgen.
Die gleiche Routine wie nach jedem Brief.
Trotzdem hatte ich keine andere Möglichkeit, als seinem Befehl zu gehorchen. Bestimmt würde die nächste Zeit eine Gruppe von Legionären eintreffen, die meine Familie, die Diener und mich auf unserer Reise zurück nach Rom beschützen würden. Gleichzeitig sollten sie aber auch sicherstellen, das wir wirklich sobald wie möglich aufbrachen.Was mich dieses Mal jedoch wütender machte als sonst, war, dass er die Hochzeit zwischen mir und diesem mir unbekannten Mann praktisch schon festgelegt hatte. Dieses Mal würde es für mich unmöglich sein, mich aus dieser unglücklichen Situation herauszureden.
„Und? Was für einen Helden hat er dir diesmal vorgeschlagen?", fragte Aviana scherzend, da sie noch nicht ahnte, dass Vater mir soeben meine Verlobung mitgeteilt hatte.
Ich raufte mir die Haare und atmete schnaubend aus.
„Keine Ahnung. Er heißt Titus oder so ähnlich, ist ganz sieben Jahre älter als ich und der Sohn eines erfolgreichen Imperators. Ganz mein Traummann."
Aviana setzte sich neben mich und drückte meine Hand.
„Wir finden schon eine Ausrede. Du könntest dich zum Beispiel in deinen Leibwächter verliebt haben, den sollte dein Vater doch noch akzeptieren, oder? Und außerdem findest du ihn sympathisch, das ist besser als irgendein angeberischer Dummkopf."
Seufzend sah ich von unseren Händen auf und blickte ihr in die Augen.
„Das ist lieb, Aviana. Aber es wird nichts bringen. Vater hat mir indirekt zu verstehen gegeben, dass ich diesen Mann heiraten werde. Ob ich will oder nicht."
Erschrocken weiteten sich ihre Augen und sie öffnete ihren Mund.
„Nein! Das kann er doch nicht machen!", rief sie und wollte noch mehr sagen, doch ich brachte sie zum Schweigen.
Es hatte sowieso alles keinen Sinn.„Doch, das kann er. Das weißt du genau. Und außerdem war es bei dir auch so, du hast dir deinen Mann auch nicht ausgesucht."
Aviana gab sich geschlagen und sah zu Boden. Ihren Mann Iulius Valerius Felix hatte sie vor drei Jahren auf Wunsch ihres Vaters geheiratet. Er war fünf Jahre älter als sie und der Sohn eines bekannten Professors.
Sie hatte jedoch Glück gehabt, denn sie verstand sich einigermaßen gut mit ihm. Es war zwar nicht eine Ehe, von der man nachts träumte, aber es gab auch deutlich unglücklichere Verläufe.
Auch mein Bruder lachte ab und an gemeinsam mit seiner Frau Helena, die wohlgemerkt ein Jahr jünger war als ich.Scheinbar schien das Pech der unausstehlichen Ehepartner nur mich zu treffen.
„Olympias, wir müssen deiner Mutter und deinem Bruder Bescheid sagen. Und dann warten deine Sachen auf uns die gepackt werden müssen. Die Legionäre werden bald eintreffen und wir wollen hier schließlich so wenig wie möglich zurücklassen."

DU LIEST GERADE
The Slave's Darling
Ficción histórica106 n.Chr. Flavia Olympias ist die Tochter des Kaisers vom Römischen Reich. Eigentlich führt sie ein relativ angenehmes und luxuriöses Leben, das sie größtenteils auf dem Landhaus der Familie verbringt. Doch ihr Vater hat schon wieder einen Mann au...