Sobald die Tür hinter mir ins Schloss fiel, atmete ich einmal tief aus. Oder vielleicht auch dreimal. Dann lief ich noch einigermaßen gefasst zu meinem Schminktisch und legte nacheinander meinen Schmuck ab. Zuerst die goldenen Ohrringe mit dem Diamanten, dann die Kette, die meine Großmutter mir vererbt hatte und zum Schluss die Armreifen. All das kostete so viel, dass sich davon ein erwachsener männlicher Sklave frei kaufen konnte.
Jedes Mal wenn ich in den Spiegel schaute und mich damit sah, fühlte ich mich schlecht. Doch was konnte ich tun? Selbst wenn ich jeden einzelnen Sklaven dieses Imperiums frei kaufen würde, würde mein Vater höchst persönlich dafür sorgen, dass sie alle wieder ihren Dienst aufnehmen müssten und, dass ich gehängt werden würde.Solange mein Vater an der Macht war, konnte man nichts an dieser Regierung ändern. Nicht einmal meine Mutter hatte es geschafft, auf ihn einzureden und ihm Vorschläge zu machen. Viele der Römer, vor allem die ärmeren waren unzufrieden mit der Art, wie mein Vater regierte. Mit jedem Tag an dem er an der Macht war, machte er sich mehr und mehr Feinde, gelegentlich berichtete man uns von Protesten und Aufständen von überall aus dem Reich.
Das war einer der Gründe, warum wir immer so viel Zeit auf dem Landhaus verbracht hatten. Dort war es nämlich sicher.Es war nun dringend an der Zeit, dass bald mein Bruder an die Macht kommen würde. Denn ich war davon überzeugt, dass die Unruhen im Reich irgendwann so stark werden würden, dass wir hier im Palast nicht mehr geschützt waren.
Aber das alles würde erst enden, wenn mein Vater sterben würde. Und das, da war ich mir sicher, würde noch so einige Jahre dauern.Erschöpft schlurfte ich zu meinem Bett rüber und ließ mich dann wie ein gefällter Baumstamm auf die Matratze fallen.
Heute würde ich früh schlafen gehen, denn ich war gerade einfach nur ein emotionales Wrack und zu nichts zu gebrauchen. Bevor ich also noch jemanden unberechtigt anschreien würde, sollte ich mich also lieber um meinen dringend benötigten Schönheitsschlaf kümmern.—
Ich spürte Hände an meinen Schultern, woraufhin ich blinzelnd die Augen öffnete. Jedoch wünschte ich mir sofort, ich hätte dies nicht getan und mich weiterhin schlafend gestellt, denn die Person die sich gerade über mich beugte, war mein herzlich geliebter Ehemann Titus.
„Was willst du denn jetzt?", grummelte ich doppelt verärgert, einmal weil er mich mitten aus meinem Schlaf gerissen hatte und einmal weil er Titus war.
„Ich muss etwas wichtiges mit dir besprechen, Olympias.", ging Titus auf meine Frage ein und machte es sich ganz zu meinem Missfallen auf meinem Bett bequem.
Ich setzte mich auf und zog die Beine an, um so viel Abstand wie möglich zwischen ihn und mich zu bekommen.„Und das wäre?"
Misstrauisch zog ich eine Augenbraue hoch während ich Titus musterte und anhand von seiner Körpersprache versuchte abzulesen, was er mir ungefähr sagen wollte.„Nun ja, ich finde wir sollten nicht mehr in getrennten Zimmern wohnen.", meinte mein Mann direkt und sah mir dabei fest in die Augen.
Dieser Satz kam so plötzlich und unerwartet, dass ich ihn erstmal mit offenem Mund anstarrte und verarbeiten musste, was er da gerade von sich gegeben hatte.Ich wusste, dass er damit sagen wollte, dass ich am besten auf der Stelle in sein Gemach einziehen sollte, doch das wollte einfach nicht in meinen Kopf rein. Es konnte doch nicht tatsächlich möglich sein, dass er mich dazu aufforderte im gleichen Bett zu schlafen wie er! Und dazu tat er auch noch so, als ob wir schon seit Monaten verheiratet waren und es nun selbstverständlich war, dass wir nun die Nächte zusammen verbringen würden.
„Tut mir leid Titus, aber es ist mir völlig egal was du für gut hältst. Ich werde auf keinen Fall aus meinem Zimmer ausziehen!", entgegnete ich energisch und hoffte, dass er dadurch wieder ganz schnell von seiner dummen Idee absah.
Nur leider schien das nicht ganz sein Plan zu sein.„Kein Problem. Dann ziehe ich eben hier ein.", sagte Titus schulterzuckend.
„Dein Bett ist sowieso gemütlicher als meins. Und mit dir dazu werde ich sicherlich schlafen wie ein Kaiser."
Plötzlich beugte sich Titus nach vorne und kam mir näher. Ich wollte nach hinten ausweichen, doch das ging nicht da ich schon die ganze Zeit über an die Wand gelehnt gesessen hatte.Unsicher was er nun tun würde, saß ich also einfach wie erstarrt da und schaute ihn an.
Als sein Gesicht sehr dicht vor meinem war, streckte er langsam seine Hand nach mir aus und strich mir eine Strähne hinters Ohr. Diese kurze Berührung jagte mir einen dermaßen kalten Schauer durch den ganzen Körper, sodass ich kurz zusammenzuckte. Titus hatte das natürlich bemerkt, ging zum Glück aber nicht darauf ein.„Weißt du, ich freue mich schon sehr auf den Tag, an dem du mein erstes Kind gebären wirst.", raunte er ganz nah an meinem Ohr. „Ich bin mir sicher, es wird so schön wie seine Mutter und so kühn und schlau wie sein Vater werden."
Ich schnaubte verächtlich, so einen Schwachsinn hatte ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gehört. Ich würde sein Kind gebären? Das ich nicht lache! Er war kühn und schlau? Ich glaube, da kannten wir wohl nicht den gleichen Titus.
„Wie wäre es, wenn wir jetzt schon dafür üben? Du willst doch sicherlich, dass das Kind perfekt wird, oder?"
Während Titus das sagte, wanderte seine Hand meinen Hals entlang und dann immer weiter mein Dekolleté hinab.Ab da wurde es mir endgültig zu viel und ich erwachte aus meiner Schockstarre. Mit der einen Hand schlug ich seinen Arm von mir und mit der anderen schubste ich ihn nach hinten, sodass er rittlings auf die Matratze fiel. Ich nutzte diese Situation aus und sprang schnell von meinem Bett und rannte auf die Tür zu.
„Wachen!", schrie ich, „Hier her! Sofort!"
Ich blieb in der Tür stehen um sicherzugehen, dass Titus nicht entkommen konnte und sich vor den Wachen drückte.
„Was fällt dir eigentlich ein?!", rief ich an Titus gewandt, der gerade auf mich zu kam.
„Solange ich nicht auf dich zukomme und dich ausdrücklich dazu bitte, mir ein Kind zu machen, hast du dich gefälligst zu benehmen, verstanden?! Du weißt wohl nicht, wie man eine Frau behandelt!"
Ich war so wütend und entsetzt, man konnte mich bestimmt durch den ganzen Palast hören.„Es tut mir leid, Olympias. Ich dachte eben, du wolltest das auch.", entschuldigte sich Titus.
Jedoch verriet mir unter anderem sein Grinsen, dass das dermaßen gelogen war.„Olympias, Eure Hoheit! Was ist los?", erkundigte sich einer der drei Wachen, die herbei geeilt waren.
„Nehmen Sie Titus und bringen Sie ihn in sein Gemach, und zwar auf der der Stelle! Außerdem möchte ich ihn nie wieder auch nur in der Nähe meines Zimmers sehen. Deswegen bleibt einer von Ihnen hier und hat ab sofort diese Tür zu bewachen, verstanden?"
„Ja wohl, Eure Hoheit."
Ich atmete tief durch und beruhigte mich langsam, während ich dabei zu sah, wie zwei der Wachen Titus packten und davon liefen, während die dritte Wache sich neben meine Tür stellte.
„Tut mir leid für diesen Aufstand, aber mein Mann hat scheinbar vergessen, in wessen Palast er sich hier befindet.", meinte ich an die Wache gerichtet.
Im Nachhinein war es mir peinlich, dass ich so laut gewesen bin, morgen würden sicherlich alle darüber reden, dass es zwischen mir und Titus schon Eheprobleme gab.„Kein Grund zur Sorge. Ich wünsche Euch eine gute Nacht."
„Gute Nacht.", entgegnete ich und verschwand dann wieder in meinem Zimmer.
Aber schlafen konnte ich noch lange nicht.
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The Slave's Darling
Historical Fiction106 n.Chr. Flavia Olympias ist die Tochter des Kaisers vom Römischen Reich. Eigentlich führt sie ein relativ angenehmes und luxuriöses Leben, das sie größtenteils auf dem Landhaus der Familie verbringt. Doch ihr Vater hat schon wieder einen Mann au...