XXII

677 23 0
                                    

Mit Aviana im Schlepptau und einer Rolle Pergament und Ölfarben unterm Arm lief ich hinaus in den Garten. Es war ein schöner, sonniger Tag und ich hatte nichts zu tun, weswegen ich mich mal wieder im Malen üben wollte. Außerdem hatte Titus gemeint, er wäre heute draußen und würde mich gerne dort antreffen, andernfalls würde er mich abends, wenn ich alleine in meinem Zimmer war, aufsuchen. Da zog ich den Garten logischerweise vor.

„Das hier ist doch eine gute Stelle, oder?", meinte ich nachdem ich auf dem Gras stehen geblieben war und sah zu Aviana.
Diese nickte und stellte die zwei Hocker, die sie getragen hatte, ab. Ein weiterer Sklave brachte uns einen Tisch, wir bedankten uns bei ihm und nahmen Platz.

Dann rollte ich mein Pergament aus, platzierte die Ölfarben daneben und dachte über ein Motiv nach. Heute würde ich es versuchen, den Garten mit den roten Ziegeldächern der Häuser Roms im Hintergrund zu malen. Das würde zwar länger dauern wenn ich mir wirklich Mühe gab, doch ich hatte endlos Zeit.

„Willst du nicht auch etwas malen?", fragte ich Aviana, da sie einfach nur so da saß und nichts tat.

„Iulius bringt mir gleich Quintus vorbei, da habe ich dann alle Hände voll zu tun.", entgegnete Aviana seufzend.
Ich nickte zustimmend, ihr kleiner Sohn war ein wirklich aktives und zappeliges Kind.

Als ich mit dem Pinsel die ersten zarten Striche auf das Pergament setzte, ertönten Stimmen von der Treppe, die zum Palast führte. Ich sah auf und stöhnte, als ich Titus erkannte, der auf uns zusteuerte. Hinter ihm kam Maeson wie ein treuer Hund her gelaufen.
Na super, beide auf einmal.

„Caecilia, meine Geliebte!", rief Titus und sah mich freudig an.
Ich verzog das Gesicht und konzentrierte mich wieder auf meine Malerei.

„Na, was tust du denn Schönes?"
Titus hatte sich neben mich gestellt und blickte auf das Pergament.

„Malen. Siehst du doch.", murmelte ich gereizt und hoffte, dass Titus nun keine Lust mehr auf mich hatte.

„Na, wieso denn so schlecht gelaunt?", fragte er lachend und ich verdrehte die Augen.
„Ich, dein geliebter Ehemann bin doch nun bei dir."
Titus legte einen Arm um meine Schulter, beugte sich runter und wollte mir einen Kuss auf die Wange drücken, doch ich stieß ihn noch rechtzeitig von mir.

„Fass mich nicht an. Versteh das endlich!", rief ich empört und funkelte Titus düster an, der kein bisschen schuldbewusst aussah, stattdessen grinste er nur.
Mein Blick schweifte an ihm vorbei zu Maeson. Sein Gesichtsausdruck war hart wie Stein, scheinbar gefiel es ihm nicht, wie sein Herr mich behandelte. Andererseits... Maeson sah so gut wie immer ziemlich ernst aus.

„Nun gut, dann werde ich es eben ein anderes Mal versuchen.", ergab sich Titus schließlich und wandte sich zum Gehen.

„Komm, Sklave, wir gehen zum Gärtner. Dort sind wir erwünschter als hier."

Maeson warf mir einen letzten Blick zu, dann folgte er Titus zum Gärtner, der gerade mit den Pinien beschäftigt war.

„Ich könnte mich übergeben!", beschwerte ich mich über Titus.
„Wie kann er nur so widerlich sein? Nicht nur, dass er mich anfasst wie es ihm gerade passt, sondern auch wie er mit Maeson umgeht!"
Ich fuhr mir durch meine Haare und Aviana nickte leicht, so als ob sie über etwas nachdachte.

„Maeson erzählt nicht viel über Titus. Er redet wirklich über alles außer das. Doch es ist kein Geheimnis, dass er schlecht behandelt wird.", erzählte Aviana dann in gedämpftem Ton und sah dabei rüber zu Maeson, der stumm neben dem Gärtner stand während dieser in ein Gespräche mit Titus verwickelt war.

„Schlecht behandelt inwiefern?", wollte ich wissen und ein ungutes Gefühl machte sich in meinem Magen breit.

„Naja, er passt wirklich auf, dass man nichts mitbekommt. Aber nachts wenn wir alle schlafen gehen verrutscht manchmal seine Toga. Gestern hatte er überall blaue Flecken!"

„Was?", rief ich entsetzt.
Vor ein paar Tagen beim Gladiatorenkampf hatte er keinen einzigen blauen Fleck. Nur einen Schnitt und der war sicher vom Kampf gewesen. Also musste es jetzt erst kürzlich passiert sein!

„Aber wieso? Also... was hätte er denn gemacht haben können, dass Titus so sehr ausrastet? Und warum wehrt er sich nicht? Er ist doch um einiges stärker als Titus!"

Aviana zuckte mit den Schultern und zog dabei eine traurige Miene.

„Ich weiß es nicht. Wie gesagt, er redet nicht darüber. Aber warum er sich nicht wehrt ist klar. Würde er seinem Herren etwas antun, würde er sofort beseitigt und ersetzt werden.", erklärte Aviana und ich nickte. Das leuchtete mir ein.

„Als Sklave im Palast zu leben, ist so ziemlich das Beste, was uns in unserer Situation passieren kann. Da steckt man eben ein paar Schläge ein wenn das im Gegenzug bedeutet, dass man am Leben bleibt."

Ich versank in Gedanken, während mein Blick wieder zu Maeson hinüber schweifte. Titus und der Gärtner schienen sich super zu verstehen, doch anstatt dass Maeson alleine daneben stand, unterhielt er sich lachend mit einer jungen Frau, die mir unbekannt war. Sofort krampfte sich etwas in mir zusammen.

„Wer ist das?", erkundigte ich mich bei Aviana und beobachtete die beiden mit einem skeptischen Blick.

„Die Frau? Das ist Mirabella. Ich mag sie jedenfalls nicht."

„Glaub mir, ich auch nicht.", murrte ich und wandte mich wieder meiner Malerei zu.
Ich hatte keine Lust zu sehen, wie sich Maeson mit irgendeiner dahergelaufenen Frau prächtig amüsierte.

„Sie ist die Sklavin vom Gärtner und er erlaubt ihr fast alles, lässt ihr viele Freiheiten. Aber trotzdem ist sie total undankbar und hält sich für etwas Besseres als uns restliche Sklaven."
Aviana seufzte und streckte dann mit geschlossenen Augen ihr Gesicht der Sonne entgegen.

Ich hatte wirklich Glück mit ihr gehabt. Ich verlangte zwar nichts von ihr, doch trotzdem tat sie immer alles für mich und wich mir nie von der Seite. Aviana war der unproblematischste Mensch den ich kannte, sie beschwerte sich nie und ließ alles über sich ergehen.

Es war mir unklar, womit ich sie verdient hatte, denn schließlich hätte ich auch so eine Sklavin wie diese Mirabella bekommen können. Dass Maeson sich mit ihr abgab und auch noch über ihre sicherlich schlechten Witze lachte, konnte ich nicht verstehen.
Es versetzte mir einen kleinen Stich ins Herz, das war klar. Was hatte diese arrogante Sklavin bitte tolles an sich, was ich nicht hatte?

Ich kannte sie zwar nicht, doch wenn Aviana sie nicht mochte, musste sie wirklich unausstehlich sein. Wäre sie doch wenigstens nett und inspirierend, dann würde es mir vielleicht etwas leichter fallen dabei zuzusehen, wie sie einen Arm um seine Schulter legte während seine Hand auf ihrer Hüfte ruhte und sie sich lachend ansahen. Ich hatte Maeson noch nie so fröhlich gesehen. Nun gut, bis auf die Nacht in der er bei mir gewesen ist.

Iulius kam wie mein Retter in Not bei uns vorbei und lud Quintus ab, da er selbst nun dem Koch, seinem Herrn, in der Küche helfen musste und Quintus dort nur im Weg sein würde.

Aviana nahm ihren Sohn lächelnd auf den Arm und auch ich konnte meine Augen nicht von ihm lassen.

„Oli!", rief er und quiekte vor Lachen, als ich ihm in seine kleine Nase zwickte.
Ich schmunzelte, er gab mir endlich die Ablenkung, die ich so dringend nötig hatte.

The Slave's DarlingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt