XIII

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Auch wenn Titus schon längst wieder weg war und eine Wache vor meiner Tür stand und aufpasste, wollte ich nicht in mein Bett und einschlafen. Ich starrte stattdessen einfach nur auf die Stelle, an der Titus gesessen hatte, die zerknitterte Decke war jedoch das einzige Indiz dafür, dass das gerade wirklich passiert war.
Hätte ich nicht rechtzeitig gehandelt, hätte er mich ziemlich sicher vergewaltigt. Und dieser Fakt wirkte langsam auf mich ein.

Es war unglaublich, wie sehr ich mich in Titus getäuscht hatte. Die ganze Zeit hatte ich geglaubt, ich würde über ihm stehen und könnte mit ihm spielen, als wäre er meine Marionette. Doch nun war er wie ein anderer Mensch und überraschte mich jedes Mal aufs Neue - im negativen Sinne.
War er tatsächlich schon immer so gewesen?
War das sein wahres Ich und er hatte es nur die ganze Zeit über versteckt, damit ich mich in Sicherheit wiegen konnte?

Es war sogar eher weniger die Tatsache, dass er mir so nahe gekommen war, die mich so sehr fertig machte. Viel mehr war es der Fakt, dass es für ihn so verdammt einfach war, mir etwas vorzuspielen. Die ganze Zeit hatte er so getan, als wäre er der schwächere von uns beiden. Dabei hatte er nur darauf gewartet, dass ich mich überlegen und in Sicherheit fühlte, damit er im geeigneten Moment zuschlagen konnte. Wenn ihm das so leicht gelungen war, wer konnte dann sonst noch ein falsches Spiel mit mir spielen?
Ich konnte eigentlich so gut wie niemandem mehr vertrauen.

Plötzlich fühlte ich mich so unglaublich leer und alleine. Ich sah die Gesichter einiger mir bekannter Leute vor mir, doch sie kamen mir auf einmal so fremd vor. Ich wollte mich selbst anschreien und mir sagen, dass das Unsinn war.

Natürlich war mein Bruder der, für den ich ihn hielt. Ich war doch zusammen mit ihm aufgewachsen und kannte ihn manchmal besser als er selbst. Das gleiche galt für Aviana.
Doch was war mit der Wache vor meiner Tür? Woher wollte ich wissen, dass dieser Mann kein Spion war, der sich heimlich in den Palast eingeschleust hatte?

Auf einmal kam mir der beängstigende Gedanke, dass er jeden Augenblick in mein Zimmer stürmen und mich angreifen würde. Warum er das tun sollte, konnte ich mir nicht erklären. Aber ich war mir todsicher, dass er feindlich gesinnt war.

Vielleicht war ich total paranoid, aber heute Nacht würde ich sicherlich nicht mehr in meinem Bett schlafen, ich wollte schließlich nicht mitten im Schlaf vergiftet werden!
Also positionierte ich mich neben der Tür und zwar so, dass sie mich noch verdecken würde, wenn sie von außen auf gemacht werden würde.

Mein Bruder hätte mich jetzt ausgelacht und mir befohlen, ich solle doch wieder ins Bett gehen und müsse mir keine Sorgen machen. Doch ich fand, dass meine Zweifel durchaus begründet waren und blieb weiterhin fest überzeugt an der Wand stehen.
Mein Atem ging flach und ich bemühte mich angestrengt, kein einziges Geräusch von mir zu geben, um hören zu können ob sich draußen etwas tat.

Tatsächlich drangen wenig später gedämpfte Laute eines Gespräches in mein Zimmer herein. Mein Herz schlug etwas schneller während ich gebannt den Stimmen lauschte.

„Mir wurde der Befehl erteilt, dies Caecilia Olympias zu überbringen. Ich muss in ihr Zimmer."

„Hat das nicht Zeit? Sie schläft sicher schon und ich möchte ungern dafür verantwortlich sein, dass sie unnötigerweise aus ihrem Schlaf gerissen wird."
Das war meine Wache. Aber wer der andere war, konnte ich nicht erkennen. Dazu hörte ich alles zu undeutlich.

„Nein, das geht nicht. Es ist von höchster Wichtigkeit."

Eine Zeit lang geschah gar nichts und ich dachte schon, die Wache hätte den anderen Mann, von dem ich nun ausging dass es Titus war, wieder weggeschickt.
Doch dann öffnete sich langsam die Tür und ein schummriger Lichtschein fiel in mein dunkles Zimmer dessen einzige Beleuchtung der Mond war, der durch mein Fenster hinein leuchtete.

The Slave's DarlingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt