XIX

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Vater hatte mich in sein Arbeitszimmer rufen lassen. Eine Sklavin hatte mir gesagt, ich solle sofort dorthin gehen.

Also hatte ich alles stehen und liegen gelassen und eilte nun mit einem mulmigen Gefühl durch die Korridore des Palastes. Mir wurde zwar nicht gesagt was los war und daher konnte es sich wirklich um alles handeln. Doch je näher ich meinem Vater kam, desto überzeugter war ich davon, dass irgendjemand mein Gespräch mit Maeson nach dem Gladiatorenkampf belauscht hatte. Es musste das sein.
Warum sonst wollte mein Vater mich umgehend sprechen?
Sicherlich nicht um mir zu sagen, wie gern er mich hatte.

Doch andererseits durfte es das einfach nicht sein!
Ich traute mich nicht einmal, mir vorzustellen, was mit mir und vor allem mit Maeson geschehen würde, wenn Vater Wind von der Sache bekommen hatte. Das Ding war sowieso, dass diese ‚Sache' eigentlich überhaupt nichts war. Schließlich war doch zwischen Maeson und mir rein gar nichts gelaufen. Also sollte ich mir nicht zu große Sorgen machen.

Doch andererseits war ich eine verheiratete Frau. Da sollte mein Mann der einzige sein, neben dem ich schlief.

Es war zum Haare raufen. Ich wusste wirklich überhaupt nicht, wie ich diese Situation einschätzen sollte. Also blieb mir nichts anderes übrig, als die Nerven zu behalten und zu sehen, was mich erwartete.

Doch genau das geling mir nicht. Je näher ich dem Arbeitszimmer meines Vaters kam, desto schneller klopfte mein Herz und desto unruhiger wurde ich.

Ich stand schließlich vor der doppelflügigen Tür, hinter der der Kaiser auf mich wartete. Langsam bekam ich es mit der Angst zu tun, mein Puls raste.

Zwei Wachmänner öffneten die Tür und gewährten mir den Eintritt. Ich lief in das Zimmer hinein und sah mich überrascht um. Scheinbar war ich nicht die einzige, die mein Vater gerade sprechen wollte. Er saß im vorderen Teil des Zimmers an seinem unordentlichen Schreibtisch, der mit Häufen an Pergamentrollen überfüllt war. Ihm gegenüber standen einige seiner Berater in einer Art Halbkreis.

Als ich unter ihnen meinen Bruder entdeckte, ging ich sofort zu ihm, während einige Blicke auf mir lagen. Seine Anwesenheit beruhigte mich deutlich und ich atmete tief aus.

„Augustus, hast du eine Ahnung, was das hier soll?", raunte ich meinem Bruder zu, bedacht darauf, bloß nicht die Aufmerksamkeit meines Vaters auf mich zu ziehen.

Augustus zuckte ratlos mit den Schultern.

„Ich weiß genau so wenig wie du."

Ich hatte keine Zeit um weiter zu überlegen, worum es hier ging, dann als noch ein Mann herein kam und sich die Tür hinter ihm schloss, erhob sich mein Vater und blickte ernst in die Runde.

„Ruhe bitte.", ergriff mein Vater das Wort.
Das war zwar nicht nötig gewesen, denn es war sowieso schon still gewesen, doch es war typisch für meinen Vater, dass er uns nicht auf normale Weise begrüßen konnte.

„Ich habe ernste Gelegenheiten zu besprechen."
Er griff nach einem Pergament und räusperte sich.

„Wie es scheint haben in den letzten Wochen einige Aufstände in sämtlichen Provinzen stattgefunden. Aufstände bei denen rebelliert wurde. Menschen wurden verletzt, manche starben. Sogar Büsten und Statuen, die mich darstellen wurden beschmutzt und zerstört. Damit haben diese Unmenschen Verrat am Kaiser begangen!"

Vater war wütend. Vor allem wegen des Schicksals seiner lächerlichen Statuen.
Ich schnaubte und fing mir dafür einen ärgerlichen Blick meines Vaters ein.
Dass Menschen gestorben waren, konnte ihm wohl nicht gleichgültiger sein.

„Diese Unruhen schaden unserem Imperium!", rief er in die Runde.
„Sie schaffen nichts als Zerstörung und bringen mir treue Untertanen durcheinander. Zudem haben sie mich höchstpersönlich beleidigt! Das muss mit ihrem Tod bestraft werden!"

Ganz zu meinem Missfallen ertönte zustimmendes Gemurmel und vereinzelter Applaus.

„Genau! Wir müssen uns verteidigen und diese Verräter bekämpfen! Sollen sie sehen, mit wem sie es zu tun haben!", rief einer der Berater meines Vaters und die anderen stimmten ihm jubelnd zu.

Mein Bruder und ich warfen uns vielsagende Blicke zu. Wenn das wirklich die Einstellung der Männer, die über unser Reich entschieden, war, dann hatten wir eindeutig keine rosige Zukunft vor uns.

„Vater!", ergriff ich laut das Wort.
Alle verstummten inständig, sie wunderten sich wahrscheinlich darüber, was eine Frau nun zu sagen hatte.

„Das könnt Ihr doch nicht ernst meinen, Eure Hoheit. Ihr solltet doch wissen, dass man das Problem an seiner Wurzel behandeln muss und nicht, dass man die Folgen daraus bekämpfen sollte.", argumentierte ich gegen das Vorhaben meines Vaters.

„Also warum überlegt Ihr Euch nicht, wieso es diese Aufstände überhaupt gab? Wenn die Menschen mit Eurer Regierung nicht zufrieden sind, warum beachtet Ihr nicht ihre Wünsche? Ein zufriedenes Volk würde sicher nicht rebellieren! Aber es macht doch keinen Sinn, wenn Ihr Eure Untertanen niedermetzeln wollt, bis Ihr keine mehr habt!"

Es war totenstill. Alle starrten mich entgeistert an und niemand traute sich, etwas zu sagen. Mein Herz raste, doch ich war froh, meine Meinung gesagt zu haben. Vater würde mich schließlich nicht gleich umbringen. Nein, so weit würde er nicht gehen.

„Meine liebste Tochter!", rief mein Vater höhnisch und lachte.

„Glaubst du, deine Meinung interessiert hier irgendjemanden?"
Er ging um seinen Schreibtisch herum und kam langsam auf uns zu.

„Du bist nur hier, damit dir bewusst ist, in was für einer Lage wir uns befinden und dass du dich schützen sollst!", rief er wütend und sah mir fest in die Augen.

„Und wo ist Mutter? Soll sie sich etwa nicht schützen? Wollt Ihr, dass sie bei einem Angriff stirbt?", hakte ich nach, ohne mich von meinem Vater einschüchtern zu lassen.

„Silvana hat scheinbar wichtigeres zu tun!"
Schnaubend schüttelte mein Vater den Kopf und sah zu Boden.

„Aber darum geht es doch auch gar nicht. Es freut mich zwar, dass dir die Probleme unseres Imperiums so sehr am Herzen liegen, doch du hast dich gefälligst nicht einzumischen! Du bist eine Frau und hast keine Ahnung, wie man solche Situationen zu regeln hat!"

Ich atmete hörbar aus und musste mich zusammenreißen, ihn nicht anzubrüllen. Mit geschlossenen Augen lockerte ich mich und bewahrte meine Haltung.

„Vater, Ihr habt keine Ahnung, wozu Frauen fähig sind. Vor allem wenn sie so attraktiv sind wie ich."
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie mein Bruder ein Grinsen unterdrückte. Er wusste genau, wovon ich sprach. Vor zwei Jahren war ein enger Berater meines Vaters ziemlich angetan von mir gewesen. Ich musste nur mit den Fingern schnipsen, und er tat alles was ich wollte. Zu schade für ihn, dass er bald darauf in irgendeinem germanischen Wald ausgesetzt wurde.

Ich erinnerte Vater einfach nur aus reinster Provokation an dieses Ereignis.

„Das reicht!", schrie mein Vater und es gab mir eindeutig die Genugtuung, die ich haben wollte.
Vor seinen Beratern war er noch nie so sehr außer sich vor Wut gewesen.
Das war dann wohl noch eine weitere Sache, die ich als Frau erreicht hatte.

„Du verlässt sofort den Raum!"
Sein Zeigefinger schnellte in Richtung Tür, die daraufhin von den braven Wachen geöffnet wurde.

„Geh mir aus den Augen! Ich kann dich nicht ertragen!", zischte mein Vater.

Erhobenen Hauptes lief ich an allen Beteiligten vorbei zur Tür und konnte mir ein Lächeln einfach nicht verkneifen. Es machte mir ungemein Spaß, im Mittelpunkt zu stehen. Vor allem wenn der Grund dafür war, dass mein Vater sauer auf mich war.

Sobald ich durch die Tür hindurch war, begab ich mich rasch zu den Sklavenkammern. Davon musste ich Aviana erzählen!

The Slave's DarlingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt