VI

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„Wisst Ihr, mein Vater ist der beste Feldherr den das Römische Reich seit längerer Zeit gesehen hat! Seine Siege sind eindrucksvolle Heldentaten und werden für die weitere Ausdehnung unseres Imperiums sorgen.", prahlte Titus stolz, während wir am späten Abend durch den üppig bepflanzten Garten des Palastes spazierten.
Mein Vater hatte mir geraten, ich solle vor meiner Hochzeit doch so viel Zeit wie möglich mit Titus verbringen, damit das alles nicht so unangenehm werde.
Ich fragte mich allerdings, was daran die Hochzeit mit Titus weniger schrecklich machte. Indem ich mich mit ihm unterhielt, merkte ich nur noch deutlicher, wie unsympathisch ich ihn fand.

„Und Sie wollten nicht den gleichen Weg wir Ihr Vater einschlagen?", hakte ich nach ohne ihn dabei anzuschauen. Mein Blick war stets nach vorne auf den Kiesweg gerichtet.
„Es wäre doch gleich zweimal so eindrucksvoll gewesen, wenn der Sohn eines Feldherren ein genauso guter Feldherr wäre."

„Nein, ich muss zugeben, dass das nichts für mich ist. Die Berufung des Feldherrn ist für mich viel zu grausam und blutrünstig, da beschäftige ich mich lieber mit anderen Dingen."

„Interessant, Sie verabscheuen also das, was Ihr Vater tut, prahlen jedoch damit wie talentiert und wichtig er für dieses Reich ist?", stellte ich fest und zog meine linke Augenbraue nach oben.
„Titus, es soll hierbei darum gehen, dass ich Sie besser kennenlerne. Wenn sie jedoch nichts anderes zu erzählen haben als von den heldenhaften Taten Ihres Vaters, dann lässt Sie das eher in einem schlechten Licht dastehen!", stellte ich klar und verschränkte meine Arme vor der Brust.

Titus war ruckartig stehen geblieben und sah so aus, als hätte er gerade von mir einen Tritt in die Magengrube bekommen. Wenn er geglaubt hätte, er könnte mich ganz einfach von sich überzeugen, dann war ihm spätestens jetzt klar, dass dies nicht der Fall war.
Nur weil wir heiraten würden, hieß das nicht, dass er die vollständige Kontrolle über mich haben würde. Niemals.

„Wenn es so aussah, als ob ich mit meinem Vater angeben wollte, dann tut mir das aufrichtig leid! Ich wollte stets nur sichergehen, dass Ihnen bekannt ist was er alles für dieses Reich tut.", entschuldigte sich Titus mit erhobenen Händen.
Er blickte mich leicht ängstlich an, so als ob er befürchtete, dass ich ihm das nicht abkaufte. Was ich auch nicht tat.

„Es ist uns durchaus bewusst, was Ihr Vater alles geleistet hat und noch leisten wird. Allein deswegen wurden Sie von meinem Vater als mein zukünftiger Ehemann ausgewählt. Wegen nichts sonst.", klärte ich auf und ging langsam auf ihn zu.
Ich hasste es, wenn Leute mich anlogen. Hätte er vorhin einfach die Wahrheit zugegeben, hätte ich wenigstens ein bisschen Respekt vor ihm gehabt. Doch Titus schien wirklich keinerlei Mut zu besitzen und rettete sich lieber mit Lügen aus unangenehmen Situationen. Zudem war das einzige beeindruckende an ihm, dass er von seinem Vater abstammte.

Andererseits tat er mit irgendwie ein bisschen leid. Es musste sicherlich nicht einfach sein, im Schatten seines Vaters zu stehen. Doch indem er ihn in jedem Satz erwähnte, machte Titus es auch nicht besser. Außerdem hätte er selbst aus sich etwas machen können, wenn er wirklich gewollt hätte. Doch auch davon war keine Spur zu sehen.

„Ich weiß, dass nur die Position meines Vaters mir zu dieser Situation verholfen hat.", begann Titus seufzend und zeigte auf uns beide.
„Aber vertrauen Sie mir, ich werde Ihnen beweisen, dass mich auszuwählen kein Fehler war!"
Überzeugt von sich selbst nahm er meine Hand und drückte sie leicht. Sie war total kalt und ließ mich kurz zusammenzucken, bevor ich mich sofort wieder seinem Griff entzog.

„Wenn das so ist, was genau ist denn an Ihnen besonders?", wollte ich von ihm wissen, während ich skeptisch meine Augenbrauen hochhob.
„Seit einer ganzen Stunde reden Sie nur über Ihren Vater, aber ich möchte doch viel lieber etwas über Sie erfahren."

„Nun ja ähm..., ich bin sehr begabt im Harfe spielen!"
Titus zog seine Augenbrauen leicht nach oben, so als ob er sich nicht selbst sicher wäre, ob das ein hervorragendes Talent wäre.

„Meine Dienerin Aviana kann das auch. Sowie alle angestellten Musiker im Palast. Es ist ja schön, dass Sie Harfe spielen, aber damit stechen Sie keinesfalls aus der Masse. Gibt es sonst noch irgendetwas?"
Ich war etwas lauter geworden, denn es nervte mich, dass er wirklich nichts zu bieten hatte. Ich wollte aber jemanden, der mir die Stirn bieten kann und mich herausforderte. Nicht jemanden der alles tat was ich wollte und aus lauter Angst vor mir zitternde Knie bekam.

„Ich... äh, lassen Sie mich kurz überlegen!", entgegnete Titus und Strick sich durch seine Haare während er in den Himmel blickte, als ob er darauf hoffte dort die richtige Antwort zu finden.
„Ich reite gerne aus.", meinte er schließlich woraufhin ich mich mit dem Lachen zurückhalten musste.

Titus wich etwas zurück und wirkte plötzlich winzig klein. Obwohl er fast einen ganzen Kopf größer war als ich.

„Ich kenne niemanden der nicht gerne ausreitet.", warf ich ein.
„Das ist doch wirklich lächerlich, Titus!"
Ich verdrehte die Augen und atmete hörbar aus.
„Es kann doch nicht ernsthaft nichts besonderes an Ihnen geben! Wirklich gar nichts! Vielleicht ist ja genau das das Besondere an Ihnen. Nämlich, dass es nichts gibt!"
Mit vor der Brust verschränkten Armen stand ich da und beobachtete, wie erst nur sein Mund vor lauter Ungläubigkeit aufklappte. Dann fuhr er sich mit den Händen durch die Haare und wandte mir schließlich den Rücken zu.
Weinte er etwa gerade?
Mist, ich war wohl deutlich zu weit gegangen. Klar, ich konnte ihn nicht ausstehen aber seine Gefühle wollte ich trotzdem nicht derart verletzen.

„Titus, es tut mir leid. Ich wollte nicht so hart zu Ihnen sein.", meinte ich und ging auf ihn zu.
„Ich glaube, die ganze Situation ist einfach zu viel für mich, weshalb ich etwas überreagiere."

Ich wollte auf ihn zu gehen und sicher stellen, dass er sich wegen mir nicht schlecht fühlte als im gleichen Moment niemand geringeres als Maeson, sein Sklave angelaufen kam. Die ganze Zeit über hatte er im Garten herum gestanden und uns beobachtet. Es musste sich schließlich auch jemand um Titus' Sicherheit kümmern.
Nun war er wohl besorgt um seinen Schützling, denn er legte beruhigend seine kräftige Hand auf dessen Schulter.

„Gibt es ein Problem?", erkundigte er sich bei Titus.
Es war das erste Mal, dass ich seine Stimme hörte und sofort wurde mir etwas wärmer. Sie war tief und angenehm, man könnte ihm bestimmt stundenlang zuhören wenn er redete. Wie es wohl klingen würde, wenn er meinen Namen aussprach...

Dann jedoch erwachte ich wieder von meiner kleinen Träumerei und ich landete wieder in der unangenehmen Situation, in die ich mich selbst hineingeritten hatte.

„Nein, es gab nur gewisse... Differenzen.", klärte ich die Situation auf.
„Für mein Verhalten habe ich mich bereits entschuldigt, es ist also alles in Ordnung."

„Stimmt das?", erkundigte sich Maeson bei Titus, woraufhin dieser nickte, ohne dabei seinen Sklaven in die Augen zu schauen.

„Wenn das so ist werde ich wieder gehen."
Nachdem er sich versicherte, dass Titus keine Hilfe brauchte blickte Maeson mir kurz in die Augen und verschwand dann wieder rasch unter irgendwelchen Pinienbäumen.
Ich wusste nicht, wie lange ich ihm hinterherschaute, auch wenn er schon längst nicht mehr zu sehen war. Die ganze Zeit sah ich aber jedoch seine schokobraunen Augen vor mir, die so geheimnisvoll dunkel waren und im Licht der Sterne geglänzt hatten.

„Ihr mögt mich nicht sonderlich, oder?", fragte Titus nach einer Weile.
Ich hatte schon ganz vergessen, dass er immer noch neben mir stand.

„Ja, da haben Sie recht. Aber das ist nicht einmal das Problem. Es stört mich viel eher, dass ich den Rest meines Lebens mit Ihnen verbringen muss und das allein die Entscheidung meines Vaters war."
Ich musste mich zurückhalten, um nicht wütend zu werden. Jedes Mal wenn ich daran dachte, dass mein Vater mit mir wie mit einer Ware handelte nur um sich Macht zu sichern, könnte ich ausrasten.

„Das verstehe ich, Flavia. Aber Sie müssen auch berücksichtigen, dass ich es mir genauso wenig ausgesucht habe. Ich wurde auch mitten aus meinem Leben gerissen.", entgegnete Titus leise.

Fast begann ich schon Sympathien für ihn zu haben, doch die Tatsache, dass er mich nur bei meinem Familiennamen nannte, ließ das alles wieder verfliegen.

The Slave's DarlingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt