Aviana ließ gerade Wasser in die goldene, freistehende Wanne laufen während ich daneben auf einem Hocker saß und darauf wartete, mein tägliches Bad nehmen zu können.
„Und dann hat er mir in die Augen gesehen. Zwar nicht lange aber sein Blick war so fesselnd, dass ich die nächsten Stunden an gar nichts anderes mehr als an seine Augen denken konnte.", erzählte ich ihr und war in Gedanken wieder beim letzten Abend.
„Ich habe total schlecht geschlafen, Aviana! Wie kann es denn sein, dass er mich mit nur einem einzigen Blick so sehr fasziniert hat?"
Seufzend fuhr ich mir durch meine Haare. Es sollte doch so sein, dass Maeson MIR verfiel und nicht anders herum. Aber da er ständig so abweisend war konnte ich wohl nichts anderes als durchzudrehen wenn er mir dann einmal Aufmerksamkeit schenkte.„Ja ich weiß was du meinst.", sagte Aviana grinsend.
„Er sieht wirklich total gut aus. Wäre ich nicht einigermaßen glücklich verheiratet würde ich auch ständig über ihn schwärmen."„Wenn ich ihn nicht kriegen kann, dann gehe ich nach Marokko. Das wäre ja das reinste Paradies, wenn alle Männer dort so aussähen!"
Ich stieg in die gefüllte Wanne und das angenehm kühle Wasser umgab mich sofort.
Aviana setzte sich auf den Stand der Wanne und sah zu mir.„Nun ja, du wirst bald verheiratet, Olympias. Das heißt, dass du Titus treu bleiben musst, egal wie wenig du ihn magst. Denn wenn du erwischt wirst wie du ihm fremdgehst, wirst du hart bestraft. Und was glaubst du wie schockierend es wäre, wenn herauskommen würde, dass du Titus mit einem Sklaven betrügst?"
„Ja, ich weiß.", murmelte ich.
Dieser Tatsache war ich mir stets bewusst.
„Aber ich habe doch auch nicht vor, Titus zu betrügen. Maeson ist einfach nur nett anzuschauen. Er macht meinen Alltag einfach nur ein bisschen spannender, jetzt wo mein Leben so öde sein wird."
Ob es aber wirklich nur dabei bleiben würde, dass ich ihn einfach nur ab und zu anschauen würde, da war ich mir selbst nicht so sicher.—
„Was macht denn mein lieber Bruder gerade?", rief ich fröhlich als ich sein Zimmer betrat.
Ich freute mich immer, wenn ich Zeit mit Augustus verbringen konnte.Durch sein Schlafzimmer hindurch lief ich in sein Arbeitszimmer. Dort saß er an seinem großen Schreibtisch, doch er war nicht alleine. Scheinbar hatte sich Maeson zu ihm gesellt und sie beide waren in irgendwelche Landkarten und Notizen vertieft.
„Ah, Olympias! Was machst du denn hier?", entgegnete mein Bruder überrascht und sah zu mir auf.
Maeson hingegen sagte gar nichts und hielt weiterhin seinen Blick auf eine Karte gesenkt.„Ich wollte nur sehen, was du machst.", antwortete ich, als ich ihn umarmte.
„Ich habe dich nämlich schon vermisst, weil wir uns in letzter Zeit so wenig gesehen haben."„Stimmt, du hast sicherlich viel zu tun mit Titus, oder?"
Ich nickte. Ständig musste ich mit ihm durch den Palast spazieren, damit er sich einerseits besser zurechtfand und wir uns andererseits besser kennenlernten. Das war jedoch ziemlich öde, da Titus genau so langweilig war wie die Kleiderhaken, die an der Stange in meinem Zimmer hingen.
Und wenn ich gerade nichts mit ihm machte, musste ich irgendwelche organisatorischen Dinge für die Hochzeit erledigen. Eigentlich hätte mir das ja Spaß gemacht. Da ich aber jemanden heiraten würde, den ich nicht mochte, war auch das keine angenehme Arbeit.„Da tust du mir ehrlich leid, Schwesterchen. Aber ich habe gerade genauso viel Stress mit Kriegsplanung."
Seufzend fuhr sich Augustus durch seine kurzen dunklen Haare und zeigte dann auf seinen Schreibtisch.
„Eigentlich will ich gar keine Kriege planen. Unser Imperium ist doch schon groß genug, finde ich. Was bringen denn da noch die ganzen Gebietserweiterungen? Wir können doch schließlich nicht die ganze Welt beherrschen! Aber Vater hat mir geholfen, weitere Eroberungen in Nordafrika zu planen. Zum Glück hilft Maeson mir, sonst würde ich gar nichts schaffen."
Kurz huschte mein Blick zu Titus' Sklave rüber, der sich nun fleißig Notizen machte.Eigentlich hätte es mir egal sein sollen, dass Maeson mich nicht beachtete. Er war doch schließlich nur ein Sklave, wie mein Vater mich jetzt erinnert hätte. Doch für mich waren Sklaven nicht einfach nur Objekte, Dinge die man besaß und mit denen man handeln konnte. Sklaven waren doch auch Menschen, genau wie wir anderen. Sie hatten Gefühle, so wie ich, wie mein Bruder, wie einfach alle. Es war doch nicht gerecht, dass sie keine Möglichkeit auf ein eigenes Leben hatten.
Ich hoffte, dass Maeson wusste, dass er bei mir nichts zu befürchten hatte. Denn so wie es aussah, verstand er sich gut mit meinem Bruder. Also warum sollte das nicht auch der Fall bei mir sein?
„Du kennst dich mit Gebietserweiterungen aus?", hakte ich an Maeson gerichtet nach und versuchte, auf authentische Art interessiert zu klingen.
„Ja.", antwortete er nur knapp, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen.
Langsam begann ich, an mir selbst zu zweifeln. War es nicht total unhöflich, wenn man mit jemandem redete, der Person aber nicht in die Augen sah?
Fragend sah ich zu meinem Bruder, der jedoch nur ratlos mit den Schultern zuckte.„Wo hast du das denn gelernt, wenn ich fragen darf?", versuchte ich es noch einmal und hoffte auf eine angemessene Antwort, sonst würde es nämlich ziemlich peinlich für mich werden.
„Bevor ich versklavt wurde war ich Legionär. Ich hatte also täglich damit zu tun, Gebiete zu erweitern oder zu verteidigen.", sagte er und hob seinen Blick um mir in die Augen zu schauen.
Sofort wurde mein ganzer Körper wärmer und fing an, unter der Intensität dieses Blickkontaktes zu kribbeln.
Das war zwar komisch, aber ich war überaus glücklich darüber wenigstens für ein paar Sekunden das bekommen zu haben, was ich wollte.
Auch als Maeson sich wieder den Karten zuwandte, konnte ich nicht aufhören mich über meinen kleinen Erfolg zu freuen.„Dann ist es doch schön, dass du jetzt wieder deinen gewohnten Tätigkeiten nachgehen kannst.", meinte ich und hoffte er verstand dadurch, dass es mich freute ihn hier zu haben.
Er sollte sich schließlich - auch als Sklave - im Palast willkommen fühlen.Doch Maeson lächelte mir daraufhin nicht einmal nett zu. Er zeigte keine Reaktion, so als ob er mich nicht gehört hätte. Sofort war meine Freude von so eben verflogen und ich hätte am liebsten empört nach Luft geschnappt. Ich hatte wirklich keine Ahnung, was seine Mission war. Doch wenn es war, mich zu verärgern dann hatte er eindeutig sein Ziel erreicht.
Aber was hatte er denn davon?
Konnte er mich aus irgendeinem Grund nicht leiden?
Es blieb mir jedenfalls ein Rätsel.Augustus warf mir einen entschuldigenden Blick zu und setzte sich dann wieder zu Maeson.
Das machte mich noch wütender. Dass er sich meinem Bruder gegenüber total normal verhielt.„Ich muss dann auch mal wieder gehen, ich habe nämlich noch ein paar Dinge mit Titus zu regeln.", meinte ich an Augustus gewandt.
„In Ordnung. Viel Spaß dabei!", grinste mein Bruder und zwinkerte mir zu.
Ich schnaubte und drehte mich dann um um zu gehen.Zum Glück war das nur eine Lüge gewesen um dieser unangenehmen Situation zu entfliehen. Denn hätte ich mich jetzt noch mit Titus abgeben müssen, wäre mein Geduldsfaden eindeutig gerissen.
Vielleicht war ich ja verflucht, und mir war deswegen kein Glück mit den Männern vergönnt. Anders konnte ich mir wirklich nicht erklären, warum ich solches Pech hatte!

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The Slave's Darling
Ficción histórica106 n.Chr. Flavia Olympias ist die Tochter des Kaisers vom Römischen Reich. Eigentlich führt sie ein relativ angenehmes und luxuriöses Leben, das sie größtenteils auf dem Landhaus der Familie verbringt. Doch ihr Vater hat schon wieder einen Mann au...