Bereits an dem Tag, als Titus im Palast eingetroffen war war beschlossen worden, dass wir exakt zwei Wochen später heiraten würden. Schließlich hatten wir genug tüchtige Sklaven, die bis dahin alles rechtzeitig herrichten konnten.
Außerdem war ich nur die Tochter des Kaisers.
Nicht sein Sohn.
Meine Hochzeit würde bei weitem nicht so spektakulär sein wie die von Augustus.Darüber war ich ziemlich froh. Worüber ich allerdings nicht froh war war die Tatsache, dass meine Hochzeit schon morgen stattfinden würde. Die Zeit war schneller vergangen als ich gucken konnte und erst jetzt wurde mir so richtig klar, dass ich Titus tatsächlich heiraten musste. Die ganze Zeit über hatte tief in mir drin ein kleiner Hoffnungsschimmer gelodert, der mich glauben lassen hatte, dass ich doch irgendwie die Hochzeit mit Titus umgehen konnte.
Doch nun war alles organisiert, der Palast war bereits vollständig geschmückt und die ersten Gäste waren schon heute Vormittag eingetroffen. Ich kannte nur die wenigsten von ihnen, denn natürlich hatte mein Vater alle Leute die er kannte eingeladen. Sie waren irgendwelche wichtigen Persönlichkeiten, zu denen er hin und wieder Kontakt pflegen musste. Warum also nicht bei meiner Hochzeit Dinge wie Kriege und Eroberungen besprechen?
Ich hielt die Luft an, als mich Aviana und zwei meiner anderen Sklavinnen - die ich jedoch lieber als Dienerinnen bezeichnete - in mein Hochzeitskleid zwängten. Sie hatten es natürlich selbst genäht und waren genau richtig einen Tag vor der Zeremonie fertig geworden. Jetzt mussten wir nur noch hoffen, dass es mir passte.
Und das tat es perfekt.
Das Kleid war natürlich weiß und aus dem gleichen weichen Stoff wie meine restlichen Kleider und Tuniken. Es war bodenlang und hatte keine Träger. Der Rücken war frei, wurde aber wie ein Korsett zugebunden, damit das Kleid auch ja nicht verrutschte. Der Ausschnitt war für meinen Geschmack allerdings etwas zu groß, ich hätte am liebsten gar keinen gehabt.
Aber Titus musste ja schließlich eine Vorschau auf das haben, was ihn erwarten würde.
Daraufhin schnaubte ich verächtlich und Aviana sah mich fragend an.„Nichts, nichts. Das Kleid ist toll, wirklich!", lobte ich sie ehrlich.
„Es gefällt mir nur nicht, dass ich darin Titus heiraten muss."„Nun ja, wir hätten dir auch Kartoffelsack geben können.", erwiderte Aviana.
„Aber heiraten musst du doch sowieso, also wenn schon dann spektakulär. Alle Männer im ganzen Reich sollten Titus beneiden!"
Aufmunternd lächelte sie mir zu und ich musste schmunzeln.
Aviana hatte Recht, ich war Flavia Olympias, die begehrteste junge Frau des ganzen Römischen Reiches.
Titus sollte sich geehrt fühlen, dass er mich zur Frau nehmen durfte!„Und sieh es positiv. Dadurch, dass Titus nun hier wohnen wird, ist auch dieser süße Sklave im Palast!", sagte Aviana zwinkernd, während ich in einem der großen Spiegel bewunderte, wie gut das Kleid an mir saß.
„Komm mir ja nicht mit dem an!", rief ich empört.
„Wieso denn? Ich dachte er gefällt dir?"
Verwirrt runzelte Aviana die Stirn.„Naja, äußerlich vielleicht, da besteht kein Zweifel. Aber er geht mir - warum auch immer - die ganze Zeit aus dem Weg und ignoriert mich. Wenn ich ihn direkt auf etwas anspreche, antwortet er wenn überhaupt so knapp wie möglich. Das ist sowas von unhöflich!", beschwerte ich mich und die Wut der vergangenen Tage über Maeson keimte wieder etwas in mir auf.
„Da hast du allerdings Recht. Aber ich verstehe das überhaupt nicht. Mit Augustus scheint er sich doch gut zu verstehen, und auch zu uns anderen Sklaven ist er nett.", meinte meine beste Freundin und die anderen zwei Dienerinnen, deren Namen mir nicht bekannt waren, nickten zustimmend.
„Tatsächlich?", hakte ich ungläubig nach.
Wie konnte es denn sein, dass er sich gegenüber allen außer mir total normal, nein, total nett verhielt, mich aber jedes Mal in die unangenehmsten Situationen brachte?
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The Slave's Darling
Historical Fiction106 n.Chr. Flavia Olympias ist die Tochter des Kaisers vom Römischen Reich. Eigentlich führt sie ein relativ angenehmes und luxuriöses Leben, das sie größtenteils auf dem Landhaus der Familie verbringt. Doch ihr Vater hat schon wieder einen Mann au...