Ich wachte mitten in der Nacht auf. Wie schon so oft. Aber dieses Mal war es anders. Ein ungutes Gefühl machte sich in meiner Magengrube breit und bescherte mir Bauchschmerzen. Ich probierte einfach wieder einzuschlafen, aber der Schlaf kam nicht. Außerdem vertraute ich eigentlich meinem Gefühl. Und mein Gefühl sagte, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Mein Wecker zeigte mir die Uhrzeit 3:46 an. Serena schlief tief und fest, nur ein leises Schnarchen zeigte, dass sie noch lebte. Das Mondlicht schien durch die Fenster und beleuchtete ihr Gesicht. Wie schon so oft. Eines Nachts, als ich wieder mal nicht schlafen konnte, ging ich in die Küche, um mir einen Tee zu machen. Und da traf ich Maria. Sie erzählte mir, dass sie schon als Kind Schlafstörungen hatte und nur nach einer Tasse Tee wieder schlafen konnte. Und seitdem saßen wir zusammen in der Küche, tranken unseren Tee und redeten. Sie redete über ihre Vergangenheit, ich eigentlich nur über eine Person. Kathleen.
Langsam stieg ich aus meinem Bett, um wieder zu Maria zu gehen. Leise zog ich mir warme Klamotten an und trat auf den Flur. Ich hatte mich drauf eingestellt einen menschenleeren Flur zu erblicken aber was ich da sah, schockte mich. Das Licht war an und mehrere Personen in weißen Kitteln rannten umher. Offensichtlich war etwas passiert. Irgendetwas schlimmes. Und dass es hier in den Fluren passierte, wo nur Jugendliche schliefen, machte mir Angst. Plötzlich wurde eine Trage mit einer Person drauf an mir vorbeigetragen. Und als ich erkannte, wer es war, gefror mir das Blut in meinen Adern. Blonde verwuschelte Haare lagen quer auf der Trage verteilt, die sonst so blauen Augen waren geschlossen. Das Gesicht, auf dem sonst immer das Lächeln lag, was ich so liebte, war bleich. Panisch schaute ich mich um und erkannte Natalie mit einem beunruhigten Gesichtsausdruck. Sie schaute auf ein Papier auf ihrem Klemmbrett, ihre Haare fielen ihr in wirren Strähnen ins Gesicht und überhaupt sah sie sehr müde aus.
„Natalie? Was ist passiert? Wird sie es überleben?", schrie ich sie an. Schnell lief sie weiter, aber trotzdem ließ ich mich nicht davon abbringen sie weiter auszufragen. „Antworte mir verdammt. Sie ist meine feste Freundin, ich möchte wissen, wie es ihr geht", brachte ich schluchzend hervor. Sie stoppte und legte mir eine Hand an die Wange. Ihre Augen sprachen Mitleid aus, während sie mit ihrem Daumen meine Tränen wegwischte. „Tori... Sie hatte einen Herzinfarkt", erklärte sie mir sanft. „Sie wird durchkommen, oder? Bitte sag mir, dass sie nicht stirbt... Bitte", flüsterte ich tränenerstickt. Natalie biss sich auf die Lippe und knetete nervös ihre Hände. „Ich... Sie wurde zu spät gefunden. Wir probieren was wir können, aber ich kann dir nichts versprechen", meinte sie leise und brachte mich wieder zum Schluchzen. Schnell rannte ich in die Richtung, in die sie Kathi gebracht hatten. Ich musste zu ihr. Ich musste ihr noch einmal in die wunderschönen blauen Augen blicken, bevor es zu spät war. Ich musste ihr etwas sagen. Etwas, was ich für einen besonderen Moment aufheben wollte. Und jetzt war der Moment, wo ich es ihr sagen musste, gekommen. Nur war es nicht ein schöner, besonderer Moment. Nein, es war grausam.
In meinen Vorstellungen hätte ich sie zum Essen eingeladen. Sie hätte einer ihrer wunderschönen Kleider angehabt, ihre Haare hätte sie in schönen Locken über die Schultern fallen lassen. Zusammen wären wir in irgendein Restaurant gefahren. Wahrscheinlich italienisch, ich meine, mit Pizza kann man nichts falsch machen. Dann hätten wir uns an den Tisch gesetzt und in die Speisekarten geschaut. Während sie geschaut hätte, hätte ich wahrscheinlich nicht die Gerichte, sondern sie untersucht. Und dann hätte sie mich erwischt und frech angegrinst. Der Kellner wäre gekommen und hätte unsere Wünsche aufgenommen. Wir hätten gegessen und gelacht. Und danach wären wir spazieren gegangen. Ich hätte ihr tief in die Augen geschaut und ihr gesagt, dass ich sie liebte. Hätte. Wäre. Es war leider alles nur Wunschvorstellungen.
„Hey, kann ich dir helfen?" Ich hatte gar nicht bemerkt, wie ich schluchzend auf dem Boden zusammengesunken war und nicht wieder aufstand. Nur ein paar Wörter spielten sich durchgehend in meinem Kopf ab. Kathi könnte sterben. Kathi könnte sterben. „Ich... Bitte... Ich muss", probierte ich schluchzend der Krankenschwester zu erklären, was mein Problem war. „Atme tief durch und probiere dich zu beruhigen, sonst kann ich dir nicht helfen", meinte sie besorgt. „Ich muss zu Kathleen Baker, bitte! Sie hatte einen Herzinfarkt und ich weiß nicht, ob sie durchkommt", brachte ich stammelnd hervor. Die Miene der Krankenschwester verdüsterte sich und traurig schüttelte sie den Kopf. „Es tut mir leid, aber ich kann dich nicht zu ihr lassen. Sie ist gerade in einer Notoperation, das kann noch länger dauern", erklärte sie mir mitleidig lächelnd. Schluchzend vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen, während ich panisch probierte Luft zu bekommen. Die Krankenschwerster rüttelte an meiner Schulter und befahl mir, langsamer zu atmen. Aber ich konnte nicht. Die Angst, dass Kathleen sterben könnte war zu groß.
Nach vielen Tränen später hatte ich mich endlich beruhigt. Mittlerweile saß ich auf einem Stuhl und umklammerte ein Glas mit Wasser. Die Krankenschwester, die mich gefunden hatte, saß neben mir und lächelte mich freundlich an. „Ich heiße Anne, und du?" „Tori", murmelte ich vor mich hin. Die Ablenkung, die sie hier versuchte, klappte nicht sehr gut. Meine Freundin lag vielleicht gerade im Sterben und sie probierte mit mir Smalltalk zu führen. „Das wird schon Tori, glaub mir. Ich habe schon Bescheid gegeben, dass du einer der ersten sein wirst, die Kathleen zu Gesicht bekommt", meinte sie ruhig. Ich probierte mich an einem dankbaren Lächeln, scheiterte aber kläglich. Stattdessen fang ich wieder an zu Schluchzen. Es vergangen Stunden, in denen Anne neben mir saß und mich versuchte abzulenken. Und das ging solange, bis ein Mann mit einem weißen Kittel aus einer Tür trat, sich umschaute und dann auf mich zu ging.
„Bist du die Freundin von Kathleen Baker?" „Ja, die bin ich. Wie geht es ihr? Kann ich zu ihr?", fragte ich mit Tränen in den Augen.
Was glaubt ihr? Wird Kathi überleben?
Bye
-F
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99 Tage
Teen FictionWas würdest du machen, wenn du die Diagnose bekommen würdest, dass du nur noch 99 Tage zu leben hast? Du hast drei Möglichkeiten: aufgeben, nachgeben oder alles geben. 2 Mädchen, die sich durch eine tragische Situation immer näher kommen. ©kleiner...