Ich starrte in den Spiegel. Meine sonst strahlend blauen Augen waren rot und verquollen. Langsam steckte ich mir einer meiner schwarzen Haarsträhnen hinters Ohr. Meistens fand ich mich schön, aber gerade sah ich einfach nur verheult aus.
„Victoria? Kann ich reinkommen?"
Alisha. Schnell wischte ich mir meine Tränen weg, fuhr mir einmal durch die Haare und ging dann zur Tür, um sie zu öffnen.
Sobald sie drinnen war, drückte sie mich an sich.
„Wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht. Du warst nicht beim Mittagessen und Kathleen hat sich solche Vorwürfe gemacht!" Kathleen? „Sie hat uns erzählt, dass du richtig aufgelöst warst, deshalb wollte ich bei dir vorbeischauen."
Sie löste sich von mich uns begutachtete mich. Ihre grünen Augen starrten mich besorgt an und schnell brach ich den Blickkontakt ab. Alisha nahm mich an der Hand und zog mich zu meinem Bett, wo wir uns hinsetzten.
„Möchtest du mir irgendwas erzählen oder lieber nicht? Ich höre dir zu." Tief nahm ich Luft und fing dann an zu sprechen. Meine Stimme war zittrig und man hörte, dass ich geweint hatte.
„Ich war nur bisschen überrumpelt. Eigentlich bin ich nicht so emotional, wenn es um meinen Vater geht, aber... Ich weiß es nicht, die Erinnerungen haben mich erdrückt und ich habe mich einfach unwohl gefühlt. Ehrlich gesagt weiß ich auch nicht, wieso ich dir das gerade erzähle und-"
Alisha tätschelte mir beruhigend die Hand. Ich merkte, wie schon wieder eine Träne über meine Wange rollte. Energisch wischte ich sie weg. Mein Vater hatte es nicht verdient, dass ich über ihn weinte.
„Ich finde es großartig, dass du dich mir anvertraust. Weißt du, in dieser Klinik ist das einzige schöne Freundschaft. Auch wenn du dir vielleicht denkst, dass es sich nicht lohnt oder du nichts mit uns zu tun haben möchtest. Wir haben dich in unser Herz geschlossen. Rede mit uns, wenn etwas ist ok?"
Ermutigend schaute sie mich an. Dankbar lächelnd nickte ich.
„Und was das mit deinem Vater auf sich hat, musst du uns nicht erzählen. Und wir werden dich nie mit diesen einem Spitznamen rufen, versprochen."
Alisha war herzensgut. Sie sorgte sich um mich, kümmerte sich um alle und drängte mich nicht etwas zu erzählen. Ein kleines Lächeln huschte über meine Lippen.
„Komm, wir richten dich jetzt wieder her und gehen zu den anderen!"
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Unsere Freunde saßen draußen auf der Wiese und lachten über irgendeinen Witz, den Nic erzählt hatte. Als sie uns beide erblickten, schauten sie mich mitleidig, aber auch froh an.
„Victoria! Ist wieder alles in Ordnung?", fragte Serena mich.
Lächelnd nickte ich und setzte mich neben Jordan hin. Der lächelte mir zu und schaute dann wieder zu Serena. Verknallte Leute sind gruselig.
„Victoria, ich wollte mich nochmal entschuldigen Ich wollte nicht so aufdringlich sein, obwohl wir uns noch nicht so gut kennen."
Kathleen, die plötzlich neben mir kniete, schaute mich entschuldigend an. Sie tat mir leid. Sie wollte nur helfen und ich hatte sie unhöflich abgewiesen. In der Früh war ich auch schon nicht nett gewesen, am Vortag erst recht nicht. Und trotzdem hatte sie sich die ganze Zeit bemüht ein Gespräch mit mir anzufangen und mich zu verstehen. Ich war ein Arsch gewesen.
Kathleen schaute mich noch immer hoffnungsvoll an und ich traf die einzig richtige Entscheidung.
„Eigentlich müsste ich mich bei dir entschuldigen. Ich war total unhöflich und abweisend, obwohl du nichts gemacht hast. Gibst du mir nochmal eine Chance?"
Kathleen blickte mich total verblüfft an, dann fing sie an zu grinsen und nickte.
„Natürlich! Am besten fangen wir einfach nochmal von vorne an." Sie reichte mir die Hand. „Hey, ich bin Kathleen Baker, aber du kannst mich Kate nennen. Ich bin 16 Jahre alt und habe einen großen Bruder. Wer bist du?"
Grinsend schüttelte ich ihre Hand.
„Ich bin Victoria Neuberger, nenne mich bitte Tori. Ich bin auch 16 Jahre alt, aber Einzelkind."
Wir lächelten uns an, sie umarmte mich kurz und ging dann zu ihrem Platz neben Zoe zurück. Wieso konnten wir nicht gleich so starten?
Jordan, der anscheinend unser ganzes Gespräch belauschte hatte, lächelte mir zu.
„Schön, dass ihr euch ausgesprochen habt!" „Sollten du und Serena auch."
Verwirrt schaute er mich an.
„Jordan, du stehst total auf sie! Es wäre nur fair, wenn du es ihr sagen würdest!"
Er wollte etwas erwidern, stockte dann aber und seufzte. Wahrscheinlich hatte er eingesehen, dass Leugnen zwecklos wäre.
„Ich habe Angst unsere Freundschaft zu zerstören. Sie hat mir schon paarmal indirekt gesagt, dass sie kein Interesse hat." „Aber ausgesprochen hat sie es noch nicht." „Nein..." „Dann riskiere es! Kämpfe um sie!"
Jordan nickt unsicher. Ich würde es schon noch schaffen sie zu verkuppeln.
„Frag sie nach einem Date!"
„Wen soll Jordan nach einem Date fragen?"
Kathleen schaute uns neugierig an. In der Hand hielt sie einen Teller mit Wassermelonen, die sie anscheinend von Maria hatte, die gerade auf dem Hof mit einem Essenswagen rumlief. Schnell schnappte ich mir eine Melone und biss rein.
„Jordan ist total in Serena verknallt.", antwortete ich nachdem ich runtergeschluckt hatte.
„Kann ja sein, aber zwischen dir und Nic knisterts auch!", erwiderte Jordan.
Hustend starrte ich ihn an. Hatte er das ernsthaft behauptet? Nic und ich?
„Niemals. Vielleicht flirtet er mit mir, aber er ist überhaupt nicht mein Typ.", stritt ich ab.
„Ich finde auch, dass sie null zusammenpassen. Charli würde gut mit ihm harmonieren.", meinte Kathleen.
Nachdenklich blickte ich zu den beiden rüber. Sie saßen nebeneinander und Charli ließ Nic gerade von seiner Wassermelone abbeißen. Ja, sie würden wirklich gut zusammenpassen. Auch Jordan stimmte zu.
Ich hatte eine Mission. Jordan mit Serena und Nic mit Charli zusammenbringen.
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Hey, ich hoffe es hat euch gefallen. ;) Es ist nur eine Überleitung, genauso wie das nächste Kapitel, aber dann geht die Story richtig los. Also geduldet euch :D
Was haltet ihr von Jordans Verhalten? Sollte er Serena seine Gefühle gestehen?
Bye
-F
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99 Tage
Novela JuvenilWas würdest du machen, wenn du die Diagnose bekommen würdest, dass du nur noch 99 Tage zu leben hast? Du hast drei Möglichkeiten: aufgeben, nachgeben oder alles geben. 2 Mädchen, die sich durch eine tragische Situation immer näher kommen. ©kleiner...