Epilog

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Es war ein lauer Septembertag. Nicht gerade warm, aber noch nicht kalt. Vereinzelt verfärbten dich schon die Blätter und fielen trudelnd auf den Boden. Viele Menschen mochten dieses Wetter, diesen Tag, aber meine letzten Tage und insbesondere dieser, waren düster.

Heute war der achte September. Acht Jahre war es jetzt schon her. Und doch saß der Schmerz tief. Es fühlte sich an wie genau vor acht Jahren.

„Kathleen Baker, 04.03.2004 bis 08.09.2020, sie ging viel zu früh von uns, Ruhe in Frieden", flüsterte ich vor mich hin, während ich vorsichtig die Inschrift des Grabmales nachfuhr. Marmor. Mehrmals im Monat brachte jemand Blumen vorbei. Und sogar kleine Kerzen standen da. So hätte Kathleen es gemocht. Gepflegt und aufgeräumt, aber noch immer persönlich. Die kleine Regenbogenflagge flatterte im Wind. Ich hatte es nicht übers Herz gebracht sie einfach im Wald stecken zu lassen und deshalb war ich sie suchen gegangen, um sie an dieses Grab zu bringen.

Eine kleine Träne rollte meine Backe hinunter.

Schritte. Eine warme Hand legte sich auf meine Schulter. „Sie wacht jeden Tag über dir und ist stolz darauf, dass du es geschafft hast", ermunterte sie mich. Leicht lächelnd stand ich auf und drehte mich zu der Person hinter mir um. Strahlende Augen empfingen mich und vorsichtig hauchte ich einen Kuss auf die einladenden Lippen.

Seit einem Jahr war ich mittlerweile mit dieser tollen Person verlobt. Ich hatte lange gebraucht. Sehr lange. Und doch hatte sie mich nicht aufgegeben, sondern um mich gekämpft. Vor fünf Jahren waren wir dann schließlich zusammengekommen und drei ein halb Jahre später machte sie mir einen Heiratsantrag. Ich hatte mehrfach Schuldgefühle, aber mehrfach wurde mir versichert, dass Kathleen es so gewollt hätte.

Kathleen hätte es so gewollt. Sie hätte gewollt, dass ich geheiratet hätte, Kinder gekriegt hätte und glücklich wäre. Genauso wie ich es gewollt hätte, wenn ich an ihrer Stelle gewesen wäre.

Mit einem Lächeln auf den Lippen schaute ich nach oben in den Himmel und wusste genau, dass Kathi in diesem Moment zu mir herabschaute und stolz auf mich war.

Ende

99 TageWo Geschichten leben. Entdecke jetzt