Gedanken

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Nach einer halben Ewigkeit wieder ein Kapitel xD

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Erschöpft ließ ich mich auf eine Bank fallen. Ich hatte diese Nacht schlecht geschlafen und ich musste zugeben, dass es an einer bestimmten Person lag. Gedankenverloren schaute ich auf den See hinaus. Es war windig und die Wasseroberfläche kräuselte sich. Gedankenverloren nahm ich mir einen Stein und ließ ich ins Wasser plumpsen. Was bedeutete es, wenn meine Gedanken immer nur einer Person hinterherhangen? Was wollte mir mein Bauchkribbeln sagen? Wieso fühlte ich mich so wohl bei ihr? Freundschaft? Das konnte nicht sein. Man küsste nicht seine Freunde. Man war nicht eifersüchtig bei seinen Freunden. Man wollte nicht seinen Freunden so nah wie möglich sein. Das alles ging weit über eine Freundschaft hinaus.

Ich hatte Gefühle entwickelt. Für Kathleen. Für ein Mädchen.

Ich war todkrank und war auf dem besten Wege mich komplett zu verknallen. Hatte ich ja toll hinbekommen. Aber was sollte ich mit dieser neu erlangten Info anfangen? Einfach zu Kathleen hingehen und ihr meine Liebe gestehen ging nicht. Es verschweigen war auch nicht die beste Option. Verzweifelt vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen. Wieso fiel mir das erst jetzt auf? Wieso fiel es mir überhaupt auf? Gefühle brachten mich nur durcheinander. Ich war bis jetzt einmal verliebt gewesen und es hatte mich in eine dunkle Spirale gezogen. Liebeskummer, Beziehungsstress und Selbstzweifel. Nein danke. Auf das hatte ich nicht nochmal Lust.

Und seit wann stand ich bitte schön auf Mädchen? Ich hatte immer Interesse an Jungs gehabt. In der Schulzeit hatte ich Jungs angehimmelt, meine erste Beziehung war ein Junge. Und jetzt sollte ich in ein Mädchen verknallt sein? War ich bi? Lesbisch? Pan? War ich bereit verliebt zu sein? Wieso musste ich mich verlieben? Ich hatte es mir gar nicht gewünscht. Und doch wurde es mir in den Weg gelegt.

Kathleen. Sie war bildhübsch. Ihre himmelblauen Augen, ihre wunderschönen blonde Haare, ihr femininer Körperbau. Bis jetzt dachte ich immer, dass ich nur Jungs küssen und in den Arm nehmen wollte. Bis jetzt dachte ich, dass ich durch und durch hetero war. Bis jetzt... Jetzt wurde das Bild eins starken Jungen durch Kathleen ersetzt. Wie sie lachte, wie sie mich ansah, wie sie sprach, wie sie aß...

Verzweifelt schnaufte ich auf. Gestern dachte ich noch, dass ich bis auf meine Krankheit keine Probleme hatte. Jetzt tauchte das auf. Ich mochte Gefühle nicht. Immer wenn ich Gefühle zugelassen hatte, wurde ich dafür vom Leben bestraft. Plötzlich ließ sich eine Person neben mich plumpsen.

„Hey" „Hi" Schweigend starrten wir auf den See. „Du hast keine Jacke dabei. Ist dir nicht kalt?" Langsam schüttelte ich den Kopf. „Und wieso bist du hier?" „Ich musste raus. Etwas frische Luft schnappen und nachdenken" „Über was?" Neugierig wurde ich angeschaut. Ich konnte es niemandem sagen was in mir vorging. Erstmal musste ich selbst damit klarkommen. „Kann ich dir nicht sagen" Damit fand sie sich ab. Gedankenverloren schaute ich sie von der Seite an. Wieso war sie so hübsch? Wieso war sie so nett? Wieso hatte sie so einen schönen Charakter? Wieso musste ich mich ausgerechnet in sie verlieben?

Kathleen. Das Mädchen aus der Klinik. Die Person, die ich erst seit fünf Wochen kannte. Über die ich fast nichts wusste. Aber trotzdem war ich ihn sie verliebt. Kathleen bemerkte meinen starrenden Blick und drehte ihr Gesicht zu mir. Ihre Augen fixierten meine Lippen. Dann wanderten sie über mein Gesicht und meinen Körper. Wie hypnotisiert beobachtete ich wie sie sich mit der Zunge über die trockenen Lippen fuhr. Wie sie sich eine blonde Haarsträhne hinters Ohr strich. Wie sie sich streckte und dabei ihren flachen Bauch freilegte.

Wieso war mir das noch nicht früher aufgefallen? Wieso wurde mir erst jetzt bewusst wie verknallt ich ihn sie war? „Lass uns zurück gehen. Mir wird kalt. Aber du kannst natürlich noch bleiben, wenn du noch nachdenken möchtest", meinte sie lächelnd. „Lass uns gehen", antwortete ich genauso selig grinsend. Ihre reine Anwesenheit machte mich glücklich. Wir überquerten den kleinen Waldweg und gingen durch das große Tor in den Vorhof der Klinik. Paar ältere Leute saßen draußen und tranken Kaffee, andere lasen, unterhielten sich oder spielten Gesellschaftsspiele. Und auf einer Bank ein umschlungenes Paar. Sie knutschten sich gerade ab, während die kleinere Person auf dem Schoß der größeren saß. Desto näher wir kamen desto mehr wurde uns bewusst wer dasaß.

„Endlich haben sie sich zusammengerauft", murmelte Kathleen. Zustimmend nickte ich. „Die haben echt viel zu lange gebraucht" Als wir nur noch wenige Meter entfernt waren, rief Kathleen ihnen plötzlich etwas zu. „Hey Turteltäubchen!" Erschrocken lösten sie sich voneinander und drehten sich zu uns um. Als sie sahen wer wir waren erröteten wir. Nic kletterte schnell von Charlis Schoß runter, während der sein T-Shirt richtete. Beide Frisuren waren verwuschelt und ihre Hälse zierten Knutschflecken.

„Ähm...hi", meinte Charli verlegen. Vergeblich probierte er seinen Gürtel wieder zuzubekommen und beobachtete uns mit einem nervösen Grinsen. Wir schüttelten amüsiert die Köpfe und sahen uns gegenseitig mit einem wissenden Blick an. „Seid ihr jetzt wenigstens zusammen?", fragte Kathleen neugierig. Die beiden Ertappten schauten sich fragend an und nickten dann synchron. Freudig quietschte Kathleen auf und auch ich konnte mir kein zufriedenes Grinsen verkneifen. Die beiden waren einfach zu süß und passten perfekt zusammen. „Endlich! Ihr habt echt zu lange gebraucht!", gab auch ich meine Meinung ab. Charli wollte etwas erwidern, beließ es dann aber doch bei einer hochgezogenen Augenbraue und einem wissenden Blick, den er zwischen mir und Kathleen hin und her schweifen ließ. Nervös schluckte ich und merkte wie mir gerade das Blut in den Kopf stieg. Also hatte es Charli auch bemerkt. Wie auffällig war ich bitte schön?

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Würdet ihr mal gerne ein Kapitel aus der Sicht einer anderen Person lesen? 😂 und wenn ja von wem? ❤

Bye

-F

99 TageWo Geschichten leben. Entdecke jetzt