Kathleen

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Alisha hatte nicht unrecht. Es war wirklich viel los. Überall standen Familienmitglieder rum, die die geheilten Patienten in ihre Arme schlossen, Taschen versperrten den Weg und ich schaute mich mit meinen Freunden planlos um. Was war genau nochmal unsere Aufgabe?

Ach ja, wir sollten eine der Patientinnen in ein Taxi setzten. Ich wusste zwar nicht, wieso man das eine Horde Teenager machen lassen sollte, aber gut.

Okay, ehrlich gesagt wusste ich es ganz genau. Wir standen blöd rum und Natalie dachte sich wahrscheinlich, dass wir ihr sehr hilfreich sein könnten. Also das letzte Wort, mit dem ich mich beschreiben würde, wäre hilfreich. Selbst meine Kakteen starben mir regelmäßig, deshalb wusste ich nicht, ob man mir eine von Krebs geschwächte 80-Jährige anvertrauen sollte.

Aus diesem Grund standen wir zu siebt mit einem Rollstuhl in der Eingangshalle und waren mehr oder weniger hilfreich. Eher weniger. Die einzigen, die wirklich halfen, waren Jordan und Serena, die gerade die Seniorin zur Empfangstheke schoben. Nic unterhielt sich mit Charli, Alisha und Zoe alberten zusammen rum und ich schaute mir die verschiedenen Leute um uns herum an.

Da stach mir eine bestimmte Familie ins Auge. Ein Mann mit seiner Frau, einem Jungen und einem Mädchen. Den Jungen schätze ich paar Jahre älter als ich, das Mädchen könnte in meinem Alter sein. Aber etwas unterschied die Familie von den anderen Personen in der Halle.

Die Ausstrahlung. Sie sahen alle glücklich aus, obwohl das hier eine Heilklinik gegen einer der schlimmsten Krankheiten, nämlich Krebs, war.

Plötzlich bemerkte das blondhaarige Mädchen mich und lächelte mich schüchtern an. Was tun, wenn dich ein Fremder anlächelt?

Genau, wegdrehen und einfach so tun, als hätte man diese Person nicht gesehen.

Inzwischen hatten auch Alisha und Zoe aufgehört sich irgendwelche Witze, die sogar flacher als meine Oberweite waren, zu erzählen und drehten sich zu mir.

„Wer ist dieses Mädchen, das dich gerade angelächelt hat?", fragte Alisha neugierig.

Gelangweilt zuckte ich mit den Schultern. Falsche Antwort.

„Dann werden wir es jetzt herausfinden!", beschloss Alisha und zog Zoe und mich zu ihr.

Wieso musste sie immer so kontaktfreudig sein? Ich wette sie würde sogar, wenn sie entführt worden würde, anfangen mit dem Entführer Smalltalk zu halten.

Als wir nur noch wenige Meter entfernt waren, bemerkte die Familie uns. Der Junge schaute uns überprüfend an, das Ehepaar lächelte und das Mädchen schaute schüchtern zu ihren Schuhen.

Oh, bitte nicht so ein graues Mäuschen. Hoffentlich wollten sie nur einen Verwandten oder so abholen. Die riesige Reisetasche ignorierte ich einfach mal.

„Guten Tag, ich bin Alisha und das sind meine Freundinnen Zoe und Victoria.", stellte Alisha uns höflich vor.

Schön, durfte ich jetzt wieder gehen?

„Das ist aber nett, dass ihr rübergekommen seid!" Streng genommen war es Alishas Idee. „Ich bin Yvonne Baker, das ist mein Mann Henry und das sind unsere Kinder Dennis und Kathleen.", meinte die Mutter von dem grauen Mäuschen, pardon, Kathleen.

„Sind Sie hier, um jemand abzuholen oder sind Sie selbst in Behandlung? Ich hoffe, dass es nicht unhöflich rüberkommt, aber ich bin manchmal neugierig.", erkundigte Alisha sich.

Wenn du nicht unhöflich sein möchtest, dann halte einfach gleich die Klappe. Wie ich zum Beispiel.

„Ach, alles gut. Meine Tochter ist ab heute hier in Behandlung und wir haben sie hergebracht." „Dann ist sie wahrscheinlich in unserer Therapiegruppe. Wenn sie möchte kann sie sich gerne an uns wenden, wenn sie Hilfe braucht und auch mit uns an einem Tisch sitzen."

Ähm, Alisha? Das läuft gerade leicht aus dem Ruder. Du wolltest nur wissen wer sie ist und nicht gleich ihre beste Freundin werden. Außerdem ist es extrem unhöflich in Anwesenheit von dem grauen Mäus- Kathleen in dritter Person über sie zu sprechen.

Da bemerkte ich, dass alle mich anstarrten. Was hatte ich während ich Selbstgespräche geführt hatte, verpasst? Zoe verdrehte belustigt die Augen und Alisha starrte mich auffordernd an.

„Wir wollten nur wissen, wie lange ihr alle schon hier seid.", sprang ausgerechnet Kathleen mir zur Hilfe.

„Achso, ich bin seit einer Woche hier.", antwortete ich knapp und schaute sehnsüchtig Richtung Nic und Charli. Leider verstanden sie nicht ganz, dass hier wegwollte, nicht, dass sie herkommen sollten.

Dieser Dennis schaute die beiden skeptisch an und warf ihnen einen, wenn-ihr-meiner-Schwester-das-Herz-bricht-breche-ich-euch-das-Genick-Blick zu und stellte sich schon fast wie ein Leibwächter neben Kathleen.

„Hey, wieso hast du uns hergeholt?", fragte Nic mit einem Zwinkern. Ich glaube er hat es von vorne bis hinten nicht verstanden. Da machte plötzlich Kathleen ihren Mund auf.

„Hi, ich bin Kathleen und bin ab heute hier in Behandlung. Und du bist?" „Nic, das ist mein Kumpel Charli und den einen Teil von meinen Freunden hast du anscheinend schon kennengelernt."

Er nickte ihre freundlich zu und wandte sich wieder weg. An einem Gespräch war er anscheinend nicht interessiert. Endlich hatten wir mal etwas gemeinsam!

„Gruppenversammlung oder was wird das hier?" Serena, Jordan und Natalie standen plötzlich neben uns. Dennis hatte noch immer seinen Beschützerblick aufgesetzt, Kathleen lächelte einfach weiter und ihre Eltern standen daneben und waren anscheinend überfordert, dass ihre Tochter plötzlich so viele Freunde hatte. Konnte ich verstehen.

„Hey, du bist Kathleen, nicht wahr? Ich bin Natalie Degener, nenne mich aber bitte einfach Natalie. Ich bin Krankenpflegerin und bin am Meisten für die etwas jüngeren Patienten hier verantwortlich."

Kathleen nickte leicht überfordert, aber Natalie ließ sich nicht stören und führte ihren Monolog weiter.

„Ach, und das sind Serena und Jordan. Ihre Freunde Alisha, Zoe, Victoria, Charli und Nic hast du anscheinend schon kennengelernt. Sie sind einer der wenigen in deinem Alter, ich wette ihr werdet alle gute Freunde! Ach, dein Zimmer teilst du dir mit Zoe, ich zeige es dir, wenn du dich von deinen Eltern verabschiedet hast."

Hatte sie geatmet? Und das mit dem 'gute Freunde werden' würde ich mal nicht so voreilig sagen. Aber dank Alisha würde sie eh mit uns abhängen...

„Na dann halten wir dich nicht mehr länger auf! Rufe an, wenn etwas los ist, okay? Wir haben dich ganz doll lieb Schätzchen, du schaffst das!" Kathleens Eltern drückten sie an sich und alle drei sahen so aus als würden sie gleich losheulen.

„Egal was ist, ich bin immer erreichbar! Du bist stark, du schaffst das! Ich liebe dich, Schwesterchen." Dennis umarmte seine Schwester und mir kamen fast vor Rührung die Tränen. Nicht.

Nach noch paar herzzerreißenden Worten gingen sie und Natalie führte Kathleen zu ihrem Zimmer.

Jetzt standen wir wieder alleine da.

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Also, was haltet ihr von Kathleen? Und ja, sie ist die 2. Hauptperson  🤩😏

Victoria scheint ja nicht sehr begeistert zu sein...

Ich setzte mich gleich ans nächste Kapitel! 🙃

Bye

-F

99 TageWo Geschichten leben. Entdecke jetzt