7 | 46. Kapitel

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Die trügerische Ruhe, die in Malfoy Manor Einzug hielt – die Schreie der Gefangenen unten im Keller, von denen ich nach wie vor nicht wusste oder viel eher nicht wissen wollte, um wen es sich dabei handelte, einmal ausgenommen – hielt nicht lange. Es war ausgerechnet meine Neigung, ungewollt Gespräche mitzubekommen, die mich in Schwierigkeiten brachte. Dabei war mir im Nachhinein nicht einmal mehr so richtig bewusst, was mich dazu veranlasste, den unordentlich auf dem Boden um mich herum verteilten Haufen Bücher hinter mir zu lassen. Jedenfalls hörte ich sprichwörtlich Stimmen, als ich im Flur vor dem großen Salon entlang ging.

Irritiert hielt ich inne und tastete reflexartig nach meinem Zauberstab. Ohne ihn würde ich mich nicht in eine potenziell gefährliche Situation begeben – in diesem Haus wusste man leider nie, was einen erwartete. Und bei meinem Glück würde man mich entdecken, sobald ich auch nur einen Schritt hin zu der Tür gemacht hatte, durch die neben der Stimmen ein feiner Spalt Licht fiel.

Da sich das raue Holz in unmittelbarer Reichweite meiner Finger befand und somit genau dort, wo es hingehörte, wagte ich mich mit angehaltenem Atem näher. Es war albern, selbst dieses Geräusch unterdrücken zu wollen, doch gleichzeitig ein Reflex, den ich kaum zu unterdrücken vermochte.

"Aber schau ihn dir genau an, los! Geh näher ran!" Der Satz passte so gut zu meiner gegenwärtigen Lage, dass ich einen kleinen Hüpfer machte, ehe ich mich selbst dafür schalt. Er war eindeutig von meinem Schwiegervater gekommen, in einer Tonlage, wie ich sie lange nicht mehr von ihm gehört hatte. War es ... Aufregung? Aber mit wem sprach er? Eigentlich konnte es nur mein Mann sein, denn er hatte mit ihm jenes unfassbar wichtige Gespräch von vor einigen Tagen fortführen wollen, bei dem ich Merlin sei Dank nicht erwünscht war. Tatsächlich bestätigte sich meine Ahnung: "Draco, wenn wir diejenigen sind, die ihn dem Dunklen Lord übergeben, dann wird alles verzieh-"

"Aber, Mr Malfoy, wir werden doch nicht vergessen, wer ihn tatsächlich gefasst hat, hoffe ich?", kam es drohend von einer weiteren, vage vertraut klingende Stimme, bei der sich mir alle Haare zu Berge stellten. Das Bild eines langen, ungepflegten Fingernagels schob sich in meinen Geist, der sich Belag von den Zähnen kratzte. Greyback.

"Natürlich nicht, natürlich nicht!", erwiderte Lucius Malfoy ungeduldig. Gleichzeitig erklangen Schritte. Ich zückte den Zauberstab, wagte mich noch näher an die Tür heran, bis ich durch den schmalen Spalt spähen konnte. Leider war mein Erfolg mäßig. Unmittelbar neben mir befand sich der massive, marmorne Kamin. Von meiner Position aus konnte ich nur den Rand des Tisches und zwei der riesigen Lehnstühle erkennen.

Doch ehe ich nicht wusste, was im Salon vor sich ging, wollte ich keinen Auftritt hinlegen. Wie viele und, noch wichtiger, wer war anwesend? Der dunkle Lord befand sich gegenwärtig wie so oft außer Hause, ihn konnte ich mit Gewissheit ausschließen. Zumal ich seine Anwesenheit zweifelsohne gespürt hätte. Bellatrix ... Im Keller befand sie sich nicht, denn von dort drang zur Abwechslung lediglich Stille hinauf.

"Was hast du mit ihm gemacht?" Wieder war es mein Schwiegervater, der sprach. "Wie kommt es, dass er in diesem Zustand ist?"

Wer? Vor Ungeduld hätte ich am liebsten mit dem Fuß aufgestampft. Mühsam beherrschte ich mich, legte jedoch die Hand mit dem Zauberstab gegen das kühle Holz der Tür und versuchte, den Spalt minimal zu vergrößern.

Nun konnte ich den teuren Kronleuchter erkennen. Unter ihm, mit den Rücken zu mir, standen die Malfoy-Herren, junior und senior. Selbst von hier aus konnte ich das Unbehagen sehen, das Draco aus jeder Pore strömte. Er hatte die Schultern empor gezogen und die Hände an den Seiten zu Fäusten geballt.

Narzissa stand in der Zimmerecke und hätte nur aufschauen müssen, um mich zu entdecken. Wie die anderen war sie allerdings viel zu fokussiert auf das, was auch immer zwischen ihnen stand, saß oder kniete.

Mein Blick huschte weiter und erfasste den Rest der Truppe. Ihrer Erscheinung nach waren es Greifer. Eine schreckliche Ahnung erfasste mich. Mir wurde flau. Mein Blut schien mit einem Mal dickflüssiger zu werden, langsamer zu zirkulieren, während Eiswasser durch meine Adern rann.

Greyback, dessen Backenbart noch ungepflegter aussah als bei unserer letzten Begegnung, antwortete auf die im Raum stehende Frage. "Das war'n nicht wir."

"Sieht mir eher nach einem Brandzauber aus." Mr. Malfoy bückte sich. Eine Bewegung, die von meinem Standort beinahe wie in Zeitlupe wirkte. Ich hielt den Atem an, flehte innerlich zu Merlin und all den anderen großen Zauberern der Geschichte, dass ich falsch lag.

Als er endlich hockte, entdeckte ich ein weiteres vertrautes Gesicht. Eines, das ich hier ganz sicher nicht erwartet hätte. Es war einer meiner Mitschüler aus Hogwarts. Die Hände gefesselt und auf Knien, genau wie seine drei Mitgefangenen. Das Rätsel um seine Identität geriet fast augenblicklich in Vergessenheit, als ich die Haarfarben der anderen realisierte.

Rot. Braun. Und Schwarz.

"Da ist etwas", flüsterte Mr. Malfoy da, "das könnte die Narbe sein, straff gezogen ... Draco, komm her, schau dir das genau an! Was meinst du?"

Ich hätte diese Erklärung überhaupt nicht mehr gebraucht. Hatte ich doch längst erkannt, wer der mittlere der Gefangenen war, auf den sich mein Schwiegervater wie ein Geier gestürzt hatte.

Wieso zum Teufel war er hier? Wie hatten es diese unfähigen Greifer geschafft, ihn zu fangen? Er wusste doch von dem Tabu, wusste, dass mit der Nennung des Namens des dunklen Lords jegliche Schutzzauber fielen.

"Ich weiß nicht", sagte Draco und obwohl es nur drei Silben waren, hörte ich den Widerwillen, gar die Furcht, in jeder davon mitschwingen. Als er sich von den Gefangenen abwandte und auf den Kamin zu ging, stockten seine Schritte. Er hatte mich gesehen. Offenbar verbarg mich der Schatten der Tür weniger, als ich gehofft hatte. Seine Augen weiteten sich minimal – hätte ich ihn nicht so gut gekannt, wäre es mir nicht aufgefallen.

"Wir sollten sicher sein, Lucius", setzte Narzissa just in diesem Moment mit ihrer kalten, klaren Stimme in den Raum. "Ganz sicher, dass es Potter ist, ehe wir den Dunklen Lord rufen ... Die behaupten, der gehöre ihm", sie drehte etwas in den Fingern, das verdächtig nach einem Zauberstab aussah, "aber er entspricht nicht Ollivanders Beschreibung ... Wenn wir uns irren, wenn wir den Dunklen Lord umsonst hierherrufen ... wisst ihr noch, was er mit Rowle und Dolohow gemacht hat?"

Mr. Malfoy gab ein zustimmendes, grunzendes Geräusch von sich. "Draco, hol deine Frau!"

Mein Herz setzte einen Schlag aus. Es stolperte mitten im Lauf, um mir gleich darauf in die Magengegend zu rutschen.



Unknown Potter III - Fight for the greater GoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt