7 | 50. Kapitel

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Sobald ich den ersten Fuß über die Schwelle setzte, passierten zwei Dinge gleichzeitig. Drei, wenn man es genau nahm: Bellatrix Lestrange höchst triumphierende Stimme drang durch die lediglich angelehnte Tür des Salons. "Und jetzt", sagte sie, "rufen wir den dunklen Lord!"

Mit dieser Ankündigung fackelte sie nicht lange. Ich spürte den Moment, da sie das dunkle Mal an ihrem Unterarm berührte, sofort. Ein Schmerz, wie ich ihn lange nicht vernommen hatte, raste durch meinen Arm. Ich musste nicht hinsehen, um zu wissen, dass sich das schwarze Tattoo deutlich von meiner Haut abhob und sich auf jene unheimliche Art kringelte, wie es Nagini so oft zu tun pflegte.

Mir gelang es nicht, das Keuchen zu unterdrücken, als mir glühende Lava durch die Adern schoss. An meiner Seite ging es Draco nicht besser. Er krallte die Finger in den Ärmel seines Jacketts, umschloss die Stelle, als könnte er die Schmerzen so irgendwie abschwächen. Ein vergeblicher Versuch, wie ich wusste. Der dunkle Lord würde kommen und dann erst, ganz vielleicht, würde sein Zeichen Ruhe geben. Wenigstens ein Stück weit.

Doch noch etwas erweckte meine Aufmerksamkeit. Es war ein Laut, der weder von meinem Ehemann noch mir kam. Nein. Ich hob den Kopf, sah mich um. Schweres Atmen. Ein Geräusch, dessen Quell im Schatten der Eingangstreppe lag.

Die Stirn gerunzelt machte ich einen Schritt darauf zu.

"Was ist?"

"Shh", machte ich und brachte Draco damit umgehend zum Verstummen. Allerdings richtete er sich auf. Drückte die Schultern durch. In eben so großer Habacht-Haltung wie ich stand er da. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er den Zauberstab hob. Ob er wie ich den Atem anhielt?

Wieder war es seine Tante, die uns zuvorkam. "Und ich glaube", sagte Bellatrix' Stimme, "wir können das Schlammblut beseitigen. Greyback, nimm sie, wenn du sie haben willst."

Das lockte die heimlichen Zuschauer aus ihrem Versteck und erklärte, wessen Atemgeräusche ich gehört hatte. Der Schrei, den die erste Gestalt ausstieß, ging mir durch Mark und Bein. "NEIIIIIIIIIIIIN!"

Es war Ron, der an mir vorbei stürmte und die Salontür heftig genug aufstieß, um ihren Angeln ein wehleidiges Quietschen zu entlocken. Er hatte es so eilig, dass er Draco und mich überhaupt nicht wahrnahm. Oder zumindest ignorierte er uns für den Moment. Harry folgte. Er schenkte uns ebenfalls keine Aufmerksamkeit.

Nach einem hastigen Blick zu Draco, nahm auch ich die Beine in die Hand. Ich hätte nachdenken sollen. Hätte nach einer Erklärung für Dracos Zögern suchen sollen. Doch da brüllte Ron einen Entwaffnungszauber und ich stand bereits im Türrahmen.

Gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Harry den durch die Luft fliegenden Zauberstab fing. Keine Frage, zu wem er gehörte. Bellatrix stand mit entrücktem Blick über einer zusammengekrümmten Gestalt am Boden, die inzwischen leere Hand noch immer erhoben.

Meine Schwiegereltern wirbelten herum, Greyback richtete sich aus seiner entspannten Position über meinem Stuhl auf. Der nächste Fluch kam von meinem Bruder: "Stupor!"

Ein roter Lichtblitz und Lucius Malfoy brach neben dem Kamin zusammen. Narzissa und Greyback antworteten nun ebenfalls mit Zaubern. Lichtblitze zuckten zwischen den vieren auf, während ich untätig in der Tür stand. Alles war so schnell gegangen, dass Draco, der im Gegensatz zu mir nicht gerannt war, mich gerade erst erreichte.

Er bekam erst mit, wie Harry sich zu Boden warf und sich hinter eins der beiseite geschobenen Sofas rollte, um auszuweichen. Wie ich erstarrte Draco ob des vor uns liegenden Spektakels. Unser Glück, dass keiner der Akteure unsere Anwesenheit bisher bemerkt hatte.

"AUFHÖREN, ODER SIE STIRBT!"

Bellatrix hockte mit dem Rücken zu uns. Sie stützte eine schlaffe Gestalt, die ich erst bei näherem Hinsehen als Hermine erkannte. Ich hatte nicht gemerkt, wie sie sich aus der Schussbahn geworfen hatte, um die Gryffindor als menschlichen Schutzschild zu nutzen. Eine Hand hielt sie an ihrer Kehle.

"Lasst eure Zauberstäbe fallen", flüsterte sie. "Lasst sie fallen, oder wir werden genau sehen, wie dreckig ihr Blut ist!"

Ron stand stocksteif da, den Zauberstab fest in der Hand. Sein Blick zuckte wild durch den Raum, blieb an Draco und mir hängen. Indessen richtete sich Harry hinter ihm auf.

"Ich sagte, lasst sie fallen!", kreischte Bellatrix. Wie ich sie kannte, schmeckte ihr die fehlende Aufmerksamkeit und Reaktionsfreude der beiden wenig.

Doch was immer die beiden Jungs in ihr sahen, sie taten es. Beide mit verkniffenen Mienen. Dann hoben sie die Hände auf Schulterhöhe. Ich begegnete dem Blick meines Bruders. In ihm las ich pure Resignation.

"Gut!", sagte Bellatrix in einem Tonfall, der vor Boshaftigkeit nur so strotzte. "Draco, Mariah, einer von euch hebt sie auf!", bellte sie und wir beide fuhren zusammen. Also hatte sie uns doch bemerkt. Die Frage war nur, zu welchem Zeitpunkt sie das getan hatte. War sie sich unserer Ankunft und unserer Untätigkeit bewusst? Egal ob sie es war, für den Moment war sie abgelenkt. "Der Dunkle Lord ist unterwegs, Harry Potter! Dein Tod naht heran!"

Ein Schubs gegen die Schulter veranlasste mich dazu, mich in Bewegung zu setzen. Ohne uns abzusprechen, schlug Draco den Weg in die hintere Zimmerecke zu Ron ein, während ich die kürzere Strecke zu Harry wählte. Ich konnte ihm kaum in die Augen schauen, als ich mich nach dem Zauberstab zu seinen Füßen bückte.

"Nun", sagte Bellatrix leise, als wir beide mit den hölzernen Stäben zu ihr zurückkehrten. "Zissy, ich denke, wir sollten diese kleinen Helden wieder fesseln, während Greyback sich um Miss Schlammblut kümmert."

Jetzt war es Eiswasser statt Lava, das mir durch die Adern rann. Ich weigerte mich, den Kopf zu senken, um Rons stechendem Blick auszuweichen. Die Verzweiflung, die ihm ins Gesicht geschrieben stand, zerriss mir das Herz und das, obwohl ich seine Vorurteile und verbalen Ausrutscher mir gegenüber nie vergessen hatte.

"Ich bin sicher, der dunkle Lord wird dir das Mädchen nicht missgönnen, Greyback, nach allem, was du heute Nacht getan hast."

Beim letzten Wort erklang ein seltsam knirschendes Geräusch. Erst konnte ich es nicht zuordnen, doch da alle nach oben blickten, legte auch ich den Kopf in den Nacken. Dabei sah ich gerade noch, wie der kristallene Kronleuchter erzitterte. Die einzelnen Kristalle wackelten, stießen klirrend aneinander. Bevor einer von uns reagieren konnte, begann er mit einem Quietschen herabzustürzen. Das Klirren nahm einen unheilvollen Beiklang an.

Dann stürzte der Lüster herab. Direkt auf Bellatrix, Draco und mich. Erstere warf sich schreiend zur Seite, ließ dafür Hermine los. Meine Wenigkeit stand stocksteif da. Herzschläge, die mir wie eine pure Ewigkeit vorkamen verstrichen.

Einundzwanzig.

Zweiundzwanzig.

Unknown Potter III - Fight for the greater GoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt