7 | 36. Kapitel

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Frisch obliviiert schickte ich die beiden Greifer schnellstmöglich fort und befahl ihnen, sich einen anständigen Job zu suchen. Einen Job, der nichts mit dem Aufgreifen von systemkritischen Leuten zu tun hatte und bestmöglich im Ausland war.

Danach debattierte ich mit mir. Zumindest behauptete ich später vor mir selbst, dass ich mich nicht in dem Moment entschieden hatte, da die beiden hinter dem massiven Eisentor im Nichts verschwanden. Ich redete mir ein, es dauerte noch so lange, bis ich zurück in unserem Schlafzimmer war und meinen Reiseumhang mit der weiten Kapuze in Händen hielt.

Draco, der sich gegenwärtig auf dem Bett ausgestreckt hatte, stützte sich auf beide Ellenbogen hoch und spähte über seine sockenbewährten Zehen zu mir hinüber. "Was ist in dich gefahren?"

"Greifer." Meine Antwort war knapp, da ich schon damit beschäftigt war, mir vernünftige Schuhe anzuziehen. Da ich für die Schnürsenkel zu ungeduldig war, erledigte ich dies mit einem nachlässigen Schwenk meines Zauberstabs. Der Knoten, der in der Folge entstand, würde mich später vermutlich einige Nerven kosten.

Aber ich konnte und wollte mir die Zeit gerade nicht nehmen. Mein Gehirn war auf Autopilot, getrieben und gesteuert durch mein Unterbewusstsein, das mir immer wieder zuflüsterte, die zwei könnten möglicherweise nicht die einzigen Greifer gewesen sein. Wenn mein Bruder nichts von dem Tabu wusste – und davon ging ich aus – schwebte er in unheimlicher Gefahr.

"Mary!" Draco stand inzwischen neben mir, packte mich an den Schultern und hinderte mich so effektiv daran, mir den slytheringrünen Schal um den Hals zu schlingen. "Wo willst du hin?"

"Ich muss zu ihm."

"Zu wem?"

Ungeduldig machte ich mich von ihm los. "Zu du weißt schon wem."

"Zum -" Der Moment, da die Erkenntnis bei ihm einsickerte, brachte ihn zum Verstummen. "Oh. Aber du weißt doch gar nicht, wo er ist?" Es war keine Aussage, eher eine Frage. Genauso gut hätte er ein Oder hinterher schieben können.

"Eben doch." Seine Verwirrung wuchs sichtlich und ich ließ mich dazu verleiten, doch noch einmal inne zu halten. Ich umfasste seine Hände mit den meinen und sah ihn von unten herauf flehend an. "Bitte. Ich erkläre dir alles später – aber jetzt darf ich keine Zeit verlieren."

Unschlüssig presste er die Lippen aufeinander und zog die Brauen zusammen. Es schien mir wie eine Ewigkeit, in der er mich einfach nur anstarrte. Eine verirrte Strähne hing ihm in die Stirn, doch obwohl es mir in den Fingern juckte, sie fortzustreichen, ignorierte ich sie.

Schließlich kam er zu einem Entschluss. "Na gut." Wieder setzte mein Herz einen Schlag aus. Dieses Mal vor Erleichterung. "Aber tu nichts Unüberlegtes."

Noch als ich kaum fünf Minuten später in dem verschneiten Waldstück des Forrest of Dean aufkreuzte, grübelte ich darüber nach, was Draco mit unüberlegt gemeint haben könnte. Meine Kapuze hatte ich tief ins Gesicht gezogen, den Zauberstab hielt ich griffbereit in der Hand. Unter meinen Füßen knirschte der Schnee, während ich mich langsam auf der Stelle drehte und in das kahle Dickicht der Bäume starrte.

Ich war allein. Augenscheinlich wenigstens.

"Homenum Revelio", flüsterte ich und tatsächlich wurde mein Zauberstab warm. Demnach musste außer mir jemand hier sein. Jemand, der offensichtlich nicht unter dem Schutz irgendwelcher Zauber stand, denn diese hätten eine Entdeckung wirkungsvoll verhindert. Das hieß, dass sie tatsächlich das Tabu gebrochen hatten. Denn meinem Bruder hätte ich zwar eine solche Vergesslichkeit zugetraut, keine Banne um sein Lager zu legen, aber nicht Hermine. Sie dachte an alles. Na ja, fast.

Sorgsam darauf bedacht, wo ich meine Schritte hinlenkte, wagte ich mich tiefer in den Wald hinein. Gespannt wie eine Feder zuckte ich bei jedem noch so kleinen Geräusch zusammen und als es über mir im Geäst knackte, hätte ich beinahe einen Herzinfarkt erlitten. Dass es lediglich eine Eule war, auf die ich im Reflex meinen Stab gerichtet hatte, beruhigte mich ein wenig.

Unknown Potter III - Fight for the greater GoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt