7 | 8. Kapitel

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"Der schwarze Lord hat einen Auftrag für dich." Lucius Worte klangen mir in den Ohren, als ich im Schrank nach einem Umhang suchte. Die Hauselfen hatten gestern Abend während der Feierlichkeit meine Sachen umsortiert, um so auch der räumlichen Veränderung nach der Hochzeit Genüge zu tun. Ich hätte mir den Umhang genauso gut mit einem Accio herbeizaubern können, allerdings nutzte ich die kurze Pause, um meine Atmung zu beruhigen. Meine Hände bebten.

Hinter mir fiel die Tür ins Schloss. "Ich will nicht, dass du das machst!"

"Wie gut, dass das nicht deine Entscheidung ist." Ich steckte den Kopf weiter in den Schrank hinein und zog endlich das gesuchte Kleidungsstück aus der hinteren Ecke hervor.

Draco kam näher. "Was ist, wenn ich es dir verbieten würde?" Seine Stimme klang nicht unsicher, dennoch hatte sein Schnarren nicht wie sonst diesen hochherrschaftlichen Zug. "Als dein Ehemann könnte ich das."

Tief durchatmend schluckte ich die aufkeimende Wut hinunter. Mir war klar, dass sein Vorschlag aus Verzweiflung geboren war und er mich damit keinesfalls auf meinen Platz verweisen wollte. Dennoch wartete ich eine Sekunde, bis ich meine Miene wieder unter Kontrolle hatte, ehe ich mich zu ihm umdrehte. "Und dich damit gegen die Anweisungen des dunklen Lords stellen?", fragte ich. "Seinen Zorn riskieren? Du weißt, dass er ihn gegen uns beide richten würde."

Resignierend überbrückte der junge Todesser den Abstand zwischen uns beiden und nahm mir den Stoff aus den Armen, in den ich meine zitternden Finger vergraben hatte. Mit einem Rascheln entfaltete er ihn und legte ihn mir um die Schultern. "Das Ganze gefällt mir nicht", murmelte er und zupfte weiter die Falten zurecht.

Erschöpft ließ ich meinen Kopf gegen seine Brust sinken. "Mir auch nicht", gestand ich leise und zog seinen Geruch ein. Dieser beruhigte mich in diesem Moment mehr als der Zauberstab in meiner Tasche oder der Umhang um meinen Körper es fertigbrachten. "Aber heute Abend bin ich ja wieder da. Und auf meinen Bruder werde ich nicht treffen."

Seine Arme schlossen sich um mich und zogen mich noch ein bisschen näher an ihn heran. Ich spürte, wie er mir einen Kuss auf den Scheitel hauchte, ehe er sein Kinn an gleicher Stelle abstützte. "Aber es gibt so viele andere Menschen, auf die du treffen wirst. Was ist, wenn er dir befiehlt, einen von ihnen zu foltern oder gar zu töten?", flüsterte er so leise, dass ich mich anstrengen musste, um ihn zu verstehen. "Kannst du das?"

Ich dachte darüber nach. Konnte ich das? War es möglich, einen direkten Befehl des dunklen Lords auf diese Weise zu verweigern?

Nein.

Aber konnte ich mit der Schuld leben, einen Zauberer oder eine Hexe zu foltern, die ich seit meiner Kindheit kannte? Bei denen ich teilweise meine Sommerferien verbracht hatte? Ehemalige gute Freunde meiner leiblichen Eltern umbringen und meinem eigenen Spiegelbild noch ins Gesicht sehen?

Die Antwort war ebenfalls nein. Und dennoch würde mir keine andere Wahl bleiben, wenn es hart auf hart käme. So gab ich Draco die einzige Antwort, die ich in diesem Moment für ihn hatte: "Ich weiß es nicht."

Meine Okklumentikschilde waren oben, sobald ich unser Schlafzimmer verließ. Lucius, der unten im Salon auf mich gewartet hatte, trat auf mich zu, sobald ich die unterste Treppenstufe erreicht hatte. Ganz der Gentleman streckte er mir seine Hand entgegen, um mir bei den letzten paar Schritten zu assistieren. "Können wir?"

Ich verkniff mir einen Blick über die Schulter, um mir bei meinem Ehemann moralischen Beistand zu suchen. Er war mir mit wenigen Schritten Abstand gefolgt und ich konnte seine Wärme in meinem Rücken spüren. Da ich meiner Stimme nicht traute, neigte ich den Kopf. Prompt wurde ich in einen Schlauch gezogen.

Eng an Lucius gepresst wurde ich durch die Luft geschleudert und wirbelte um die eigene Achse. Fest kniff ich die Augen zusammen, um das Wirbeln der Farben und Formen nicht zu sehen. Die Geschwindigkeit drückte mir auf den Magen und dumpf fragte ich mich, ob ich das Gefühl nicht inzwischen gewohnt sein sollte. Doch apparieren alleine war für mich definitiv einfacher. Der Schlauch, durch den man ohnehin schon mit aller Gewalt gezogen wurde, fühlte sich in meiner Erinnerung eindeutig weniger eng an.

So stolperte ich auch erst einmal einen halben Schritt von meinem Schwiegervater weg, als ich meine Lungen endlich wieder mit frischem Sauerstoff füllen konnte. Tief atmete ich ein, woraufhin mir der Geruch nach abgebranntem Stoff in die Nase stieg. Wir waren auf einem Feld gelandet.

Vor uns lag ein riesiges Konstrukt aus fünf wackelig aufeinandergetürmten Stockwerken. Ich zählte mindestens vier Schornsteine und war mir außerdem ziemlich sicher, dass ein solches Gebäude ohne Magie niemals zusammenhalten würde. Im Garten daneben stand ein Konstrukt aus Stangen, das wohl ursprünglich mit weißem Stoff bespannt gewesen war.

Doch davon war nicht mehr viel übrig. Kleine Glutnester kündeten von dem zerstörerischen Werk der Todesser und als wir näherkamen, drang vereinzeltes Schluchzen an mein Ohr. Das kleine Gartentor quietschte, als wir es aufschoben. Ein viel zu normaler Laut inmitten all dieser Zerstörung.

Als ich gerade weitergehen wollte, griff eine Hand nach meinem Oberarm. Die Augen wütend zusammengekniffen, wirbelte ich herum und sah Lucius Malfoy mit einer hochgezogenen Braue an. "Was ist?"

Unter seinem Bartschatten wurde er aschfahl, was ein weiterer Beweis dafür war, wie sehr ihm die Zeit in Askaban zugesetzt hatte. Größer und älter als ich, hätte er wahrlich keinen Grund gehabt, mich zu fürchten. Dennoch wäre er kein Spross einer der ältesten Zaubererfamilien seiner Zeit, wenn er jetzt nicht die Zähne aufeinanderbiss.

"Sie beobachten dich alle, Mariah!" Ich folgte seinem Blick hin zu den anderen Anhängern des dunklen Lords, die damit beschäftigt waren, einige der Hochzeitsgäste im Schach zu halten. "Der schwarze Lord mag nicht anwesend sein, was aber nicht heißt, er würde von etwaigen Fehltritten nichts mitbekommen. Diese würde auch mein Sohn mit ausbaden dürfen." Nach kurzem Zögern ergänzte er: "Unsere Familie. Du trägst jetzt den Namen Malfoy. Vergiss das nicht."

Entschieden machte ich mich von ihm los. "Ich weiß, was mein Auftrag ist. Allerdings bezweifle ich, dass mein nobler Bruder irgendeinen dieser Menschen hier in Gefahr bringen würde, indem er ihm mitteilt, wo er sich aufhält."

Ein schrilles Gackern ließ mich herumfahren. Es kam von Bellatrix. Von wem auch sonst? Sie hüpfte zwischen den Gefangenen umher, wobei ihre schwarzen Locken ihr um das Gesicht flogen. Dabei verströmte sie die krankhafte Freude eines kleinen Kindes.

Ich reckte das Kinn. Showtime!

Unknown Potter III - Fight for the greater GoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt