7 | 37. Kapitel

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Unnatürliche Stille legte sich über das Waldstück. Ich packte das dünne Stück Holz in meiner Hand fester, wandte mich um. Dabei war es mir egal, ob mein Bruder und sein Freund mich eventuell sahen. Spielte es denn überhaupt noch eine Rolle?

Sie waren zu dritt.

Die Zauberstäbe gezückt bewegten sie sich durchs Unterholz, Zweige knackten unter ihren Füßen. Sie machten sich keine Gedanken darum, entdeckt zu werden. Entweder weil sie sich ihres Überraschungsmoments sicher glaubten oder aber – und diese Möglichkeit hielt ich für wahrscheinlicher – weil sie schlicht zu grobschlächtig für derlei Feinheiten waren. Greifer waren für ihre Brutalität und Gesetzlosigkeit bekannt, wenngleich diese nicht immer aus ihrer Persönlichkeit, sondern häufig viel eher aus Verzweiflung geboren war.

Ich tat einen Schritt zurück, näher an Harry und Ron heran, die wie erstarrt zwischen ihren Brombeerranken standen. Noch erkannten sie mich nicht. Meine Kapuze erfüllte ihren Zweck.

Zu gut. Denn mein Bruder hob seinen Zauberstab gegen mich, die grünen Augen unserer Mutter misstrauisch zusammengekniffen. In dem Bruchteil der Sekunde, in dem ich mich umwandte und sich unsere Blicke kreuzten, dem Moment, da er realisierte, wen er vor sich hatte, fiel mir auf, wie übernächtigt er aussah. Dicke Schatten kündeten von langen durchwachten Nächten und das Erschrecken, welches sich über seine Züge legte, trieb mir ein unwohles Schaudern den Rücken hinab.

"Mariah?", hauchte er ungläubig. Dabei sank seine Hand mit dem Zauberstab ein wenig hinab. Mariah, nicht Mary. Ein weiterer Beweis für die Kluft, die unüberwindbar zwischen uns zu schweben schien.

Allerdings blieb uns keine Zeit für lange Wiedersehensfreude. Was vielleicht gut so war. Ich hätte nicht gewusst, was ich zu ihm hätte sagen sollen.

"Sieh an, sieh an, wen haben wir denn da?" Der Greifer genoss seinen Auftritt sichtlich, während er mit gehobener Waffe unter einem vom Schnee tief hängenden Ast hindurch tauchte. "Wenn das nicht flüchtige Kinder aus Hogwarts sind. Habt ihr noch nicht gehört, dass euch fehlende Bildung nachhaltig schaden kann?"

Ich scannte sie, nahm ihre Erscheinung und ihre Bewegungen in mich auf. Bei ihnen war es nicht hauptsächlich Verzweiflung, die sie zu ihren Taten trieb. Nicht, wenn ihre Kleidung ein Indiz dafür sein konnte. Sicherlich sahen sie heruntergekommen aus, die Haare wilder und länger, als es die gesittete Mode geboten hätte, doch dies legte ich als Beweis dafür aus, wie viel Zeit sie in den Wäldern verbrachten.

"Hat es euch die Sprache verschlagen?", sprang der zweite Greifer seinem Kumpanen bei und schnipste mit dem Zauberstab eine Schneeverwehung weg, die ihm der Wind ansonsten ins Gesicht getragen hätte. "Beweist es nicht unsere These, dass ihr schnellstmöglich zurück in die Schule solltet?"

Unmittelbar wanderte eine meiner Brauen empor. Ein hastiger Blick hinüber zu meinem Bruder verriet mir, dass er ähnliches dachte. Was für Wichtigtuer.

Der dritte war untersetzter, schmächtiger und erinnerte mich auf grässliche Art an Wurmschwanz. Und wenn er tatsächlich etwas mit ihm gemein hatte, war es ausgerechnet seine Auffassungsgabe. Denn obwohl er dazu angesetzt hatte, seinen Vorrednern beizustimmen, hielt er mitten im Satz inne. "Wenn das nicht der Unerwünschte Nummer eins ist", flüsterte er mit etwas wie Ehrfurcht in der Stimme, und Merlin, selbst diese klang piepsig. In einer anderen Situation hätte ich mir ein Augenrollen wohl nicht verkneifen können. So spannte ich mich an, klammerte die Finger fester um meinen Ebenholzstab, damit er mir bloß nicht aus der Hand rutschen könnte.

Aus dem Augenwinkel sah ich meinen Bruder vortreten, seine eigene Waffe defensiv vor die Brust gehoben. Die paar Sekunden, die die anderen Greifer brauchten, um auf den Gedankengang des Rattenartigen aufzuspringen, nutzte ich für einen finsteren Blick in seine Richtung. Die Mauern, die er brüchig und löcherig um seinen Geist errichtet hatte, riss ich in einem Atemzug nieder.

Unknown Potter III - Fight for the greater GoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt