7 | 55. Kapitel

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Fortan beschloss Draco immer häufiger, mich beziehungsweise uns aus unserer vertrauten Umgebung herauszuholen, in der wir doch immer wieder gezwungen waren, uns gesellschaftlichen Normen zu unterwerfen. Ich vermutete, dass dabei insbesondere auch meine stummen nächtlichen Tränen eine Rolle spielten, die ich tagsüber tapfer zu überspielen wusste. Wenn mir der Abend in Malfoy Manor und die Folter des dunklen Lords eines gelehrt hatten, dann dass ich mich viel zu sehr zum Gut sein hatte verleiten lassen.

Gefühle bedeuten Schwäche und wenn jemand diese erkennt, vermag er sie gegen dich einzusetzen.

Es war dieser Satz, den Severus Snape mir all die Jahre versucht hatte beizubringen und doch hatte ich ihn viel zu rasch über Bord geworfen. Ich schämte mich selbst dafür. Die Verantwortung gegenüber Harry hatte mich blind werden und in einen Hass gegenüber den falschen Menschen verfallen lassen. Denn letztendlich traute ich meinem Ziehvater vielleicht nicht mehr vorbehaltlos – dennoch hatte er Tag für Tag dafür gelebt, mich zu schützen.

Die Osterferien gingen zu Ende und trotz dieser neuen Erkenntnis, hielt ich mich vom Schulleiter fern. Zum ersten Mal seit langer Zeit nahm ich einfach an, was der Tag mir brachte, ohne dabei unnötig Zeit mit Gedanken an die Zukunft zu verschwenden.

Diese Aussichten waren nämlich nicht die rosigsten.

Hogwarts veränderte sich weiter und weiter. Das Regime der Carrows nahm ungeahnte Ausmaße an und allmählich rückte Umbridge dagegen in den Hintergrund. Ich hasste diese Frau, insbesondere weil mich die vernarbten Buchstaben auf meinem Handrücken regelmäßig an sie erinnerten, aber sie war zahm gegen die beiden Todesser.

Das Ausmaß an Zucht und Ordnung, welches sie in der gesamten Schülerschaft einkehren ließen, wäre wohl selbst der pinken Ministeriumshexe zu viel des Guten gewesen. Es war aus Angst geboren. In den Gängen hörte man kein Lachen mehr, kein aus der Reihe tanzen. Zwischen den Unterrichtsstunden eilte man mit gesenkten Köpfen von Raum zu Raum und ich passte mich dem nur zu gerne an. Dabei hätte ich nie gedacht, dass mir die kleineren Sticheleien zwischen den Häusern einmal fehlen könnten.

Als Michael Corner schließlich versuchte einen Erstklässler zu befreien, den sie aus mir unersichtlichen Gründen bestraft und angekettet hatten, und dabei erwischt wurde, gelang es den Carrows, ein Exempel an ihm zu statuieren. Beim Frühstück in der Großen Halle wurde er ziemlich übel gefoltert, ein Schauspiel, bei dem wir alle gezwungen waren zuzusehen.

Die Lehrer saßen mit unbeweglichen Mienen an ihren Plätzen am Lehrertisch, versuchten sich nicht anmerken zu lassen, was sie von dem Ganzen hielten. McGonagall hatte die Lippen zu einer feinen Linie aufeinandergepresst, machte ganz den Eindruck, zornig auf sich und die Welt zu sein. Den meisten ihrer Kollegen ging es augenscheinlich nicht besser. Ich ahnte, wieso.

Es war ein offenes Geheimnis, dass sie zuwider ihrer Anweisung handelten, Missetäter zur Bestrafung an die Carrows weiterzureichen. Strafarbeiten wurden unter der Hand vergeben oder ganz ausgesetzt, denn von offizieller Seite stand auf so gut wie jedes Vergehen Folter. Sicherlich auch ein Grund, wieso ich ganz in der Präsentation der braven Ehefrau aufging.

Meine Gliedmaßen hatten nach Harrys Flucht aus dem Manor noch Tage lang geschmerzt und selbst jetzt spürte ich bei unbedachten Bewegungen immer noch ein Ziehen in bestimmten Muskeln.

Mein Vater tat, als ginge ihn das alles nichts an und hätte ich ihn nicht so lange gekannt, hätte ich ihm diese Rolle wohl abgenommen. Dabei erkannte ich das Unbehagen, mit dem sein Blick zwischen Michael Corner und seinen beiden Folterknechten hin und her zuckte. Wie wir anderen musste jedoch auch er zu dem Schluss kommen, ausnahmsweise einmal hilflos zu sein und nur zusehen zu können.

Als sie begannen, der erste Cruciatus mit einem roten Blitz die Halle erhellte und Corners Schrei folgte, klammerte ich mich an Dracos Hand fest. Seine Schultern unter seinem schwarzen Jackett waren starr, angespannt und er erwiderte den sanften Druck meiner Finger.

Unknown Potter III - Fight for the greater GoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt