7 | 3. Kapitel

1.8K 108 18
                                    

"Trink!" Draco hielt mir nun schon das dritte Glas Wasser unter die Nase, seit ich wieder aufgewacht war. Das Wasser schimmerte frisch und klar und hätte meiner Kehle wohl gutgetan, die vom Schreien ganz rau war. Doch allmählich machte sich meine Blase bemerkbar und ich wollte mir nicht noch mehr Schwäche eingestehen, indem ich den Anwesenden beim Versuch aufzustehen offenbarte, wie wackelig sich meine Beine anfühlten.

Abwehrend hob ich daher die Hand. "Mir geht es gut." Das war eine Lüge. Ich konnte mich nicht einmal vernünftig aufrichten.

Stattdessen lag ich etwas verkrümmt auf einer Couch in einem der kleineren Salons im Westflügel des Malfoy Manors, eine Decke über meinen Beinen ausgebreitet.

Dracos Augen verdunkelten sich und obwohl er todmüde aussah, fürchtete ich, er würde jeden Moment zu einer Standpauke ansetzen. Ich hatte ihm während der Sache mit dem Kabinett eine ganz ähnliche gehalten. Rasch sprach ich weiter: "Ich war zur falschen Zeit am falschen Ort. Aber egal was mit mir passiert ist, auch das dutzendste Glas Wasser wird keinen Sand darüber spülen."

"Nein, du brauchst etwas Stärkeres."

Mein Verlobter und ich mussten wohl ähnlich verdattert aus der Wäsche geschaut haben, denn Severus Snape gestikulierte ungeduldig mit dem Kelch in seiner Hand, sodass die Flüssigkeit darin beinahe überschwappte.

Zögernd griff ich danach. Ein Stechen zuckte mir durch den Körper und fast hätte ich das Gefäß auf der Stelle fallen gelassen. Im letzten Moment krampfte ich meine Finger darum. Der scharfe Geruch von Feuerwhiskey biss mir in die Nase, als ich aus Gewohnheit an dem Glas schnupperte.

"Ich will dich nicht vergiften, Mariah!", fuhr mich mein Ziehvater ungeduldig an.

"Das nicht?" Die Worte kamen mir so leise über die Lippen, dass der Tränkemeister sie eigentlich nicht hätte hören dürfen. Seine zusammengepressten Lippen, die in der Form stark an die von Professor McGonagall erinnerten, und die zusammengezogenen Augenbrauen sprachen allerdings eine andere Sprache. Vermutlich verdankte ich es nur meinem Zustand, dass er mir seine Gedanken ungefiltert mitteilte.

Draco sah zwischen uns beiden hin und her. Die gespannte Stimmung hing zum Schneiden dick in der Luft. "Dir geht es wirklich gut?" Mit einer Spur Besorgnis im Gesicht musterte er mich. Würde ich ihn nicht besser kennen, hätte ich befürchtet, dass er mir in einer prüfenden Geste die Hand auf die Stirn legen würde.

Doch er tat nichts dergleichen. Entgegen meiner Erwartung richtete er sich auf, als ich zur Antwort nickte. "Ich muss noch ..." Sein Blick glitt durch den Raum. Es war offensichtlich, dass er nach einer Ausrede suchte. Seine blassen Wangen hatten eine leise Pinkfärbung angenommen. "Meinen Anzug anprobieren."

Ich verzog unweigerlich das Gesicht. Gerne hätte ich gesagt, dass ich die kommende Hochzeit verdrängt gehabt hätte, aber damit hätte ich mich nur selbst angelogen. Wie ein drohendes Schreckgespenst lag dieses Wissen über uns beiden. "Mach das", murmelte ich und zog meine Füße näher an mich heran, während er sich entfernte. Die Tür glitt hinter ihm mit einem kaum hörbaren Klicken ins Schloss.

Zurück blieb der schwarzhaarige Zauberer, der mich so viel gelehrt und darüber hinaus mit zwei riesigen Lügen hatte leben lassen. Eine Hand auf den Kaminsims gestützt, stand er mit dem Rücken zu mir, die Schultern angespannt. Ob er es bereute, mich vierzehn Jahre meines Lebens angelogen zu haben?

Unruhig fuhr ich mit einer Hand über den weichen Stoff der Decke und wandte den Blick ab.

Vermutlich nicht. Dafür kannte ich ihn inzwischen gut genug, um noch so naiv zu sein. Immerhin hatte er mich auch über das wahre Interesse des dunklen Lords an mir im Unklaren gelassen und mich so, ob wissentlich oder nicht, ins offene Messer laufen lassen.

"Wo warst du wirklich?"

Ich zuckte zusammen. "Was?"

Seine Knöchel wurden weiß. "Du hast mich schon verstanden. In Spinner's End warst du nicht. Also, wo warst du?"

Schmerzerfüllt stöhnte ich auf, als ich meine Sitzposition ein wenig veränderte. Stumpf starrte ich auf die dampfende Flüssigkeit in dem Kristallglas hinab, sah sie aber nicht wirklich. Die pferdegesichtigen Züge der Frau schwebten vor meinem inneren Auge entlang und vermischten sich mit den schlangenhaften des schwarzen Lords, wie er seinen Zauberstab gegen mich hob und ohne die Lippen zu bewegen, einen Folterfluch auf mich losließ. "Ist das wichtig?"

Noch ehe ich das letzte Wort wirklich vollendet hatte, wirbelte der Zaubertrankmeister zu mir herum. Sein Gesicht hatte die gleichgültige Maske abgelegt, als er mich nun zornig anfunkelte. "Ich habe dich als eine Snape aufgezogen. Du solltest es besser wissen, als dich wie eine Potter zu verhalten. Du magst Dumbledore ermordet haben, aber meinst du wirklich, dass der dunkle Lord dir allein deshalb jetzt vollends vertraut?"

Fest umklammerte ich das Glas in meiner Hand und reckte das Kinn empor. "Der schwarze Lord vertraut niemandem. Auch wenn manche zu dumm für diese Erkenntnis sind." Ich dachte an Bellatrix. "Oder zu verblendet. Nenn es, wie du willst. Ich bin das nicht. Heute Abend war ein Fehler, den ich nicht wiederholen werde."

"Das will ich hoffen." Die Faust des Tränkemeisters öffnete und schloss sich, als würde er einen unsichtbaren Stressball kneten. Beinahe wirkte er alt, wie er neben dem knisternden Feuer stand. Die Flammen erhellten sein Gesicht von unten und tauchten es in gruselige Schatten. "Du heiratest in eine der ältesten magischen Familien ein."

"Was hat das jetzt damit zu tun?"

Schwarze Augen trafen auf meine. "Die Regeln und Etiketten hier sind ganz andere. Gerade du als Frau wirst es nicht immer einfach haben."

"Merlin, Vater", fauchte ich, ehe ich die Worte zurückhalten konnte. "Wir leben im 20. Jahrhundert, nicht im Mittelalter."

Ein Schnauben. "Die Vorstellungen des dunklen Lords würdest du demnach der Moderne zuordnen? Ich hätte nicht gedacht, dass du so blind bist. Weißt du, was heute Abend passiert ist?"

Ich biss die Zähne zusammen. Die Narbe auf meiner Wange spannte dabei unangenehm. Auch sie war heute ziemlich strapaziert worden. "Seinem Zorn nach, ist mein Bruder entkommen. Schon klar."

Ungerührt sah Severus Snape auf mich hinab. "Lucius Zauberstab ist zerstört. Er hat das Aufeinandertreffen mit Potter nicht überlebt und so konnte dein Bruder entkommen. Sieben Potters, sechs von ihnen mit Vielsafttrank. Ordensleute haben sie begleitet."

Gegen meinen Willen fragte ich: "Ist jemand verletzt?"

Der Blick meines Ziehvaters war eindeutig. Genau auf diese Einstellung meinerseits hatte er angespielt. Doch ich nahm die Frage nicht zurück. "Soweit ich weiß, ist bis auf einige Schrammen nur einer tot."

Von jetzt auf gleich veränderte sich das zuvor stärkende Gefühl in meinem Bauch, welches ich dem Feuerwhiskey zu verdanken gehabt hatte. Klamm lag mir die Flüssigkeit im Magen. Wenn mein Bruder überlebt hatte, blieben dennoch noch einige andere Menschen übrig. Zugegeben, ich hätte Ron keine Träne hinterher geweint. Dennoch wartete ich schweigend ab, wessen Tod mein Vater verkünden würde.

Ein Seufzen. "Mad-Eye Moody ist vom Besen gestürzt."

Mir wurde kalt. Einer der fähigsten Auroren dieser Zeit war tot? Ich stürzte den Rest meines Getränks hinunter.

Unknown Potter III - Fight for the greater GoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt