- Kapitel 3 -

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Aufgeregt ließen wir uns von Agatha, die im Zwielicht sehr geheimnisvoll aussah, eine Treppe hinaufführen. Die ganze Innenausstattung des Hauses stand seinem Äußeren in nichts nach. Überall hingen prunkvolle Gemälde an den Wänden und auf dem Boden lagen teuer aussehende Teppiche. Außerdem gab es deckenhohe Bücherregale, die mit schon leicht staubig aussehenden Wälzern gefüllt waren. Kurz dachte ich an den Vorfall in der Bibliothek meiner ehemaligen Schule, doch ich schob den Gedanken sofort beiseite. Würde mir hier etwas Ähnliches passieren, hätte ich ein enormes Problem, denn ich bezweifelte, dass meine Versicherung sowas bezahlte. Leider würde es mich kein bisschen wundern, wenn in diesen Bücherregalen ebenfalls Spinnen lauerten.
Die Treppenstufen waren aus dunklem Holz und schienen mehrere Stockwerke in die Höhe zu führen. Wir gingen immer weiter hinauf, während sich das Prasseln des Regens verstärkte.

"Vom Eingang aus rechts liegt der Speisesaal, dort müsst ihr euch heute um Punkt 19:00 Uhr einfinden. Da findet nämlich die Begrüßung und das anschließende Abendessen statt. Hier, im ersten und zweiten Stock, sind die Klassenzimmer. Im dritten Stockwerk leben die Lehrer, das ist für euch tabu. Erwischt man euch dort, wird das unangenehme Konsequenzen geben. Im Westflügel des vierten Stocks leben die Schüler des zweiten Schuljahres, im Ostflügel die des Dritten.", erklärte Agatha, während wir uns die Treppe hinaufarbeiteten.
Ich hatte schon nach dem zweiten Stock keine Lust mehr. Doch ich befürchtete, dass uns die Professorin nicht umsonst bis unters Dach führte. Und ganz richtig, gerade als wir das Ende der Treppe erreicht hatten, bog sie ab und blieb vor einer Zimmertür stehen.

Sie lächelte uns ermutigend an, während ich mir die Hand in die stechende Seite presste und Florence sich auf ihren Koffer gesetzt hatte.
"Das hier, ...", begann Agatha, "... ist ab heute euer Zimmer! Ihr habt übrigens zwei Mitbewohnerinnen."
Mit diesen Worten klopfte sie an und stieß die Tür auf.

Obwohl die unteren Zimmer sicher ein wenig größer waren, reichte es vollkommen. Die Decke war schräg gelegen, was an dem Dach darüber lag, und verlieh dem ganzen Raum etwas Gemütliches. Es standen vier Betten an der Wand, außerdem gab es Arbeitsbereiche und ein riesiges Bücherregal. Der Regen lief die Fensterscheiben hinab, doch es war nicht kalt. Ein befeuerter Kamin heizte den Raum genügend auf. Mit einem schüchternen Lächeln ergriff Florence die Initiative und schleppte ihren Koffer hinein, während ich ihr mit meinem Gepäck folgte.

"Hey! Na, wie geht's euch? Ich bin Florence, aber wenn ihr wollt, könnt ihr mich auch Flo nennen!" begrüßte Florence die beiden Mädchen, die aufgestanden waren, als die Tür geöffnet worden war.
„Ach du scheiße, wir sind ja echt zu viert! Stellt euch drauf ein, dass ich ihm Notfall zu euch in die Dusche komme. Sonst werden wir ja nie fertig!", meinte das Mädchen, das näher an der Tür stand unverblümt und grinste breit. Sie hatte dunkelbraune, schulterlange Haare, einen südlichen Teint und ihre haselnussbraunen Augen glitzerten neugierig, während sie sich daran machte, Florence mit ihrem Koffer zu helfen.
„Samantha, glaubst du echt, dass das nötig ist?", fragte das andere Mädchen unglücklich und ließ sich wieder auf ihr Bett fallen.
„Pff, ja natürlich! Es kippt schon keiner von uns um, wenn er mal Brüste sieht.
Und du sollst mich nicht immer Samantha nennen!", meinte die Erste mürrisch, um sich dann energisch an uns zu wenden:
„Sam reicht vollkommen! Ach ja, und die da...", sie deutete auf das zweite Mädchen, „...heißt Debbie."
Mit einem Lächeln nickte ich ihr zu.
Sie und Sam sahen sich nur in einer Sache ähnlich: beide waren ein wenig kleiner als ich. Sonst sahen sie ziemlich verschieden aus; Debbie hatte nämlich lange, schwarze Locken, grünbraune Augen und blasse Haut.

"Ich bin Charlie!", stellte ich mich vor, um mich dann gespannt umzusehen:
„Welche Betten sind denn eure?"
Ich konnte nicht leugnen, dass ich solches Gesprächs-Anfangsgeplänkel extrem hasste. Ständig mussten sich alle beschnuppern, bis endlich die spannenden Gesprächsthemen kamen. Aber wenn das der Preis dafür war, dass ich mich gut mit meinen Zimmergenossinnen verstand, dann war das in Ordnung.

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