Nur befreundet!

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Schon nach kurzer Zeit stürmte eine völlig aufgelöste Amelia, mit einem etwas zerstreuten Charles im Schlepptau, durch die noch offene Zimmertür. Schluchzend umarmte mich Amelia und ich hatte angst, sie würde mich nicht wieder loslassen. Da ich nicht wusste, was ich sagen sollte, wartete ich erstmal ab. Unter Tränen löste sich Amelia langsam von mir und sah mir tief in die Augen:" Zum Glück geht es dir gut. Ich hab mir solche Sorgen gemacht! Du hast so schwach gewirkt." Bei dem Wort schwach sah ich ihr das erste mal, seit sie hier war, in die Augen. Ich war nicht schwach, niemals! Das konnte ich mir gar nicht erlauben! Ich löste mich aus ihrer Umarmung und sah zu Charles. Er wirkte unsicher und knetete immer weiter seine Hände. Aus Interesse fragte ich:" Geht's dir gut?" Er fixierte mich und leider verfinsterte sich sein Blick:" Ob es mir gut geht? Was glaubst du denn wie es mir geht? Natürlich nicht! Du tauchst einfach so sehr verletzt vor unserer Haustür auf und reagierst auf gar nichts mehr! Du hättest uns doch anrufen können." Er schrie diese Worte direkt in mein Gesicht, durch die plötzliche Lautstärke zuckte ich zusammen. Dies schien er zu bemerken und schulbewusst senkte er seine Lautstärke:" Als du angekommen bist, konntest du kaum noch stehen. Wie bist du überhaupt nach Hause gekommen?" Ich hatte ihnen schon genug verheimlicht, sie hatten ein Recht es zu erfahren, außerdem würde ich bald wahrscheinlich eh nicht mehr bei ihnen wohnen:" Ein Freund hat mir geholfen." Bei dem Wort Freund wurden die beiden hellhörig. Als wäre das irgendwas schlimmes, wechselten sie einen eindeutigen Blick und Amelia fragte einfühlsam:" Denkst du wirklich das ein Freund so eine gute Idee ist? Du bist noch so jung, und kennst ihn bestimmt noch nicht so gut, wie du denkst." Verdutz schaute ich sie an, doch dann wurde mir klar, dass das ganz normales menschliches Missverstehen war. "Ihr wisst schon, dass es normal ist Freunde zu haben. Ist ja nicht so, als wäre ich mit ihm zusammen, nur weil er mir geholfen hat", sagte ich leicht gereizt. Amelia atmete erleichtert aus und auch Charles sah nicht mehr ganz so verpissen aus. "So oder so müssen wir den jungen Mann trotzdem mal kennenlernen. Wir sind ihm was schuldig", lenkte Amelia das Thema. Ich wusste nicht was ich darüber denken sollte. Sie würden Jeffrey sicherlich ausfragen, und was war, wenn er sich verplapperte. Auf der anderen Seite, wäre es sicher gut für ihn mit noch mehr Leuten Kontakt zu haben. Aber ich wollte ihn auch nicht bedrängen oder zu irgendwas zwingen. Am besten war, ich ließ die Entscheidung ihm. "Wo habt ihr euch zwei eigentlich kennengelernt?", riss mich Charles aus meinen Gedanken. Schon fing die Ausfragerei an. Ich musste nicht lange nachdenken, die Antwort stimmte zwar nicht, aber sie klang glaubwürdig:" Wir haben uns getroffen, als ich spazieren war, sein Fahrrad hatte nen Platten und ich hab ihm geholfen." Amelia schmunzelte leicht:" So kenn ich dich, immer bereit anderen zur Hand zu gehen. Es ist schön das du jemanden getroffen hast." Das jemand betonte sie ganz seltsam, und irgendwie wurde mir schlecht. nun mischte sich auch Charles wieder ein. Seltsamer weise schien er ziemlich stolz:" Ist er es, mit dem du dich Nachts immer getroffen hast?" Er lächelte seltsam und mir wurde klar, was sie dachten:" Ja schon. Aber zwischen uns läuft wirklich Nichts. Er hatte nur sonst keine Zeit sich zu treffen." Bei dem Gedanken daran, mit Jeffrey zusammen zu sein, fühlte ich mich gleich noch unwohler. Das hatte nichts mit Jeffrey zusammen zu tun, er war nett, aber irgendwie nicht ganz mein Typ. Aber wirklich darüber nachdenken, was mein Typ war, fühlte sich auch sehr merkwürdig an. Amelia schien mein Blick nicht aufgefallen zu sein, denn sie sprach so unbeschwert weiter, als hätte ich Charles sogar zugestimmt:" Ach Alexandra. Du magst es zwar noch nicht zu verstehen. Aber für Freunde schleicht man sich nicht einfach so Nachts raus, nur um sich zu treffen." Warum verstand sie es nicht. Ich hatte keine Ahnung was unter Freunden normal war, aber wusste, dass Jeffrey jemanden zum Reden gebraucht hatte, deswegen hab dich das getan. Frustriert starrte ich aus dem Fenster. Menschen verstanden einfach nicht was man wollte. Charles Telefon klingelte und er verschwand kurz vor die Tür. Genau als er den Raum verlies drehte Amelia sich zu mir und grinste verschmitzt:" Du musst es zwar nicht zugeben, aber eine Beziehung kannst du nicht so leicht vor mir verstecken. Ich kann verstehen wenn es dir peinlich ist. Mach dir keine Sorgen, ich behalt es für mich." Bei den letzten Worten zwinkerte sie mir zu, und ich kochte über:" Aber ich bin nicht mit ihm zusammen! Was ist falsch daran, dass ich einfach ganz normal mit ihm befreundet bin?!" Amelias Gesichtszüge entgleisten und Falten legten sich über ihre Stirn:" Alexandra du musst wirklich an deinem Temperament arbeiten. Und natürlich ist Nichts daran falsch, mit einem jungen befreundet zu sein. Wie kommst du nur auf solche Ideen?" Gerade wollte ich dazu ansetzen es ihr zu erklären, da kam Charles wieder herein:" Ist alles in Ordnung, ich habe Geschrei gehört." Genervt verdrehte ich die Augen und widmete mich wieder dem interessanten Fenster, während Amelia leicht nickte. "Die Nachbarin würde jetzt Luise vorbeibringen. Sie ist schon ganz aufgeregt, dich wieder zusehen", den letzten Teil richtete er an mich, etwas genervt wurde ich hellhörig. Ich mochte Luise, aber jetzt gerade hatte ich keine Lust ein 5 jähriges Mädchen hier herumspringen zu lassen. Ohne etwas zu sagen nickte ich, stimmte somit der Tatsache zu und wendete mich wieder zum Fenster. Es musste ungefähr Nachmittag sein. Der Himmel war von grauen Wolken bedeckt und die Bäume, an den Rändern der Straßen, wurden vom Wind ordentlich durchgeschüttelt. Ich hörte wie jemand auf hochhackigen Schuhen durch die offene Tür kam und erkannte die Krankenschwester, im Augenwinkel, die sich angeregt mit Amelia und Charles unterhielten. Sie sagte etwas und daraufhin verließen alle drei mein Zimmer. Ich nahm meinen Blick wieder vom Fenster und sah an die ebenfalls weiße Decke. Überall hier drinnen stank es unglaublich nach Chemie und aus Frust versuchte ich die Luft möglichst lange anzuhalten. Wie sollte ich es hier nur noch 2 weitere Tage aushalten. Bestimmt gab es hier nur ekelhaften Krankenhausfraß und aus dem Bett durfte ich ja auch nicht. Es war wirklich nicht die tollste Sache dieser Woche, hier zu landen.

Die Drachin AfrikasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt