keinen klaren Gedanken

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Kiefernnadeln stachen mir in den Körper. Langsam öffnete ich die Augen. Ich brauchte einen Moment, um zu verstehen wo ich war. Ich lag mitten auf dem Weg, mein Kopf in Richtung Feld gerichtet. Es war kalt, und wie es schien, ging die Sonne langsam unter. Ich versuchte mich aufzurichten, doch sackte wieder in mich zusammen, als mein Kopf von einem stechenden Schmerz durchzogen wurde. Vorsichtig betastete ich meinen Hinterkopf. Meine Haare waren völlig zerzaust, überall hing Dreck darin und irgendeine Flüssigkeit schien an meinem Kopf getrocknet zu sein. Wieder stemmte ich die Hände in den Boden, und zischend richtete ich mich auf. Auf den Knien im Dreck hockend blickte ich mich um. Hinter mir lag ein dicker Ast, der an einer Seite mit Blut bespritzt war. Unter Schmerzen versuchte ich mich zu erinnern:" Ist das mein Blut? Ich war auf dem weg nach Hause, weil... Scheiße!" Hektisch versuchte ich mich aufzurappeln, doch nicht nur mein Kopf beschwerte sich, auch mein linker Fuß knickte nach außen, als ich ihn belasten wollte. Ich stand noch, doch mein Kopf dröhnte, alles drehte sich und mein Fuß war eindeutig nicht mehr brauchbar. Wie eine Salzsäule starrte ich auf den Boden. Ich war definitiv zu spät zu dem treffen mit meiner neuen Familie, und dabei hatte ich es Amelia doch versprochen. Wie sollte ich es jetzt noch schaffen? Es wurde schon dunkel, immer kälter und das Loch in meinem Pullover half da auch nicht weiter. Moment ein Loch in meinem Pullover? Sihlas und Samantha hatten definitiv meine Schuppen gesehen! Was sollte ich denn jetzt machen? "Was ist denn mit dir passiert?", hörte ich eine vertraute und besorgte Stimme hinter mir. Ich versuchte mich zu Jeffrey umzudrehen, der scheinbar am Waldrand stand, doch mein Kopf meldete sich wieder zu Wort. "Mach mal halblang. Komm ich helf' dir", rief er aus und im nächstem Moment stützte er mich. Überrascht, dass er hier war, mitten am Tag blieb ich stutzig:" Was machst du eigentlich hier? Müsstest du nicht an deiner Schule sein?" Sihlas sah mich nicht an:" Nicht wirklich. Die Clearwater High ist ja kein Gefängnis, wir dürfen uns schon frei bewegen. Außerdem hat Shadow ziemlich bestürzt, dass irgendwas mit dir nicht stimmt." Ich dachte kurz über seine Worte nach, ging aber nicht weiter darauf ein. Jeffrey, der mich immer noch stützte meldete sich wieder zu Wort:" Also. Wo wohnst du hier? Ich würde sagen, wir bringen dich erstmal nach Hause." Ich nickte zustimmend und mit seiner Hilfe gingen wir los.

(Zeitsprung: Als sie ankommen)

So wie, wenn ich aus dem Wald nach Hause ging, standen Jeffrey und ich an der Hintertür. "Sollten wir nicht lieber vorne rein?", fragte er, doch wartete nicht auf eine Antwort. Er zog mich einfach so um das Haus herum. Ich hörte Stimmen und blieb abrupt stehen. Jeffrey stolperte etwas und sah mich dann verwirrt an, doch ich achtete nicht mehr auf ihn. "Es tut uns wirklich leid, dass sie so lange warten mussten. Sie hatte uns versprochen zeitlich hier aufzutauchen. Wenn sie nicht mehr warten wollen können wir das natürlich verstehen, aber es wäre sicher eine Schande, wenn sie sie nicht einmal treffen, bevor sie bei ihnen wohnt", sprach Amelia gerade beschwichtigend auf jemanden ein. Ein rascheln war zu hören, was mich darauf schließen lies, dass dieser jemand gerade von der Couch aufstand. "Hören sie. Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass sie sich die Zeit nehmen. Ich werde noch einmal kurz Luft schnappen und dann in 5 Minuten nochmal wiederkommen. Ich hoffe ich kann sie noch kennenlernen,, bevor sie bei mir einzieht, ansonsten würde das die Situation noch unnötig kompliziert machen", sprach eine mir unbekannte männliche Stimme. Ich nahm meinen Arm von Jeffreys Schulter, lehnte mich an die Hauswand und rutschte an dieser hinunter. Mein Kopf dröhnte noch stark und ich konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. "Hey Skylar? Erschreck dich nicht, hab mich nur teilverwandelt, damit uns keiner hört", sprach Jeffrey mir gut zu, lehnte sich neben mir an die Wand und zeigte mir stolz sein wölfisches Gebiss. Etwas leiser sprach er weiter:" Ich wusste nicht, dass du dich schon heute mit deiner neuen Familie treffen wolltest. Immerhin hast du dann neue Menschen." Er versuchte eindeutig mich aufzumuntern, doch mir war nicht danach. In diesem Zustand konnte ich unmöglich ins Haus, ich brauchte jetzt erstmal meine Ruhe, auch wenn Jeffrey es gut meinte:" Hey Jeffrey, du solltest besser gehen. Ich brauch nur kurz meine Ruhe. Und um eine Ecke zu laufen schaff ich auch alleine. Wir treffen uns dann irgendwann mal wieder." Jeffrey nickte verständlich, doch dann stockte er kurz. Aus seiner Jackentasche kramte er einen Zettel und einen Stift und kritzelte irgendwas darauf:" Hier ist meine Nummer. Wenn du es noch schaffst, musst du mir unbedingt schreiben, wie deine neuen Menschen sind. Viel Glück noch, und bitte kipp nicht wieder um." Während der letzten Worte sah er mich eindringlich an und wartete auf eine Antwort. Ich nickte entkräftigt, doch hörte auf, als die Welt sich zu drehen begann. Jeffrey drehte sich um, winkte mir über die Schulter zu und joggte dann in den Wald davon, in die Richtung, in der ich diese wundersame Schule vermutete, die ich so gerne wieder besuchen wollte. Etwas in Melancholie schwelgend, hockte ich an der Hauswand unter unserem breiten Wohnzimmerfenster und wartete darauf, wieder aufstehen zu können. Langsam zog ich mich am Fensterbrett hoch, stützte mich mit der eine Hand an der Außenwand und hielt mit der anderen Kopf. Noch einmal um die ecke und schon stand ich vor der Eingangstür. Eine kleine hölzerne Treppe mit passendem Geländer, führte zu der etwas höheren auch hölzernen Tür. Rechts neben der Tür hing ein Klingelschild mit dem Nachnamen meiner noch Pflegefamilie: Newcastle. Das klacken des Schlosses holte mich aus meinen Gedanken und überrascht sah ich den Mann an, der in der Tür stand. Er schlug sich die Hände vor den Mund und schluckte erschrocken, doch das konnte ich ihm nicht verübeln. Ich musste erbärmlich aussehen. Meine Schläfe wurde von einer getrockneten Platzwunde geziert, eines meiner Augen war blau und lila angeschwollen, meine Oberlippe war verkrustet, ich war über und über mit Dreck und Kiefernnadeln bedeckt, meine Haare hingen seltsam zerzaust an meinem Hinterkopf fest und um nicht umzufallen krallte ich mich regelrecht ins Treppengeländer. Der Mann regte sich langsam wieder, während ich noch wie erstarrte da stand, und rief:" Amelia, Charles, ich glaub Alexandra ist wieder da. Aber es geht ihr sicherlich nicht gut. Könnte ihr bitte sofort den Krankenwagen rufen?!" Er klang leicht in Panik, doch im großen und ganzen behielt er einen kühlen Kopf. Normalerweise würde ich dieser Eigenschaft sehr zustimmen, doch ich konnte keinen klaren Gedanken fassen.

Die Drachin AfrikasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt