Ich weiß es

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"Scheiße! Scheiße. Scheiße scheiße Scheiße!",  fluchte ich verzweifelt vor mich hin. Im dunkeln der Nacht verschwamm meine Sicht noch mehr, und ich sackte entkräftigt auf den Laubboden. Ich saß einfach so da, gab auf nichts acht, ließ dir Tränen von meinen Wangen laufen und wiederholte in Gedanken nur dieses Eine Wort. "Es wird alles vorbei sein! Er wird sie alle töten und das nur, weil er mich damals nicht getötet hat! Warum hast du es nicht getan?! Warum hat er mich leben lassen?!" Nach einiger Zeit wurde mein Schluchzen leiser und schlussendlich hörte es auf. Doch nichts konnte mich aus meiner Trance holen. Weggetreten saß ich einfach da. Meine Hose sog sich mit dem nassen Schlamm voll, der unter den Blättern lag, und der Wind wurde kälter. Viel zu kalt. Langsam schaute ich auf zum Himmel und sah, dass sich die Wolken deutlich verdunkelt hatten. Immernoch wie in Trance stand ich auf. Das Laub raschelte leise und ich schwankte etwas, als ich versuchte mein Gewicht auf meinen linken Fuß zu verlagern. Langsam und bedrückt machte ich mich auf den Weg nach Hause. Ich humpelte stark, fühlte mich verletzt und angreifbar, und versuchte nicht noch einmal los zu heulen. Plötzlich donnerte es und ich zuckte zusammen. Doch anscheinend reichte das nicht, den ich rutschte dadurch aus und viel direkt in eine Pfütze. Zusammen mir dem Donner kam ein Platzregen, innerlich fluchte ich deutlich zu hören. Ich drehte mich auf die Seite, stützte meine Hände mitten in den Schlamm und setzte mich auf. "Wirklich erbärmlich!", dachte ich zu mir selbst, während es von oben auf mich herab schüttete und ich mitten in einer schlammigen Pfütze saß. Frustriert seufzte ich auf, richtete mich wieder zum stehen und ging weiter. Während ich lief hinterließ ich eine Schlammspur, da der Regen diesen von mir abwusch. Ich ging den Weg, wie ich ihn immer ging, und kam nun an einer Kuhweide an. So wie jede Nacht kletterte ich vorsichtig über den Stacheldraht und überquerte schleichend die Kuhweide. Auf der anderen Seit kletterte ich, durch eine von mir verursachte Lücke im Zaun, auf einen Feldweg. Diesem folgte ich, immernoch in strömendem Rege, bis ich an Jackson ankam. Direkt vor mir stand das Haus meiner Pflegefamilie. Im Untergeschoss waren die Fenster hell erleuchtet, und anhand der Schatten erkannte ich, dass Amelia mit einem Telefon in der Hand herum rannte und Charles im Wohnzimmer auf dem Sofa saß. Ich zögerte. Sollte ich so wirklich wieder zurück? Mein Auge war immernoch angeschwollen und dunkelblau, meine Lippe war verkrustet, meine Schläfe war dick angeschwollen und ich war durch den Regen komplett durchnässt. Vorsichtig, darauf bedacht keinen Muchs zu machen, ging ich auf die Hintertür zu. Durch diese konnte ich nun endlich Amelias Telefonat verstehen. "Sie müssen sie einfach finden!", schrie sie gerade panisch in den Hörer. Ich griff in die praktische Tasche meines Hoodies, und holte meinen Schlüssel hervor. Nachdem ich die Tür aufgeschlossen hatte, ließ ich sie leise ins Schloss fallen. Dann drehte ich mich zur Treppe. Im Türrahmen zwischen Wohnzimmer und hinterem Flur stand Amelia. Ihr viel geschockt der Hörer aus den Händen, diese schlug sie sich vor den Mund und leise flüsterte sie:" Oh Gott!" Ich wusste nicht wie ich reagieren sollte, weshalb ich einfach weiter auf den Teppich tropfte. Langsam nahm sie die Hände wieder runter und fing an zu weinen. Dann rannte sie auf mich zu und umarmte mich. "Wo warst du nur?! Ich habe mir solche Sorgen gemacht! Mach sowas nie wieder!", und anderes sagte sie einfach gerade heraus, während ich weiterhin versuchte mich aus dieser Umarmung zu lösen. Sie trat einen Schritt zurück und betrachtete mich. Dann sagte sie streng:" Was fällt dir eigentlich ein, Nachts einfach so abzuhauen?! Du bist klatschnass! Du gehst dir jetzt sofort was trockenes anziehen, und dann wirst du das erklären!" Da ich wusste, dass ich keine Wahl hatte, nickte ich nur, drehte mich zur alten Holztreppe und ging hoch in mein Zimmer. Ich schloss die Tür hinter mir und sank an dieser hinunter. Ich konnte die Stimmen meiner "Eltern" diskutieren hören und atmete einmal tief durch. Dann zig ich mich, legte meinen Hoodie, mit den Löchern für meine Flügel, auf die Heizung, und ging dann wieder runter ins Wohnzimmer. Meine Pflegeeltern saßen schon angespannt auf dem Sofa. Ich setzte mich einfach vor sie auf den Boden, und sah sie abwartend an. Charles amtete noch einmal tief durch, um dann streng und röchelnd zu fordern:" Du wirst alles was wir jetzt fragen mit der Wahrheit beantworten, hast du mich verstanden?!" Ich nickte nur zur Bestätigung, schon fing Amelia an:" Was ist mit deinem Gesicht passiert?!" Ich war gut im lügen. Wahrscheinlich sogar so gut, dass ich mich selbst belügen konnte, und das machte ich mir nun zum Vorteil. Ich würde nicht im Traum darauf kommen, wirklich alles von mir Preis zu geben:" Bin in ne Prügelei geraten." Charles musterte mich prüfend, doch Amelia fragte einfach weiter:" Was fällt dir ein, dich Nachts raus zu schleichen?!" "Ich brauchte frische Luft und tagsüber ist es in Jackson zu voll", antwortete ich schnell. Nun meldete sich auch Charles zu Wort:" Wo warst du und mit wem hast du dich getroffen? Nem Drogendealer, nem Prostituierten oder warst du doch nur in einem Club?" Ich überlegte kurz, doch dann viel mir etwas passendes ein:" Ich war nur im Park, bin da ausversehen eingeschlafen, und ich habe mich mit niemandem getroffen." Meine Pflegeeltern schienen immernoch nicht ganz überzeugt, doch es vielen ihnen keine Fragen mehr ein, und das war auch wirklich gut so. Frustriert meldete ich mich nach einem unangenehmen Schweigen wieder:" Ich muss euch noch was sagen!" Hoffnungsvoll sah mich zumindest Amelia an, doch dieser Blick verfinsterte sich sofort, als ich weiter sprach:" Ich weiß von der Sache, dass ihr mich weggeben wollt. Es ist eigentlich sogar ziemlich gut. Ich habe echt keinen Bock mehr auf euch!" Ich versuchte es so selbstbewusst wie möglich klingen zu lassen, doch an manchen Stellen, brach meine Stimme trotzdem kurz. Amelia standen die Tränen in den Augen, doch trotzdem nickte sie nur. Charles hingegen wirkte nun wirklich schlecht gelaunt und knurrte:" Auch wenn du das weißt, ist das kein Grund, einfach wegzulaufen! Du hast Hausarrest! Und rede nicht so mit deiner Mutter!" Ich nickte, stand auf und verließ das Zimmer. Erschöpft ließ ich mich auf mein Bett fallen. Dieser Tag war wirklich unglaublich anstrengend! Mit dem Gedanken "Wie ein Vogel im käfig!" schlief ich schließlich ein.

Die Drachin AfrikasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt