15.

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15. Kapitel

Freitag, 08. Mai

„Wie geht es dir, meine Hübsche?", fragt Oma mich, als wir die Möhren einpflanzen. „Eigentlich ganz gut.", sage ich und knie mich neben sie. „Geht es dir wieder besser? Du hast ganz schön leiden müssen wegen diesem Niklas.", sagt sie jetzt und ich lächle. Kein Schmerz. Ich fühle mich freier, als hätte ich die ganze Zeit einen schweren Rucksack getragen, den ich jetzt weggeschmissen hab. „Ja, ich hatte es nicht einfach. Kadir hat es mir aber die letzten Monate auch nicht leicht gemacht. Seit der Trennung habe ich das Gefühl, dass er mich mehr hasst als zu vor. Was ich ihm aber nicht verübeln kann.", sage ich und Oma nickt verständnisvoll. „Ich habe das Trio damit zerteilt.", füge ich leiser hinzu und Oma seufzt. „Das ist nicht deine Schuld, Maia. Niklas hat viel mehr Schuld zu tragen als du. Immerhin, hat er diesen verletzenden Schritt getan.", sagt sie weise und ich merke, dass sie Recht hat. Ich war immer zu nett und zu naiv, um mir einzugestehen, dass Niklas der ist, der sich entschieden hat, diesen Schritt zu machen und damit alles aufs Spiel gesetzt hat. Er hat nicht nur damit unsere Beziehung zerstört, sondern auch seine Freundschaft zu Lukas. Denn was er getan hat war nicht richtig und Lukas nimmt es ihm ziemlich übel, dass er mich verletzt hat. Die zwei streiten sich nur noch, wenn sie die Gelegenheit haben, sich zu sehen.
„Aber Kadir hat heute keinen bissigen Kommentar gegeben, wie sonst, als du dich mit der Soße vom Eis bekleckert hast.", bemerkt Oma, als es still zwischen uns wird. Stimmt. Dafür lag sein Blick ruhig auf mir, während des ganzen Essens. Es hat mich nervös gemacht und ich habe mich mit der Vanillesoße bekleckert, er hat nur gegrinst. Er hat nicht mal ein verachtendes Schnauben über seine Lippen rutschen lassen. Es hat mich genauso verunsichert, wie als er nicht sauer war, als ich ihn sein Gesicht bemalt habe. Dass er plötzlich freundlich zu mir ist, verunsichert mich. Ich habe die ganze Zeit Angst, er platzt gleich mit dem bösesten Kommentar raus. Aber es kommt nicht. Es ist wie eine Bombe, die jeden Moment hochgehen könnte, aber sie bleibt stumm.
„Ja, er hat sich verändert. Er ist ruhiger und nicht mehr so streitsüchtig in meiner Gegenwart.", sage ich und stehe zeitgleich mit meiner Oma auf. Sie reicht mir ihre Hacke und deutet auf einen der Schuppen. „Das ist doch gut, oder nicht?", fragt sie und ich nicke. „Ja, aber es verunsichert mich manchmal noch mehr, als seine bösen Kommentare.", gebe ich zu, bevor ich mich auf den Weg zum Schuppen mache. Als ich zurückkomme legt Oma mir einen Arm um die Taille und wir laufen zum Haus zurück. Luzie und Papa sind ihre Kindesfreunde besuchen und kommen erst zum Abendessen wieder.

„Mhm, was gibt's heute?", fragt Lukas, als er sich an den dunklen Holztisch setzt und den Topf in meinen Händen mustert. „Es wäre schön, wenn du mithelfen könntest.", keuche ich, da der Topf echt schwer ist. Kadir kommt sofort auf mich zu gelaufen und nimmt mir den Topf ab. „Danke.", murmle ich immer noch verunsichert von seiner plötzlichen Wandlung und wische mir über die Stirn. Lukas seufzt und gibt grummelnde Geräusche von sich, während er aufsteht. Dann geht er auf den Schrank mit dem Geschirr zu und nimmt Teller raus. „Gibt's noch was, was ich tragen kann?", fragt Kadir und schaut mir dabei tief in die Augen. Plötzlich fühlt sich meine Kehle staubtrocken an, dass ich mich räuspern muss, um überhaupt einen Ton aus mir herauszubekommen. „Ja, die Nudeln.", gebe ich mit kratziger Stimme zurück, was Kadir zum schmunzeln bringt. Was ist los mit mir? Ich hab doch sonst nie so eine Reaktion auf ihn. Kadir verschwindet in Richtung Küche und ich helfe Lukas das Geschirr zu verteilen. Draußen dämmert es schon, deswegen mach ich das Licht an, damit wir nachher nicht im Dunkeln sitzen müssen. Kadir kommt mit Opa und dem Topf Nudeln zurück ins Esszimmer und beide setzen sich hin. Ich schicke Lukas nochmal in die Küche, um die Karaffe mit Limonade zu holen, währenddessen verteile ich mit Kadir die Gläser. Als alles fertig ist setze ich mich wieder gegenüber von Lukas und Kadir setzt sich neben Lukas Platz. Dann kommen auch Papa und Luzie wieder und setzen sich neben mich.

Nach dem Essen gehen wir runter ins Wohnzimmer und spielen Activity. Wir haben nach Altersgruppen eingeteilt, dadurch bin ich mit Kadir und Lukas in einer Gruppe. Gerade fuchtelt Lukas wild mit seinen Armen rum und ich lege den Kopf schräg und beiße mir auf die Lippe, um nicht zu lachen, weil es so albern aussieht. „Platzangst!", schießt es plötzlich aus Kadir raus und ich schaue ihn erschrocken an. Lukas wirft die Arme in die Luft und gibt Kadir einen Kuss auf die Haare, der ihn nur grummelnd wegstößt. Ich kichere und zeige auf den Stapel. „Los, sonst ist die Zeit um!", dränge ich und Lukas greift nach der nächsten Karte, doch bevor er anfangen kann ruft Oma triumphierend: „Stopp!". Lukas nimmt die drei Karten und zählt zusammen, wie viele Felder wir vorgehen dürfen. 13 Felder und wir sind damit an der Spitze. Ich klatsche mit Lukas ab, der sich wieder zu uns auf die Kissen auf dem Boden setzt. Wir beobachten Luzie, die verzweifelt versucht Papa was zu erklären, der aber so gestresst ist, dass er wild rum rät. Die zwei liegen ganz weit hinten. Als Kadir sich nach hinten lehnt, berühren sich unsere Schultern. Ich schaue verunsichert zu ihm, er beachtet es gar nicht und schaut mit einem Grinsen auf den Lippen Luzie und Papa beim Scheitern zu. Doch plötzlich dreht er seinen Kopf zu mir und das Grinsen auf seinen Lippen wird breiter. Mit brennenden Wangen drehe ich mein Gesicht von ihm weg und starre auf meinen Schoß. Warum erwischt er mich immer bei starren? Warum starre ich ihn überhaupt an?

Nach dem Spiel, was wir gewonnen haben, gehe ich duschen und husche dann schnell in mein Bett, wo ich dann mein Buch raushole und noch drei Kapitel lese. Da die Wände hier nicht so dick sind, höre ich noch, wie Kadir und Lukas zocken.

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