14.

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14. Kapitel

Freitag, 08. Mai

Ein lautes Hupen verschreckt mich aus meinen Gedanken. Das Auto von Papa hält zwei Meter von mir und ich gehe lächelnd auf das Auto zu. Drei Stunden Autofahrt in dem geräumigsten Auto, ist das tollste was ich mir gerade erträumen kann. Lukas grinst mich vom Rücksitz an und konzentriert sich dann aber wieder auf die Musik, die er über seine Kopfhörer hört. „Wir müssen noch auf Kadir warten.", sagt Papa, als ich ihn frage, warum wir nicht losfahren. Echt jetzt? Der war gerade mit irgendeinem Streit beschäftigt, als ich aus dem Klassenraum raus bin. „Wann haben wir beschlossen, dass er mit darf?", frage ich unruhig. Drei Stunden neben Kadir, darauf hatte ich jetzt echt keine Lust. Vor allem weil er seit Mittwoch immer irgendwelche verstörenden Kommentare zu meinem Körper gemacht hat. Der Kerl hatte lange nicht mehr ein Mädchen bei sich gehabt. „Maia! Er hat gefragt und da er eh allein zuhause gewesen wäre, fand ich das eine gute Idee, dass er mitfährt.", sagt Luzie streng. „Aber ich dachte, das hier wäre ein Familienurlaub.", protestiere ich. „Kadir wäre aber sonst allein hier und er gehört doch auch praktisch zur Familie. Sein Vater ist auf Geschäftsreise und Laura wollte auch mal Urlaub machen.", mischt Papa sich ein. Ich seufze und verschränke meine Arme vor der Brust. Ich weiß, es ist gemein, dass ich Kadir so ausschließen will, aber er macht es mir nicht einfach ihn zu mögen. „Wir wissen, dass eure Beziehung zueinander nicht gerade toll ist, aber vielleicht gibst du dir mehr Mühe und bei Oma und Opa auf dem Land müsst ihr ja auch nicht die ganze Zeit aufeinander hocken. Wenn es dir zu viel wird kannst du ja spazieren gehen und Sara besuchen.", sagt Papa jetzt sanfter, bevor die Tür aufgeht und Kadir einsteigt. Toll, eingesperrt zwischen zwei Jungs, mein Traum. Ich seufze und fahre mir durch die Haare. Dann schlucke ich die Wut hinunter und verstöpsle mich und höre das Hörspiel weiter.

Die Häuser um uns herum werden immer weniger und werden durch Felder ersetzt. Mein Kopf lehnt an Lukas Schulter und sein Kopf lehnt an meinen, da er eingeschlafen ist. Mein Hörspiel ist fast zu ende, die Hauptcharaktere finden sich gerade und verzeihen sich. Ich atme tief durch beobachte die Bäume, die wie Striche aussehen, da wir so schnell an ihnen vorbeiziehen.

Ich strecke mich und berühre damit ausversehen Kadir, als ich aussteige. Ich bin tatsächlich eingeschlafen. Ich gähne und hole meine Tasche aus dem Kofferraum. Luzie geht als erstes durch den verwilderten Garten und bleibt vor dem grauen Backsteinhaus stehen. Die Wiese ist nass, da es auf der Fahrt hierher geregnet hat. Die Vögel zwitschern fröhlich und der Geruch von nasser Erde und frisch gemähten Gras steigt mir in die Nase. Auch der Geruch von Tieren vermischt sich darunter und bereitet mir gute Laune. Ich laufe mit den Jungs im Schlepptau Luzie hinterher und stelle mich neben sie vor die dunkelbraune Tür. Über uns ist eine Terrasse, auf der wir meistens essen. Luzie lächelt mich an und klingelt. Ein lautes Bellen ertönt von drinnen und Luzie schaut zu ihrem kleinen Bruder, der zuckt nur mit den Schultern und als ich mich wieder umdrehe wird die Tür geöffnet. Wir werden stürmisch von einer grauen Dogge gegrüßt und eine schlanke Frau lächelt uns an. Ihre zierliche Figur wird von einer weiten, weißen Bluse mit Zitronen versteckt. Ihre langen Beine stecken in einer weiten Hose und an ihren Armen klimpern ihre typischen Armreifen. Sie schließt Luzie herzlich in die Arme und meckert dann erstmal Papa an, warum wir so lange nicht mehr bei ihr waren. Ich grinse und werde in Omas Arme gezogen. „Man bist du gewachsen.", stellt sie fest und mustert mich eingehend. „Blass bist du.", sagt sie und schaut meinen Papa wieder streng an. „Das Mädchen braucht mehr frische Luft.", sagt sie dann wieder grimmig und Papa grinst verlegen. Papa war schon immer ihr Sündenbock, trotzdem lieben beide sich so sehr. Als nächstes ist Lukas dran und bei ihm ist nichts auszusetzen und dann schließt sie Kadir in die Arme, als wäre er ihr Enkel. „So schmucke Jungs habt ihr mir da mitgebracht. Die können Daniel morgen mit bei den Tieren helfen.", sagt sie und umarmt schließlich Papa. „Mama, lass uns doch erstmal ankommen.", sagt er streng, aber liebevoll. Sie nickt und bringt uns ins Haus. Drinnen riecht es nach gekochtem Gemüse und Oma bringt uns nach oben in Esszimmer. „Stellt die Taschen erstmal im Flur ab.", weist sie uns an und macht eine einladende Geste ins Esszimmer. Ich nehme neben Papa und Luzie Platz. Die Jungs nehmen gegenüber von uns Platz und Oma stellt die Gemüsepfanne auf den Tisch, dann verschwindet sie kurz und kommt mit einem Topf Kartoffeln und Opa zurück. Opa lächelt uns an, deutet dann aber auf seine Hände, dass er erstmal Händewaschen muss und verschwindet dann wieder. „Seit wann habt ihr einen Hund?", fragt Luzie und Oma setzt sich an das schmale Ende des Tisches. „Seit Januar. Wir haben sie von dem Nachbardorf drüben. Sie war die letzte, die noch da war. Eigentlich wollten sie Stella behalten, aber sie war der Familie zu wild, weil die zwei gerade erst ein Kind bekommen haben.", erzählt Opa und begrüßt uns alle nacheinander.

Nach dem Essen gehe ich in mein Zimmer, welches mal Luzie gehört hat. Die Jungs sind gleich gegenüber von mir und belegen Papas Kinderzimmer. Luzie und Papa haben die Dachwohnung bekommen, die aus zwei Gastzimmern und einem Bad besteht. Ich schmeiße mich auf mein Bett und krame aus meiner Tasche mein Buch hervor. Jetzt ist Mittagsruhe. Auch wenn es schon halb vier ist. Oma und Opa haben heute ihre Mittagszeit extra für uns nach hinten verschoben.

Nach der Mittagsruhe bin ich raus in den Garten gegangen und helfe jetzt Oma im Beet. Die Jungs sind raus aufs Feld gefahren um mit Lukas Freunden was zu machen. Sara, eine ziemlich gute Freundin, die ich vor zehn Jahren auf einem Dorffest kennengelernt hatte, muss heute noch was für die Schule machen, deswegen haben wir uns für morgen auf ihrem Hof verabredet. Saras Familie besitzt einen Reiterhof und dort habe ich auch teilweise reiten gelernt. Ich bin zwar kein Profi, was reiten angeht, aber ich bin so gut, dass ich keine Hilfe mehr brauche.

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